Kapitel 10
Ellen hatte keinen blassen Schimmer wo sie sich befand. Ihr Kopf lag auf weichem Moos. Mühsam öffnete sie ihre schweren Augenlieder. Leicht verschwommen erkannte sie grüne Farnwedel. Sogar über ihrem Kopf wölbten sich die Farnwedel zu einem Dach. Sie befand sich vermutlich in einem riesigen Farngestrüpp, eingeschlossen in einer Farnhölle. Ellen erinnerte sich an diesen gewaltigen Blitzschlag. Mühsam versuchte sie ihren Kopf leicht auf zu richten aber er sank gleich wieder erschöpft zurück. Etwas brachte sie aus der Ruhe. Wo sind Marie und Amy?! „Marie Amy, wo seid ihr?“ rief sie mit einer schwachen Stimme. „Hier, bin ich „ meldete sich Amys Stimme, ganz in der Nähe. „Ich komme auch zu dir“ rief eine weitere vertraute Stimme aus einer anderen Richtung. Sie drehte, ihren immer noch liegende Kopf, zu Amy um. Bei ihrem Anblick schrie sie auf, worüber auch Amy vor Entsetzten kreischte.
Im selben Augenblick kam auch noch Marie hinzu und sie musste auch eine Runde mit Kreischen. Keine menschlichen Körper umschlossen Marie und Amy. Anstelle einer rosa Haut, ein dicker flauschiger Pelz. Anstelle von zwei Füssen und zwei Armen. Vier, auf allen vieren stehende, Pfoten. Anstelle eines Tastgefühls mit den Händen, lange gebogene Schnurrhaare. Anstelle kurzer Fingernägel, spitzige glänzende Krallen. Kurz gefasst eine Katze! Amy besass ein flauschiges, längeres, weißes Fell, einen buschigen Schweif und wunderschöne blaue Augen. Marie hatte einen kleinen geschmeidigen Körper, dafür sah er ziemlich flink und wendig gebaut aus. Ihr Fell war schwarz mit mittelgrossen weißen Flecken. Auch wie Amy besass sie blaue Augen nur, ein dunkleres Meerblau. Mit einem grossen und kräftigen Körperbau, einem braunen Fell, schwarzen Streifen und gelben Augen war Ellen die grösste der Katzen. „Es hat tatsächlich geklappt, der Wunsch ist in Erfüllung gegangen“, hauchte Marie fasziniert. Ellen rappelte ihren unvertrauten Katzenkörper auf. Es fiel ihr schwer nicht aufrecht gehen zu wollen. „Ich glaube fast wir befinden uns zusätzlich in einer anderen Welt“, stellte sie fest. „ Sehr wahrscheinlich sogar in unserer eigenen Fantasiewelt.“ „Warum gerade unsere Welt?“, Marie glaubte nicht wirklich daran. „Ich glaube hier ist alles möglich“, murmelte Ellen und betrachtete sich immer noch verwirrt, die neue Körperstruktur. „Sehen wir doch uns ein bisschen um“, schlug Amy aufgeregt vor und stolzierte in die Richtung des Farngebüsches, in der sie den Ausgang vermutete. „Wartete noch einen Moment“, miaute eine Stimme hinter ihnen. Leicht erschrocken wirbelten sie herum. Hinter ihnen stand Wolke. Etwas an ihm wirkte allerdings verändert. Sein weißes Fell mit den schwarzen Streifen schimmerte leicht durchsichtig. „Was ist denn mit dir passiert?“, wollte Ellen wissen während sie sein Fell musterte. Wolke seufzte: „Ihr müsst, in dieser Welt bin ich Tod.“ „Oh, tut mir leid“, entschuldigte sich Ellen nachdem sie bemerkte, wie sehr es dem Kater schmerzte. Amy hingegen hatte ihr Mitgefühl vergessen, denn eine Frage brannte ihr auf der Zunge. „ Wo sind wir hier eigentlich, in unserer Fantasiewelt?“, fragte sie stürmisch. „Kann man so sagen, es wird auch das Reich der Katzen genannt“, murmelte Wolke. Diese Welt habt ihr sozusagen, mit Hilfe eurer straken Fantasie gefunden und daher könnt ihr diese Welt auch bereisen.“ Marie kratze sich am Ohr. „Ich verstehe nicht ganz, wie wir in diese Welt gelangt sind?“ Wolke umkreiste sie skeptisch. „Erinnerst du, wie du vor vier Tage dachtest: Oder eine Parallelwelt wäre auch nicht übel. Bastet hat Hexensteine verstreut, damit diejenigen, die sich eine andere Welt wünschen und ein Doppelleben als Katze, können das Reich der Katzen bereisen.“
Ein unheimlicher, lauter Schrei durchschnitt die Stille und ruckartig wurde Ellen aus der Verträumtheit gerissen. Eine Taube, floh mit einem schrillen Gewischter von den Baumwipfeln. „Was….war das?“, stotterte Amy und jegliche Freude an dieser fantastischen Welt war verblast. Ellen, Marie und Amy drängten sich dicht zusammen und bis ihre Fell sich berührten. Das gespenstische Heulen ertönte wieder, nur viel näher! „Habt ihr schon mal überlegt, was für natürliche Feinde, die Katze besitzt?“, bibberte Ellen kleinlaut. „Füchse, Dachse, Hunde, Marder, Wölfe oder sogar Bären“, zählte Marie rasant auf ohne gross nachzudenken. Ängstlich suchte Amy die Gegend nach einem furchteinflössenden Tier ab. Maries Körper zuckte auf einmal stark zusammen. „Bewegt euch keinen weiteren Zentimeter“, zischte sie voller Angst. Ellen und Amy drehten sich, zu dem Ort, an dem Maries Augen schockiert hängen blieben. Auf dem felsigen Hügel Kam im Wald baute sich eine mächtige und unheimliche Kreatur auf. Sofort stürzten sich die drei Freundinnen ängstlich im Farn in Deckung. „Es ist eine Katze“, bemerkte Ellen nachdem sie die Kreatur vom Versteck aus gemustert hatte. Amy war sich da nicht ganz so sicher. Das Irgendetwas war fast ein bisschen zu gross für eine normale Katze. Doch die Schnurrharre und der elegante Schwanz gehörte definitiv zu einer Katze oder besser gesagt zu einer Übergrossen Katze. „Ich wusste gar nicht, dass es so hässliche Katzen gibt“, bemerkte Marie und spielte vor allem auf das Aussehen des Katers an. Die Übergrosse Katze besass ein weißes Fell und hatte viele Narben am Körper verteilt. (Obwohl, diese Narben gingen noch zum Ansehen) Die auffälligste und vermutlich auch die grösste Narbe, zog sich über seinen rechtes Auge (oder was davon noch übrig geblieben war), entlang seiner muskulöse Brust bis zum hintersten Ende des Bauches. Sogar an ein paar Stellen, wo die Narbe sich entlang zeichnet, kam das rosa Katzenfleisch zum Vorschein. Einen Blick genügte und jeder konnte erkennen, sein Fell würde niemals wieder nachwachsen. Der Kater brüllte, löwenähnlich über die Gegend. „Vielleicht besitzt er ein paar Löwen Gene“, miaute Marie leise zu den Anderen. Doch die Beiden hörten nicht, sondern beobachteten wie weitere Katzen hinter dem weißen Hässlichen erschienen. Ein erdbrauner Kater, eine getupfte Katzendame, ein grauweiss Gescheckter und zum Schlusslicht ein grosser Tigerkater mit einem kleinen weisspfotigem Sandbraunen an der Seite. „Ich hoffe, sie verschwinden bald“, murmelte Ellen leise, da diese komischen Katzen ihr ein bisschen Angst machten. Die unheimliche Katze redete etwas Unverständliches zu seinen Gefolgten. Das Rascheln einer Taube lenkte Ellen, Marie und Amy ab. Eine fette Taube spazierte nur ein kleines Stück von ihnen entfernt umher. Amy und Ellen konnten ihre Jagd Drang nicht mehr kontrollieren und legten sich automatisch auf die Lauer. „Seid ihr noch ganz bei Trost?“, zischte Marie aus ihrem Versteck. „Sie werden euch gleich sehen und freundlich sehen die nicht gerade aus.“ Amy und Ellen wollte sich wieder zurückziehen, traten jedoch beim Rückzug auf einen trockenen dürren Ast. „Knack“, machte der Ast. Die Taube wurde Aufgescheucht und flog mit lautem Flügelschlagen davon. Die Katzen auf dem Hügel verstummten. Schnell presste Amy Ellen zum Moos bewachsenen Boden und nachher folgte sie selber. Marie drückte sich gegen einen Farnwedel und befahl ihren schwarzen Schweif zurück, in der Hoffnung man würde ihn nicht sehen. Für eine ganz kurze Zeit herrschte Stille doch das Brüllen des weißen Katers konnten sie schliesslich wieder hören. Vorsichtig linste Amy über den höchsten Farnwedel. „Mauh!!, ein funkelndes Sandbraunes Katzengesicht schoss ihr entgegen. Vor lauter Schreck stolperte Amy rücklinks. Ehe auch Marie und Ellen es begriffen, stürmten die restlichen Katzen auf sie zu. Ellen wurde gepackt, Marie zu Boden gedrückt und Amy bekam einen schmerzenden Schlag an die Wange bevor sie in den Schwitzkasten gepackt wurde. Ellen versuchte sie von dem braunweiss gescheckten Kater frei zu kämpfen. Jedoch packte er deswegen nur noch fester zu. „Wir haben euch nichts getan“, knurrte Ellen mutig. Der weiße, hässliche betrachtete sie nicht. „Von wo kommt ihr?“, fragte er angriffslustig. „Wir sind bloss harmlose Durchreisende“, erfand Marie schnell irgendetwas, denn sie hatte immer gute Ideen. Die getupfte Kätzin, Maries Festhalterin, beugte sich zu Marie hinunter. „Wisst ihr überhaupt, wer er ist?“ „Nein, interessiert mich auch nicht!“, fauchte Marie. „Und jetzt lasst uns gehen.“ Der Kater ignorierte Marie, stattdessen stellte er sich mit einer tiefen Stimme vor. „Ich bin Langnarbe.“ „Der Name passt“, fauchte Amy frech. Der Sandbraune Kater bohrte ihr zur Strafe eine schmerzende Krallen in den Rücken und Amy zappelte vor Schmerz. Der getigerte Kater betrachtete Amy. „Frech ist die hübsche Kleine“, miaute er genüsslich und streifte mit seinem Schweif an Amys weißem Kinn entlang. „Was werden wir nun mit ihnen tun, Langnarbe“, wollte der Sandbraune, mit einem Blick auf Marie, wissen. Langnarbe setzte sich auf den Boden. „Wir gönnen uns einen kleinen Snack für unsere Krallen.“ „Dies könnt ihr nicht tun, das wäre Katzebalismus!“, miaute Marie entsetzt. Wie Ellen befürchtete verstanden die Katzen von Kannibalismus nur Bahnhof. „Sie sind zwar noch Kinder“, bemerkte der Getigerte mit einem schmachtenden Blick auf Amy gerichtete. „Schatten, unser Gebieter, hat uns befohlen, dass niemand in diesem Wald verschont wird“, fuhr Langnarbe ihn an. Der Getigerte verbeugte sich in eine Entschuldigende Geste vor Langnarbe. Als Zeichen er hatte Unrecht getan. „Macht mit ihnen drei kurzen Prozess“, befahl Langnarbe mit einem Schweifschnippen. Die gelben spitzen Zähne beugten sich über Amys Kopf. Mit aller Kraft versuchte sie den Kater wegzudrücke. Doch den doppelte so straken und schweren Kater wegzustossen war nicht leicht. Aus dem Seitenblickwinkel versuchte Marie vergeblich ihre Krallen in die Haut der Kätzin zu stossen. War das schon ihr Ende? , Angst schnürte Amys Kehle zu. Ein wildes Fauchen lenkte den Kater ab als er gerade seine Zähne in Amys Kehle schlagen wollte. Etwas prallte Gegend den Kater und das Gewicht auf Amy verschwand. Sofort kam sie auf ihre wackligen Beine und begriff was los war. Ein flammenfarbener Kater rollte mit dem Kater fauchend und wild, auf ihn ein schlagend, über den Boden. Drei weiter fauchende Katzen stürzten mit ausgefahren Krallen auf die verdatterten bösen Katzen. Langnarbe wurde gleich von einem hellbraunen Kater mit gespannten Muskeln angegriffen. Eine kräftige graublaue Kätzin stürzte sich auf den Kater unter dem Ellen stöhnend lag und ein schlanker Gescheckter befreite Marie von der getupften Kätzin. Die Geretteten standen unter einem Schock. „Wir müssen ihnen helfen“, heulte Ellen, nachdem sie sich beruhigt hatte. Der grosse Sandbraune fuhr gerade seine messerscharfen Klauen über das Gesicht von Langnarbe. Währenddessen drückte der Flammenfarbene mit funkenden grünen Augen den grauweißen Kater fest auf den Boden. Der brauchte bestimmt keine Hilfe. Die Graublaue hingegen brauchte mehr Hilfe. Ihr Gegner hatte ihr brutal ins Bein gebissen, aus dessen Wunde das rote Blut tropfte. Sie kümmerte sich aber nicht im Geringsten darum. Mit einem Seitentritt konnte sie ihn aus dem Gleichgewicht bringen. „Der Gescheckte braucht am ehesten Hilfe“, bemerkte Marie. Er befand sich in grosser Gefahr, er kämpfte mit dem Getigerten und ahnte nicht, dass Gefahr von hinten drohte. Der kleine Sandbraune schlich sich von hinten an. Sein Maul, sperrangelweit offen, zielte auf seine verwundbare Kehle. Ellen fuhr augenblicklich ihre Krallen aus und Amy stiess einen Kampflaut aus. Sie stürzte sich auf den Rücken des weisspfotigen Sandbraunen. Amy grub ihre Krallen so tief in seinen Rücken wie es nur gehen konnte. Ihre Krallen verspürten Wärme, eine eklige Wärme des Blutes. Schüttelnd wollte der Kater Amy abwerfen. Sie krallte sich fest und versuchte nicht bei den energischen Bewegungen runterzufallen, dabei kam sie sich vor wie ein lästiger Floh. Auf einmal hüpfte er umher und schüttelte so fest, dass Amy fast den Halt auf dem rutschigen Fell verlor. Jedoch hatte er nicht mit Ellen gerechnet. Ellen bohrte ihre messerscharfen Vorderzähne in seine drahtigen Beine. Der Kater heulte auf vor Schmerz und vergass Amy abzuschütteln, die wieder auf seinen Rücken einkratze. Unterdessen zog Marie ihre schwarzen Krallen über seinen unförmigen Nasenrücken. Das Blut floss auf seiner Nase herunter und er floh wimmernd zu Langnarbe. Sie hatten keine Chance mehr. „Rückzug!“, heulte Langnarbe und entkam gerade noch den spitzen Krallen des hellbraunen Katers. Die Katzen flohen hinter Langnarbe her. „Warte, mit dir Bürschchen bin ich noch lange nicht fertig „, rief der Gefleckte und stürzte sich auf den zu Kater, der ihn ermorden wollte, glücklicherweise aber hatten es Ellen, Amy und Marie bemerkt. Fauchend jagte er dem Kater hinterher bis ihn jedoch der Flammenfrabene zurückbeorderte. „Genug jetzt, Fleck!“ „Der hätte nichts Besseres verdient“, grummelte er schlecht gelaunt zurück. Noch einmal, bevor die geschlagenen Katzen verschwanden, drehte sich Langnarbe um. „Eines Tages, wird es das Ende der Jäger des Waldes geben und vor allem das von eurem verlausten Anführer, Blitz!“ Das letzte Wort spuckte er mit einer doppelten Portion Verachtung aus. Danach verschwand er wie ein schneller unheimlicher Schatten hinter den Tannen.