Aurora riss die Augen auf, das Blenden verschwand. Die Hitze blieb allerdings bestehen, um sie herum brannte alles. Man konnte auf dem sandigen Boden noch erkennen, dass hölzerne Pfeiler das einstige Lager markierten. Die Zelte und Hütten brannten lichterloh, vereinzelt waren noch verzweifelte Schreie zu hören.
"Was sollen wir tun?", presste Aurora hervor, schwer atmend durch den Rauch, und schaute verzweifelt zu Eritos, der schon zu husten begann "wir müssen diesen Menschen helfen!" Eritos riss seine Augen auf und deutete ihr zu laufen. Aurora reagierte nicht schnell genug, sie spürte nur einen schweren Schlag auf ihre komplette rechte Seite und wurde in die Luft geschleudert. Als sie am Boden aufschlug spürte sie ein starkes Brennen auf ihrem rechten Oberschenkel, auch ihr Oberarm fühlte sich nicht besser an. Einen Moment lang kämpfte sie mit dem Schwindel und der Übelkeit, die ihr beinah das Bewusstsein geraubt hätten. Eritos war zu ihr geeilt und half ihr auf. Als sie mit dem rechten Fuß aufstieg schien der Schmerz zu explodieren. Aurora wollte stehen bleiben und kurz verschnaufen, aber Eritos deutete auf die Gefahr hinter ihr.
Die brennenden Erdklumpen, geformt wie Menschen aber sicher drei mal so groß wie Aurora selbst ließen ihren Atem stocken. Sie suchte in ihrem Kopf nach Antworten auf die Frage, welche Art Monster das waren. "Das sind Golems", beantwortete Eritos ihren fragenden Blick "da vorne, wir müssen Schutz im Unterholz suchen!" Er deutete Richtung Norden, nicht weit der brennenden Befestigung schien eine Art vertrockneter Wald zu beginnen. Aurora biss die Zähne zusammen und rannte los. Eritos packte ihre Hand und zwang sie so das Tempo weiter zu steigern. Bis zu den ausgelaugt wirkenden Bäumen war es kein Problem, aber schon nach einem kurzen Zickzacklauf um die vielen Pflanzen, die sich um die alten Stämme schlangen und ihnen auch noch den letzten Lebenssaft raubten, wurde der Schmerz in Auroras Bein unerträglich. Sie lies Eritos Hand los und fiel immer weiter zurück, ihr Kopf dröhnte, sie hatte das Gefühl die Kontrolle über ihren Körper zu verlieren. Aurora lies sich auf den sandigen mit eigenartigen Schlingpflanzen überwachsenen Boden fallen. Sie rollte sich zusammen, aber es half ihr nicht wirklich, das starke Brennen in ihrem Bein lies nicht nach. Sie kauerte noch einen Moment auf dem Boden, nicht sicher ob sie das Bewusstsein behalten würde, ihr Kopf dröhnte weiter. Sie spürte wie Eritos sie an den Schultern packte und hoch riss: "Lauf!" Seine Schreie klangen so weit entfernt, Aurora versuchte sich an seiner Stimme zu orientieren und setzte sich in Bewegung. Die beiden rannten, entzogen ihren Körpern das letzte bisschen Kraft, welches sie noch aufbringen konnten und erreichten schließlich das von Pflanzen überwachsene Tor eines dunklen Schlosses. "Wir sind da", entfuhr es Eritos "das muss die Festung des Hasses sein!" Er klammerte sich an die Stäbe des Tors und schrie um Hilfe, Aurora glaubte noch etwas anderes zu hören, ein Flüstern, zuerst leise wie ein Windhauch in den toten Bäumen, dann klar und deutlich. "Eis schlägt Feuer, Eis schlägt Feuer..." Die Schweißperlen tropften ihr von der Stirn, der Boden um sie schien zu wanken, sie konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. "Ein Geschenk kein Fluch, Eis schlägt Feuer..." Da war es wieder, dieses Flüstern einer nicht zu definierenden Stimme unbekannter Herkunft. "Duck dich", presste sie leise hervor, konnte kaum noch sprechen, der Schmerz in ihrem Bein meldete sich stärker als je zuvor zurück und lies ihr fast schwarz vor Augen werden. "Was?", Eritos unterbrach seine Hilferufe, duckte sich aber automatisch als der erste Golem durch die Bäume brach und diese dabei fast vollständig in Brand setzte. "Eis schlägt Feuer...", flüsterte sie und schloss die Augen. Es knackte, Aurora war sich nicht sicher ob sie die Augen nicht öffnen konnte oder nicht öffnen wollte. Sie spürte Eritos Hand auf ihrer Schulter, also konnte es nicht so schlimm sein. Immerhin waren sie noch am Leben. Sie wagte einen Blick und sah, dass vor ihr eine Schneise aus Eis entstanden war, die alles unter einer dicken Schicht gefrorenes Wassers begraben hatte, sogar den Golem. Er sah nun ohne die Flammen weit weniger bedrohlich aus, ein Klumpen aus verseuchter Erde in Form eines zu groß geratenen Menschen, nicht mehr fähig sich zu bewegen oder gar Unheil anzurichten.
"Ich hab es geschafft", entfuhr es ihr, sie drehte sich um zu Eritos "ich hab es tatsächlich geschafft!" Eritos lachte erleichtert: "Du hast dein Training nicht vergessen und im Richtigen Moment gehandelt! Ich bin so stolz auf dich!"
Nun näherte sich auch von der anderen Seite des Tors jemand, eine gehörnte Gestalt, groß und schlank. Aurora hatte viel Zeit während dem Training für diese Mission damit verbracht sich Dämonen vor zu stellen und dabei an die hässlichsten Fratzen gedacht, aber mit so einem anmutigen schönen Gesicht hatte sie nicht gerechnet. "Willkommen Besucher", die süße Stimme der Dämonin klang warm und verführerisch "willkommen in der Festung des Hasses!" Das Tor schwang wie von Geisterhand auf, manche der Ranken die sich in den letzten Jahren ihren weg darüber gebahnt hatten rissen lautstark auseinander. Eritos war eben so verwundert wie Aurora über den Anblick der sich ihm bot, wären die schwarzen Hörner, die ihn an einen Widder erinnerten, und die viel zu lilastichige Hautfarbe nicht gewesen hätte man sie für eine Elfe halten können. Ihr schwarzes Haar viel glatt und seidig über ihre Schulter, ihre Figur ergab eine nahezu perfekte Sanduhr, die mit einem schwarzen Korsett noch mehr zur Geltung gebracht wurde, auch die enge Hose aus dunklem Leder zeigte die marklose Schönheit der Form ihres Körpers. Ihre mandelförmigen Augen glänzten in einem tiefen Gelb und die Pupillen erinnerten an die einer Schlange. "Wenn ihr dann fertig damit seit euch an meinem Anblick zu ergötzen dürft ihr mir folgen, abgesandte der vereinten Völker!", spottete die Dämonin und drehte ihnen den Rücken zu. Eritos und Aurora folgten ihr durch das Tor über den schmalen Pfad in den den überwucherten Garten.
Die Festung selbst erinnerte die beiden eher an ein Schloss der Hochelfen, es war düsterer, aber ebenso mit Schnörkeln und Stuck überseht. An den Wänden hingen Gemälde die Chaos und Verderben abbildeten, dunkle Kerzenständer spendeten ein dämmriges Licht. Aurora lies ihren Blick über die Aufmachung dieses Schlosses fallen, nicht sicher ob man diesen "bleibt fern" Stil mit Absicht zelebrierte. Sie und Eritos wurden von der Dämonin in eine große Halle geführt in deren Mitte eine Tafel aus schwarzem Stein stand.
"Mein Herr erwartet euch", die Dämonin verneigte sich vor den beiden und zog sich daraufhin zurück.
Nun standen sie dem Dämonen gegenüber mit dem es zu verhandeln galt, die Mission schien doch noch halbwegs Planmäßig zu verlaufen. Aurora musterte ihn genau, sie hätte ihn für größer und furchteinflössender gehalten. Die Haut von Adrian schien einfach grau zu sein, als wäre jegliche Farbe daraus gewichen, trotzdem war sie erstaunt über seine Schönheit, die auch das nicht verbergen konnte. Seine Augen waren strahlend blau, erinnerten sie an die wenigen seltenen Vergissmeinnicht die in Weststurz ab und an blühten. Sein Haar war dunkelbraun und erinnerte sie an das von Eritos. Sein Gesicht schien in Form und Beschaffenheit perfekt, schöner als das von so manchem Hochelfen. Der kurze Bart rundete das Bild und den Kontrast du der hellen grauen Haut ab, man hätte sich an den Anblick gewöhnen können, wären das nicht die spitzen Hörner, die rund nach oben gebogen auf seinem Kopf thronten. Er war schlicht gekleidet, ein schwarzes Leinenhemd und eine dunkle Hose aus feindem Leder, Stiefel, kein Schmuck und, zur allgemeinen Erleichterung, keine Waffe.
"Das sollen also zwei der besten Krieger der Elfen sein", langsam schritt Adrian auf seine Besucher zu und musterte ihre Gesichter "scheitern fast an einem einfachen Test!" Adriana begann zu begreifen, die Golems hatten sie nicht aus heiterem Himmel angegriffen und die Befestigung des Königs zerstört. Golems wurden erschaffen, und ihr Gastgeber hatte sie geschickt um zu überprüfen ob die würdige Krieger wären. "Du bildest dir vielleicht etwas auf dein Dasein sein", sie machte einen ausfallenden Schritt auf den Dämon zu, bemerkte das er kaum größer war als Eritos oder sie selbst. Adrian musterte sie als wäre sie ein lästiges Insekt "Wir kommen hier her, ohne Waffen, weil wir verhandeln wollen und du löscht einen Stützpunkt der Menschen aus und bringst uns fast um?", Aurora klatschte langsam und spöttisch in die Hände. Eritos zog sie zurück und deutete ihr ruhig zu sein, er trat nun vor und sprach leise mit Adrian. Aurora merkte wie sie schwankte, das Adrenalin, welches sie auf den Beinen gehalten hatte, schien zu verfliegen. Der Schmerz an ihrem rechten Oberschenkel kehrte pochend und brennend zurück. Sie versuchte sich nichts anmerken zu lassen, merkte aber wie sie kalt zu schwitzen begann. Aurora versuchte zu verstehen was da vor ihr geredet wurde, da trafen sich ihr und Adrians Blick. Dieser schob Eritos bei Seite und stellte sich vor sie. Aurora schwankte wieder leicht, sie fühlte sich so schwindlig, hatte das Gefühl ihr Bein würde einfach anfangen zu versagen. Sie spürte wie eine Hand ihr Kinn nach oben hob, aber ihre Sicht war schon verschwommen, sie presste die Augen zusammen und versuchte weiter ihren Schmerz zu unterdrücken. "Habt ihr euch verletzt?", weit weg schien jemand ihr Fragen zu stellen, allerdings konnte sie nicht mehr antworten, alles um sie herum schien zu pochen und zu verschwimmen.
Blätter der Wälder um Mondfall wirbelten um sie herum, sie lag sanft gebetet auf der saftig grünen Wiese. Der Schmerz schien auf einmal so weit weg zu sein. Direkt vor ihr lag ein Elf, seine blauen Augen waren auf sie gerichtet. Dunkelbraunes Haar viel ihm ins Gesicht, die Gesichtszüge, Nase Kinn, Aurora kannte ihn...
Ein stechender Schmerz riss sie aus ihrem Traum, zurück in die Realität, in die kalten Hallen der Festung des Hasses.
Aurora spürte zwar ein wirklich ausgesprochen angenehmes Bett unter sich, aber auch höllische Schmerzen an ihrem rechten Oberschenkel. Verwirrt über den Traum setzte sie sich auf und musste einen Moment abwarten bis ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten. "Na du Abenteurerin?", hörte sie Eritos vertraute Stimme neben sich. Er hatte es sich auf dem steinernen Fensterbrett gemütlich gemacht und schien ziemlich zufrieden zu sein. "Ich habe Adrian gesehen", Aurora war überrascht wie dünn ihre Stimme klang. Sie hatte sich wohl schwerer verletzt als sie gedacht hatte. "Wirklich?", fragte Eritos sarkastisch "du wirst es nicht glauben, ich auch!" Aurora hoffte, dass er ihr Augenverdrehen auch im dunklen wahrnehmen konnte und stöhnte genervt: "Im Traum, ich glaube eher es war eine Art Vision von ihm, wie er früher aussah!" Eritos lachte schallend und schien sie nach wie vor nicht ernst nehmen zu wollen: "Du lässt dir das halbe Bein abbrennen und den Oberarm brechen. Aber den schlimmsten Schaden hat der Kopf erlitten! Dämonen sind nicht früher oder jetzt, sie sind immer gleich, altern nicht!" Aurora beschloss nun nicht mehr weiter darüber zu sprechen, aber ihre Neugierde war geweckt, sie würde dem was sie gesehen hatte auf den Grund gehen.