Sonja hatte nicht die geringsten Schwierigkeiten, ihren Schwächeanfall glaubhaft vorzutäuschen. Sie öffnete die Augen. "Das tut gut..." hauchte sie "Ich werde gleich wieder auf den Beinen sein..."
"Na, wir wollen mal nicht übertreiben, schöne Frau! Setzen sie sich mal vorsichtig auf...kommen sie, ich helfe ihnen."
Vorsichtig half Josef Sonja, sich aufzurichten. Diese täuschte grandios ihre Schwäche vor, indem sie grade genug Widerstand in die Bewegung legte, dass er annehmen musste, sie hätte noch nicht die Kraft, sich alleine aufzurichten. Er setzte sich schließlich neben sie und griff nach dem Glas, das er auf den Chouchtisch gestellt hatte. Sie wirkte nach wie vor sehr benommen, weshalb er sie mit der linken Hand am Rücken stützte, während er ihr das Glas zum Mund führte. Sonja umschloss nun mit beiden Händen seine Rechte und trank ein paar kleine Schlucke. Sie liebte dieses Spiel, seine körperliche Nähe herbeizuführen, mit ihren zaghaften Berührungen eine gewisse Vertrautheit zu schaffen... Sie würde noch ein Weilchen seine Fürsorge in Anspruch nehmen, denn sie spürte förmlich, wie sehr sich Josef in der Rolle des starken, ritterlichen Helfers gefiel und wie sehr er diese körperliche Nähe zu dieser, ihm immer attraktiver erscheinenden, jungen Frau noch völlig unbewusst genoss...
Sie hatte eine tadellose Figur und ... ja, ein hübsches Gesicht. Als er das Glas wieder auf dem Tisch abstellte, ließ Sonja sich ein wenig auf seine Seite sinken, so als verließe sie die Kraft, zu sitzen.
"Sie sollten sich noch ein Wenig hinlegen, ich rufe derweil einen Arzt." -
"Nein bitte...bleiben sie bei mir. Das ist gut so! Lassen sie mich nur ein Bisschen an sie lehnen. Es geht mir schon viel besser! Es ist gleich vorbei, dann werde ich wieder nach Hause laufen!"
"Sonst auch noch was! Das kommt überhaupt nicht in Frage! Sie ruhen sich jetzt ein Wenig aus und dann werde ich sie entweder zum Arzt oder nach Hause bringen!"
"Aber..." - "Keine Widerrede! Sie sind noch viel zu schwach! Möchten sie wirklich nicht zum Arzt?"
"Aber nein! Beim Arzt würde ich mich nicht besser erholen, als in ihrer Obhut... Sie sind sehr einfühlsam. An ihre Schulter gelehnt fange ich mich sicher schneller, als in einer sterilen Praxis... Ich danke ihnen, Herr..."
"Josef! Nennen sie mich einfach Josef... oder Sepp, wie meine Freunde sagen. Ich heiße Josef Brantner."
"Danke Josef, vielen Dank! Sie sind sehr freundlich! Ich heiße Sonja, Sonja Tremer. Es geht mir schon viel besser."
Sie griff nach dem Brillenband, das von ihrem Hals baumelte und fasste schließlich die Brille, die beim Sturz offensichtlich stark gelitten hatte.
"Oh, Die ist auch kaputt! Aber ich habe ja noch Kontaktlinsen." Sie atmete scharf ein. und fasste sich an den Kopf. Einen Moment wirkte es, als wäre ihr übel.
"Soll ich nicht doch lieber einen Arzt rufen Sonja?"
"Nein, nein! Ich möchte mich nur nochmal kurz hinlegen. Aber Sie müssen bei mir bleiben... bitte..."
Josef wusste nicht recht, was er tun sollte, doch als Sonja sich wieder hingelegt hatte, griff sie nach seiner Hand.
"Sie müssen bei mir bleiben Josef... bitte versprechen sie mir das!"
murmelte sie; schloss die Augen und ihre Atemzüge wurden ruhiger.
Sonja spürte seine Blicke. Sie spürte wie er sie betrachtete, während sie da lag mit geschlossenen Augen, so als wäre sie eingeschlafen. Ihm gefiel, was er sah. Sonja wusste genau dass er in ihre Falle getappt war. Mantodea hatte das Opfer nun in ihren Fängen. Ein Entkommen war ausgeschlossen...