Getragen von der Wut, die sich langsam in Hass verwandelte, glitt sie durch den Himmel auf ihr Dorf zu. Der vorher so harmlose Wind, war zu einem Orkan geworden, in dem sich die Bäume bogen und sich Fußgänger so schnell wie möglich in ihre Häuser flüchteten. Ronny breitete ihre Arme aus, sammelte ihre Kraft und ließ sie auf ein verlassenes Haus unter ihr los, welches dann in sich zusammenbrach, als hätten nur Fäden es noch zusammengehalten. Lächelnd registrierte sie, wozu sie fähig war und wie sie ihre Kräfte benutzen konnte. Sie wollte alles zerstören, dem Hass in ihrem Inneren mehr Nahrung geben, doch ein seltsames Gefühl brachte sie dazu, in den Wald zurückzufliegen. Langsam, um den Schaden zu sehen, den sie verursacht hatte, trat sie ihren Weg zurück an. Die Äste waren in die umliegenden Häuser und Autos geflogen und hatten, wie sie zufrieden bemerkte, teilweise große Schäden angerichtet. Der Wind zog und zerrte an ihren Haaren, aber das verstärkte ihre Genugtuung über das Chaos im Dorf nur noch. Als sie den Fluss erblickte, ließ sie sich sachte sinken und blieb auf dem Waldboden liegen. Sie merkte kaum, wie ihre Flügel verschwanden und nichts zurück blieb, als tiefe Trauer und Verzweiflung: Was hatte sie getan? Sie hatte sich so von ihrem Hass tragen lassen und mit Freude ihr Heimatdorf zerstört. Bis in die Abenddämmerung saß sie da und grübelte über die Ereignisse nach, bis sie glaubte, eine Erklärung gefunden zu haben, doch um ihre Theorie zu beweisen, musste sie erst einmal nach Hause und das geheimnisvolle Buch finden.
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So schnell sie konnte, hastete sie die Treppen zu ihrer Wohnung hinauf und öffnete die Tür. Ein abgestandener Geruch schlug ihr entgegen und ließ sie ihre Nase rümpfen, doch anstatt die Fenster zu öffnen, ging sie geradewegs in ihre Küche um einen Stift zu holen und setzte sich mit dem Buch in der Hand auf einen Sessel vor ihrem Esstisch.
Mit angehaltenem Atem schlug sie die erste Seite auf und schrieb "Mein Name ist Ronny" darauf. Unter ihren gekritzelten Worten tauchten langsam neue, verschnörkelte Buchstaben auf. "Der Fluch hat sich erfüllt. Nun musst du eine Entscheidung treffen. Einen Monat nach deiner Verwandlung musst du in der Gestalt deiner Wahl an den Ort der ersten Verwandlung eintreffen. Deine Gestalt hängt von deiner Stimmung ab, diese wird in diesem Monat oft sehr stark schwanken, da du noch unentschlossen bist. Aber sei unbesorgt, danach werden deine Gefühle je nachdem wie du dich entscheidest, ausfallen. Wähle weise."
Ronnys Verdacht hatte sich mit diesen Zeilen bestätigt: War sie wütend, regierte Hass ihren Körper. Er floss durch ihre Adern, er führte ihr vor Augen, was sie verloren hatte und wie sie sich dafür an allen rächen konnte. Doch war sie fröhlich, hatte sie Zugang zu der hellen Magie, sie konnte wunderbares erschaffen.
Ronny musste nicht lange darüber nachdenken, wie ihre Entscheidung ausfallen würde, auf keinen Fall wollte sie nur aus Hass bestehen, doch konnte sie es verhindern? Bei dem leisesten Funken der Wut brach diese Seite in ihr aus und sie konnte es nicht verhindern. Wie also sollte sie es schaffen in einem Monat nicht zu einer dunklen, hasserfüllten, sondern einer fröhlichen, guten Fee zu werden?
Sie musste Mr. Moonsbay finden, mittlerweile war sie sich sicher bei ihm mehr Antworten zu finden. Hastig machte sie sich wieder auf den Weg zu dem alten Buchladen, doch war sie sich längst nicht mehr sicher, ihn dort zu finden.