Die große Mantodea... Resigniert ließ sie sich auf den Sessel fallen. Gerade noch hatte sie Josefs Lippen auf den ihren gespürt... ließ die wunderbare Liebesnacht Revue passieren um dann, unter Tränen, zurück in die Realität zu finden!
Die Tür war hinter Josef ins Schloss gefallen und es war still geworden. Er hatte sie zum Abschied noch zärtlich geküsst, doch seine Worte passten nicht zu der Art, in der er den Schauplatz verlassen hatte.
Sie hatte noch versucht, ihn zurück zu rufen... Sie konnte sich nicht erinnern, je geweint zu haben... und dann musste ausgerechnet eine Träne auf Josefs Ellenbogen fallen und verraten, dass mit Sonja Tremer so einiges nicht stimmte! Aber das allein war noch nicht mal das wirkliche Problem! Was sollte sie nun tun? Sie musste sich entscheiden, ob und wie sie weiter vorgehen sollte! Sie hatte einen Auftrag! Und sie hatte sich, verdammt nochmal, unsterblich in die Zielperson verliebt. Für die große, in ihren Kreisen verehrte, weil ungeschlagene Killerin Mantodea, war völlig klar, dass die Zielperson ohne Rücksicht auf Verluste möglichst unverdächtig zu terminieren war... Für Christina alias Sonja stellte sich die Frage, ob nicht gerade sie es sich leisten konnte, diesen Auftrag in den Wind zu schießen...
WIe auch immer, Sie musste diese Nähe aufrecht erhalten, zu welchem Zweck auch immer. Ob das Ziel eine Flucht mit ihrem Geliebten in ein neues Leben, oder aber die eiskalte Ausführung der unverdächtigen Tötung der Zielperson sein sollte, war nicht von Belang... Sie musste die Intimität die zwischen den Beiden herrschte, unbedingt aufrecht erhalten...
Sie stand auf, holte sich Schreibzeug und verfasste eine Nachricht für ihn. Sie wählte ihre Worte mit Bedacht und sie war sich der Tatsache sicher, dass ihre Worte ihn ins Herz treffen würden. Sie hatte bis jetzt immer genau gespürt, wie sie ihn manipulieren konnte. Allerdings wäre es ihr zum Zweck einer angestrebten Liebesbeziehung wesentlich leichter gefallen, als für die Erledigung eines Mordauftrages. Schließlich kleidete sie sich an und fuhr zum Haus der Brantners. Sie warf das kleine Briefchen in den Briefkasten und bestieg sofort wieder ihren kleinen Fiat und fuhr ab. Sie wollte jetzt auf gar keinen Fall auf ihn treffen...
Kurz bevor sie auf den Kreisverkehr zusteuerte, erblickte sie im Rückspiegel eine Person, die den Briefkasten leerte. Lange schon, hatte sie sich seine Handynummer besorgt... aber sie konnte das Vergessen des Austausches ihrer Nummern sehr gut als Rechtfertigung für die Nachricht verwenden...
Sie wartete geduldig darauf, dass Josef sich bei ihr melden würde. Doch der gesamte Vormittag verstrich!
Josef saß derweil beim Michl in Innerschwand und dachte über die neuen Erkenntnisse nach, die sich bei diesem Besuch ergeben hatten. Er konnte mit der neuen Situation und dem Wissen über Vaters gute Seite noch nicht wirklich etwas anfangen und so sehr er sich auch gewünscht hatte, mit der Untersuchung dieser Bausünden beauftragt zu werden, hatte er plötzlich doch ein Wenig Angst davor...
Sein Handy vibrierte. "Entschuldige bitte!" Es war eine Nachricht von seinem Vater, in der ihn dieser um eine weitere, wenn möglich ruhigere Auseinandersetzung mit der Materie rund um Machenschaften um Jansens Bau ersuchte...
Als er das Handy wieder einstecken wollte, zögerte er. Dann tippte er kurz etwas ein und wendete sich wieder Gretel und Michael zu.
Christina hörte den für Nachrichten gewählten Ton ihres Telefons. Wer konnte das schon gewesen sein? Es konnte nur von Josef kommen. Niemandem sonst hatte sie diese Nummer gegeben. Was aber, hatte er ihr wohl mitgeteilt...?