Nach meinem Aus beim Fotografen begann meine Zeit im Büro einer Werkstatt:
Am ersten Tag habe ich gleich mal einen 1,90m großen Schock fürs Leben bekommen, den obwohl der Betrieb in der sogenannten Vorstadt liegt hatten wir einen Bauern in der Werkstatt. 30 Jahre alt (hätte ihn auf 25 geschätzt), blond, sehr muskolös, ein Ohrringerl und den IQ von frischem Kuhmist.
Er hat mir wunderbare Dinge erzählt, in seinem Kaff wird man Papst wenn man von Kirchturm scheißt, er ist Schweinebauer und schlachtet jeden Freitag ein paar Tiere und liebt Witze die so flach sind das sie locker unter jeder Türe durch passen. Gut, muss man so hin nehmen, der Chef in der Werkstatt war relativ ruhig, den Gebrauch von bitte und danke kannte er zwar nicht und immer wenn ich ihm meine Hilfe angeboten habe hat er mich zuerst 2 Minuten seltsam gemustert, aber mit ihm konnte ich leben. Wir haben sogar gemeinsam eine Wickelkommode aufgebaut (okay alle Schubladen waren beim ersten mal falsch montiert aber ich habe mir Mühe gegeben!). Dann war da noch der lustige Jugo (ich meine das nicht beleidigend - er kommt aus Bosnien, nennt sein Auto das Jugomobil und sich selbst den stinkenden Jugo - wirklich!!), ein Mann mitte 50 mit dem derbsten Witzen die ich je gehört habe. Dazu noch mein Chef, immer leicht verplant und manchmal nervig, aber sonst auch ganz okay.
Es gab nur ein massives Problem, und dieses Problem nenne ich einfach wieder X.
X war 26 Jahre alt, 2 Meter groß und ziemlich ungepflegt. Sein bemitleidenswertes Äußeres und die Tatsache, dass alle anderen ihn nicht ausstehen konnten, vor allem der Bauer und der Werkstattleiter, brachten mich leider dazu ihn zumindest nicht sofort vor den Kopf zu stoßen.
Jeder in der Firma hat meine Telefonnummer bekommen, damit man mich im Notfall erreichen konnte. X verstand das als Einladung mir ständig Nachrichten zu schicken! Zuerst war es noch eher harmlos, bis zu einem schrecklichen Wochenende, ich hatte in der Pause den Jungs erzählt das ich am Samstag vormittags einen langen Spaziergang mit meinem Hund geplant hatte. Samstag ab in der Früh gingen die Nachrichten los wo ich mit dem Hund bin. Mein bester Freund war schon total genervt und hat X dann angerufen. Nach einem kurzen Wortgefecht war den restlichen Tag Ruhe. Am Abend kam dann: Wir müssen morgen reden! Ich habe nur geantwortet das ich am Sonntag mit niemandem aus der Firma reden müsse und es Zeit bis Montag habe.
Montags war er nicht da, nicht das er jemandem abgegangen wäre, auf keinen Fall, aber mein Handy drehte wieder durch.
Der Bauer hat das gemerkt und mich gewarnt das der Typ nicht ganz dicht sei. Ich habe damals noch gelacht.
Ein paar Wochen später, ich hatte weiter alle nicht beruflichen Nachrichten von X ignoriert, benahm er sich auf einmal wie ein beleidigtes Kleinkind. Gut, ich habe ihn mir nach Dienstschluss zur Seite genommen und ihn gefragt was er bitte will. Seine Antwort ganz klar - mich, er liebt mich! Ich fühlte mich ein wenig beleidigt und habe ihm angeboten sein Herz heraus zu reisen und an Fische zu verfüttern, immerhin war ich ja verlobt, hatte ein Kind und würde ihn nicht mal wenn er der letzte Mensch auf Erden wäre nehmen. Danach wurde sein Verhalten noch sonderbarer und es gab Situationen wo ich ihn gefürchtet habe wie z.B: Ich sitze mit meinem Bro an einem Fluss - bekomme eine SMS "in fliesendes Wasser starren hilft mir auch immer meine Gedanken zu sortieren" oder ich bin am Harley Treffen in Saalbach Hinterklemm und in dem Moment wo es zu regnen beginnt schreibt er: "Oh, jetzt regnet es in Saalbach" Danach war mir eines klar! X muss weg und zwar sofort und für immer.
Meine Kollegen haben mich dabei total lieb unterstützt und so bekam er die Kündigung wegen seinem kranken Verhalten. Durch diese Nerven aufreibende Zeit habe ich Jugo, Bauer und vor allem Werkstattchef sehr zu schätzen gelernt und auch wenn die Arbeitswelt ein Alptraum bleibt liebe ich meine Kollegen, egal wie oft sie noch mein Essen vernichten, sich nach dem Toilettengang nicht die Hände waschen und mir schon in der früh sagen wie beschissen ich heute wieder aussehe.
Arbeitskollegen können die Arbeit erträglich machen, und nach über 2 Jahren sind wir auch Freunde geworden die durch dick und dünn gehen, auch wenn wir verschiedener nicht sein könnten.