Kapitel 20
Totenstill lag in der verborgenen Schlucht, nicht einmal ein Nachtschwärmer heulte oder ein Katzenschnarchen brummte. Selbst der Wind konnte keine Macht mehr über die Stille ergreifen. Bequem schliefen die drei Freundinnen in ihrer Mulde und träumten von den Abenteurern im Reich der Katzen.
Stern öffnet zuerst das linke dann das rechte Auge, schloss aber frustriert wieder die Augen. Es war immer noch rabenschwarze Nacht anstelle von einem morgendlichen Licht. Sie versuchte weiter zu schlafen, doch sie hielt ihre Pfoten nicht mehr länger aus und erhob sie sich grummelnd aus dem Nest. Ihre Pfoten kribbelten heute wieder einmal so energisch, dass ihr selbst der Schlaf geraubt wurde. Eifersüchtig warf sie Brombeere und Donner einen Blick zu, die beide friedlich in der Ecke schlummerten, während sie nicht schlafen konnte. Ein paar Schritte könnten mir gut tun, überlegte sie in Gedanken.
Sie lief drei Runden um einen kleineren Felsen und versuchte mit dem weichen Gras die Pfoten zu massieren. Das Knacksen eines Zweiges brachte Stern aus der Ruhe, schnell presste sie ihren Körper auf den Boden und verbarg ihren Gesicht im Schatten des Felsens. Ein langer Schatten nährte sich bedrohlich der Mulde, wo Donner und Brombeere schliefen. Stern beobachtete den Schatten und wollte schon auf ihn stürzte, da knurrte er nur verächtlich und tapste in einem angespannten Fortbewegungsgang weiter. Die Gestalt kletterte die Felswand hinauf und Stern bemühte sich von unten zu erkennen wer diese unbekannte Gestalt war. Die Kreatur kletterte über eine mondbeschienene Fläche der Felswand, dass seine grünen Augen im Schein reflektierten. Teiger, dachte Stern fassungslos. Nur jemand bei den Jägern des Waldes hat so einen breiten, gestreiften Körper! An der obersten Kante angekommen, atmete der Kater entspannt auf und es passierte etwas Seltsames. Teiger beugte den Kopf nach vorn, so viel Stern erkennen konnte und begann wild an einem Farnwedel zu nagen. Stern wollte schon zu ihm heraufbrüllen und ihn zur Rede stellen aber Teiger verschwand schnurstracks im Wald. Vielleicht macht er einen Spaziergang oder möchte ein dickes "Geschäft" an einem ganz stillen Ort erledigen, dachte Stern besänftigt. Obwohl das Farn anknabbern seltsam war, schob die negativen Gedanken beiseite. Unterdessen kribbelten ihre Pfoten nicht mehr und zufrieden beobachtete sie die Himmelkörper, dessen Namen sie trug. Zum Glück gab es hier keine Lichtverschmutzung wie in den Städten. Eine klare helle Sternschnuppe wanderte quer über den Himmel, dass Stern ihre Augen schloss und wünschte: diese fantastische Welt muss für immer existieren, für immer und ewig!
Das lebhafte Vogelgezwitscher weckte Donner an diesem wolkenlosen Morgen. Stern und Brombeere schlief noch tief und fest aneinander gekuschelt. Eine grosse Lärche spazierte wenige Pfoten von Donner entfernt über die Wiese, auf der Suche nach einem Wurm. Donner legte sich gleich auf die Lauer und wartete auf den günstigen Moment. Gerade wollte sie der entscheidende Sprung machen, stürzte Brombeere auf den Vögel und tötete ihn mit einem Schlag ins Genick. „Hey!“, protestierte Donner lauthals. „Den wollte ich haben!“ Durch das Gelärm wurde Stern unsanft geweckt. „Ich konnte mich nicht zurück halten“, entschuldigte Brombeere sich und legte die Lärche sachte zur Erde. Stern schlurfte verschlafen zu ihnen. „Was ist los?“, fragte sie verschlafen. Donner boxte Brombeere liebevoll in die Rippen. „Dieses braune Schwein ist mir dazwischen gekommen...“ , Donner verstummte, die verborgene Schlucht wurde ganz dunkel, als dicke schwarze Regenwolken den Himmel verdeckten. Ein heftiger Wind wehte und Blätter wirbelten umher, wie nutzloses Zeug. „Etwas stimmt nicht“, stellte Donner verängstigt fest „Überhaupt nichts stimmt“, murmelte Brombeere ängstlich. „Keine Angst, dies ist ein schnell anrauschendes Gewitter“, Mond tauchte vor ihren Gesichtern auf, in ihrem Maul trug sie ein ganzes Unkrautbündel. Donner beruhigte sich wieder, es war ihr peinlich, weil sie Angst vor einem Gewitter bekommen hatte. „Warum konntest du dich nicht zurückhalten?“, Donner wandte sich wieder an Brombeere. Brombeere verzog ihr Gesicht zu einer komischer Grimmasse. „Was ist daran so komisch?“, schnaubte Donner gereizt. „Nicht du, Mond!“, Brombeere starrte mit ihren gelben Augen über Donners Schulter hinweg. Donner drehte den Kopf, wo Mond das Unkraut fallen liess. Die smaragdgrünen Augen waren sperrangelweit aufgerissen und ihr Körper begann zu schwanken. „Sie hat eine Vision“, hauchte Stern.
Nur ganz verschwommen konnte Mond Umrisse drei besorgter Gesichter erkennen. Die Landschaft drehte sich im Kreis und Monds Beine drohten einzuknicken. Eine Maus konnte sie ganz deutlich vor ihren Augen erkennen. Leise schlich das braune Geschöpft über die Erde, während eine Stimme durch ihren schweren Kopf spielte. „Nur die Katze, die so leise auf der Erde schleicht wird den Frieden über den Wald bringen.“ Eine Katze schlich sich an die Maus heran und fing sie sehr geschickt zwischen den Krallen. Mond versuchte die Katze zuerkennen aber sie war wieder weg, mitsamt der Maus. Eine kräftige Windböe zerrte an ihrem Fell. Eine unerkenntliche Katze stiess Mond mit einem Schlag zur Seite. „Nur die Katze, die so kämpferisch ist wie die Luft, wird Frieden über diesen Wald bringen.“ Ein Blitz entlud sich und der Donner krachte ohrenbetäubend. Etwas knackste aus den nahen Baumkronen und ein Ast stürzten krachend vor Monds Pfoten. Die orangen glutheissen Flammen wütenden ins Gesicht von Mond. Nochmal kehrte die Stimme zurück. „Nur die Katze, die so schnell ist wie das Feuer wird Frieden über diesen Wald bringen.“ Eine Katze rannte in den lodernden Flammen, eine andere Jagt über die Erde und Katze die mit der Luft kämpfte. „Feuer, Erde und Luft werden Frieden über den Wald bringen!“, lärmte es in ihren Kopf. Mond konnte sich nicht mehr halten vor Erschöpfung. Sie verlor das Gleichgewicht und kippte in die Richtung des brennenden Astes. Zwei scharfe Zähne packten ihr Nackenfell und vier weitere Pfoten packten sie und zogen Mond ins Gleichgewicht zurück.
Das erste, was Mond sah waren vier blaue Katzenaugen. Ein Paar gehörten einer schneeweissen Kätzin und das andere zu einer, mit schwarzen Fell und weissen Flecken. „Alles in Ordnung“, fragte Donner sanft. Benommen erblickte Mond auch Brombeere im Hintergrund. „Du wärst beinahe in einen brennenden Ast gekippt, hätte Donner dich nicht gerettet“, miaute Stern. Mond erinnerte sich an die Weissagung. Schwankend kam sie auf die Pfoten und merke, sie wurde umringt von den besorgten Jägern des Waldes. „Was ist mit dem brennenden Ast passiert“, stöhnte Mond und hielt den Kopf. „Flamme und Kralle haben ihn in einer Pfütze ertränkt“, beruhigte Sturm sie. Blitz kam zu ihr und stützte sie an der Schulter. „Die Vision“, fing Blitz an. „Um was handelte sie?“ Die Katzen wurden still und schauten Mond erwartungsvoll an. Mit einer etwas benommen Stimme erzählte Mond von der Weissagung. „Nur Feuer, Erde und Luft können den Frieden über den Wald bringen“, wiederholte Blitz nachdenklich. „Und was ist damit gemeint?“, Streif aus der zweiten Reihe platze vor Neugier. „Das ist eine gute Frage“, fügte Bach hinzu. „Ich weiss es nicht“, gestand Mond. Die Menge begann zu laut tuscheln. „Ruhe!“, befahl Blitz. „Schlau werden wir nicht vor lautem Quasseln.“ Sie verstummten und gehorchten Blitz aufs Wort. „Zuerst müssen wir überlegen was genau damit gemeint ist“, miaute er und lief im Kreis. „Sehr wahrscheinlich handelt es von unserem Krieg gegen dir Jäger des Schattens.“ „Dies sehe ich auch so“, miaute Kralle und stand auf. „Leider kennen wir niemand der Feuer, Luft oder Erde heisst.“ Zustimmende Laute erklangen. „Aber vielleicht sind es Decknamen“, schlug Nebel vor, obwohl sie sich oft bei solchen Gesprächen raushielt. „Feuer könnte Flamme bedeuten.“ Die Augen wanderten auf den feuerroten Kater. „Warum sollte ich etwas damit zu tun haben“, Flamme hasste es im grössten Mittelpunkt zu stehen. „Nebel, das ist völlig absurd“, mischte Teiger sich ein. „Dann könnte er Erde Brombeere bedeuten und dies ist unmöglich“, dabei warf Teiger Brombeere einen giftigen Blick zu. Absurd, nur weil Teiger sie nicht leiden kann bedeutet das nicht sie könnte nichts Besonderes sein, dachte Stern voller Zorn. „Teiger, benimm dich von einer Katze“, knurrte Blitz. Brombeere warf ihm einen wütenden Blick ins Gesicht. „Nebel könnte Recht haben aber es könnte auch jeden beliebigen sein, der gar nichts damit zu tun hat“, fuhr Blitz fort. „Am besten wir gehen der Sache in aller Ruhe nach.“