Dinge vor sich herschieben, hatte Hermine Ron jahrelang gründlich abgewöhnt, also ging er direkt hinunter in Snapes Labor. Der Tränkemeister arbeitete mit Draco an einer Abwandlung des Liebestrankes. Sie waren fast fertig, als Ron eintrat. Pettigrew quietschte in seinem Käfig, wovon niemand weiter Notiz nahm. „Du bist sicher, dass das nötig ist, Draco? Eine achtfache Konzentration?“, fragte Severus gerade. Der Malfoyerbe grinste undurchschaubar: „Aber ja. Es soll schon spürbar sein. Immerhin hat er sonst nur Augen für Lady Granger.“ Er wandte sich sardonisch grinsend an Ron: „Wir können gleich loslegen.“ Einen Moment spielte Ron mit dem Gedanken, Malfoy gründlich zu verprügeln.
„Mylord Weasley, wenn Sie soweit sind, können Sie den Trank einnehmen. Die Wirkung ist etwas verändert, Sie werden ausschließlich auf seine Lordschaft reagieren. Die erwartete Wirkdauer beträgt 14 Tage, danach klingt die Verliebtheit langsam ab.“ Ron schnappte nach Luft: „Volle 2 Wochen? Was soll der Mist?“ Damit hatte er nicht gerechnet. „Was, wenn er plötzlich doch Interesse an mir hat?“ Draco hatte dieses Detail nicht in Erwägung gezogen. Seine Eifersucht erwachte, wie damals in der ersten Klasse. Weasley wäre nie nur ein Spielzeug für Lord Potter, die Erkenntnis verursachte ihm körperliche Schmerzen.
„Nun, das Interesse Seiner Lordschaft wäre nur von kurzer Dauer. Das kann ich Ihnen versichern, Mylord.“, merkte Snape an. „Na dann. Her mit dem Zeug.“ Entschlossenes Handeln entsprach Snapes Erwartungen. Der Liebestrank unterschied erkennbar von einem klassischen Amortensia. Er duftete nach dunkler Schokolade und Orangen und hatte eine tannengrüne Farbe. Schon den Geruch mochte Ron nicht, obwohl er wusste, das man ihn eigentlich mögen sollte. Er erinnerte sich an Hermines Vorträge und wunderte sich darüber. Die Dickflüssigkeit erinnerte an Sirup. Sie war wohl der hohen Konzentration der Zutaten geschuldet.
Severus erinnerte sich an ein Schokoladenfondue, das er vor Jahren mal anlässlich von Dracos Geburtstag probieren musste. Der Junge liebte damals schon die Kombination dunkler Schokolade mit Orange. Nachdem er dem Trank etwas Blut von Lord Potter hinzugefügt hatte, dabei entfaltete sich schlagartig der schwere Duft von dunkler Schokolade mit Orange, verstand er wieso Draco derart versessen darauf gewesen war. Er selbst liebte Kirschen und dunkle Schokolade, eine der wenigen Schwächen, die er sich erlaubte. Außerdem schwärmte er heimlich für Orangen und Kokos, aber das ging niemanden etwas an. Er vermutete, dass Lilys Küsse wohl danach schmecken würden. Er hatte es nie herausgefunden.
Wegen der Konsistenz löffelte Ron den Trank aus dem Messbecher. Der Geschmack gefiel ihm nicht, so schwer und süß und klebrig. Die Veränderung vollzog sich zügig. Ron empfand unmittelbar Sehnsucht nach dem Dunklen Herrn und wollte sofort gehen. „Sie müssen den Trank schon komplett einnehmen,“ mahnte Snape und fügte hinzu: „Lord Potter wünscht es so.“ Nun wenn Harry es wollte, dass er dieses Zeug nahm, würde Ron es tun. Er kratzte mit dem Löffel sorgsam den letzten Rest heraus. Das klebrige Gefühl im Mund verlor seine Bedeutung. Nur Harry war wichtig. „Wo ist Lord Potter?“, fragte Ron denn auch sofort. Die beiden Zauberer wussten es nicht. Sie hatten die letzten Stunden im Labor verbracht. Wütend, weil sie es ihm nicht sagen konnten, stürmte er auf den Flur.
Der Schattenjäger, der das Pech hatte, vor Snapes Quartier Dienst zu haben, wunderte sich über Lord Weasley zornesrotes Gesicht. „Wo befindet sich Lord Potter?“, schnaubte Ron. Er vermutete nämlich, dass Malfoy sehr wohl wusste, wo sein geliebter Harry war und es ihm absichtlich verschwieg. So musste es einfach sein. Er würde diesem arroganten Arschloch bei Gelegenheit eine Lektion verpassen, die sich gewaschen hatte. Aber jetzt musste er erstmal Harry finden. Das war wichtiger. Der Schattenjäger konnte die gewünschte Information nicht geben und kassierte für diese unverschämte Lüge einen schmerzhaften Fluch.
Noch nie hatte Ron etwas so dringend und verzweifelt gebraucht, wie Harrys Nähe. Er würde es ihm sagen, ja er musste es ihm sagen. Es gab keine Alternative. Harry durfte Malfoy nicht heiraten und noch viel weniger seine Schwester. Sie gehörten doch zusammen. Harry, Hermine und er. Hermine war nicht ganz so wichtig. Wenn Harry sie nicht wollte, würde Ron eben auf Hermine verzichten müssen. Hauptsache Harry und er waren zusammen. Warum hatte er es viele Jahre nicht bemerkt? Er liebte Harry.
Endlich. Endlich. Endlich fand er ihn im Vertrauensschülerbad. Die Situation stachelte Rons Eifersucht an. Schwankend zwischen Tränen der Wut und des Schmerzes hielt er sich an der Tür fest. Zabini küsste Harrys Bauch, der sich entspannt über den Beckenrand lehnte. Warum nur hatte Harry diesen Widerling damals nicht einfach verbannt oder besser noch getötet?
Bei Merlin, war Harry schön. Seine Arme, seine Brust, die schwarzen Haare einfach alles an ihm wirkte begehrenswert. Die Wut verrauchte schlagartig und machte einer heftigen Sehnsucht Platz.
Der Dunkle Herr schien Ron nicht zu bemerken, sondern gab dem Sklaven Anweisungen. Warum nahm sein Geliebter nur einen beliebigen Gespielen statt ihn? Wer anderes als sein bester Freund konnte wissen, was Harry wirklich brauchte. Unschlüssig überlegte Ron, was zu tun wäre. Sollte er stören oder lieber gehen? Vielleicht würde Harry darauf warten, dass er ihm ein Zeichen gab? Vielleicht war Harry einfach nur schüchtern? Schließlich hatte Harry noch nie eine feste Beziehung gehabt und wollte sich das für ihn, für Ron, aufheben. Das musste es sein.