Gerd war ebenso wie Bertie der Ansicht, Ich solle mich gezielt gegen die von meiner Mutter ins Rollen gebrachten Anschuldigungen wehren, und sie dabei nicht schonen. "Wer Wind sät, wird Sturm ernten!" meinte er dazu lapidar "Ich weiß noch gut, was du für ein armer Hund gewesen bist, Michi! Es ist eigentlich eh ein kleines Wunder, was aus dir geworden ist. Der Bertl hat schon Recht. Verteidige dich!"
Der Montagmorgen kam genauso unerbittlich wie jeder andere Morgen dem Vorangegangenem folgt. Selina hatte beschlossen, heute mit mir in die Klinik zu fahren und da es ein sonniger Morgen war, fuhr ich mit meinem Lieblings - Oldtimer, einem über vierzig Jahre alten Lamborghini Miura aus Martin Bückers Fuhrpark. Die Pressekonferenz war für neun Uhr angesagt, als wir um sieben Uhr dreißig ankamen, musste der Sicherheitsdienst die Presseleute von meinem Parkplatz verscheuchen. Selina und ich stiegen aus. Max Schmeisser und Josef Brandmayr, unsere beiden besten Securitys bahnten uns eine Gasse zwischen den Presseleuten ins Gebäude und stellten einen weiteren Mann an meinem Oldie ab, der noch die Originallackierung hatte. Leider war es notwendig, die Polizei zu Hilfe zu rufen, da die Presseleute den Termin Neun Uhr nicht zur Kenntnis nahmen und unseren Tagesstart und Klinikablauf enorm behinderten. Schließlich war es soweit. Man versammelte die Reporter in der Kantine und Punkt Neun erschien ich mit Selina, Ines und Bertl und stellte mich der Meute.
Wir einigten uns darauf, dass ich aufzeigenden Reportern nach und nach einzeln antworten würde. Der Erste fragte forsch. "Herr Montar, sie fahren mit einem Lambo in die Arbeit, der gut und gerne eine Million wert ist und verweigern ihrer eigenen Mutter die Behandlung! Finden sie ihr Verhalten nicht selbst schäbig?" - "Unsere Klinik ist meines Wissens die Einzige, die nachweislich aus eigenen Mitteln die Behandlung von Bedürftigen finanziert. Wir behandeln... lassen sie mich gefälligst ausreden! Wir behandeln nachweislich selbst unversicherte Mittelllose. Auch Frau Montar wurde eine Behandlung angeboten, in die sie aber nicht einwilligte. Im Übrigen fahren alle Klinikchefs schöne Autos. Im Gegensatz zu mir finanzieren sie das aber über ihre Arbeit! Ich verdiene nichts an Leuten, die nichts haben und lasse sie trotzdem nicht im Stich!" - "Soll das heißen, ihre Mutter wollte sich nicht behandeln lassen?" - "Meine sogenannte Mutter wollte 41 Jahre lang kein Kind haben und möchte nun die Mutter des Vorstandes spielen. Selbstverständlich wurde sie aufgenommen! Aber da sie, nachdem sie von sechs kompetenten Leuten gebeten worden war die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu unterschreiben, dieser Aufforderung nicht nachkommen wollte, wurde ihr Platz für einen anderen Bedürftigen zur Verfügung gestellt!" Ein anderer Reporter fragte: "Halten sie es für klug, ihre Vertretung einer Krankenschwester anzuvertrauen!" - "Ich würde Ines Berger mein Leben anvertrauen, das sie übrigens schon einmal rettete. Es gibt nicht den geringsten Grund an ihrer Kompetenz und Ehrlichkeit zu zweifeln. Im Gegensatz zu ihrem Blatt, welches mir hinter der Maske des Menschenfreundes die Fratze eines Ungeheuers attestierte." - "Aber Frau Berger sagte zu Frau Montar wörtlich: "Ob sie hier behandelt werden und wann und von wem, entscheide ich!" - "Da meine Frau und ich nicht anwesend waren, ist das absolut korrekt! Im Gegensatz zu Ihrer Wenigkeit, die entscheidet, ohne Recherche völligen Blödsinn zu schreiben, lässt sich Frau Berger allerdings noch die Meinung des diensthabenden Arztes berichten, den Frau Montar ebenfalls aus dem Zimmer jagte!" Die Stimmung begann, sich ein Wenig in unsere Richtung zu bewegen. "Sie haben gestern einem Reporter einen Faustschlag verpasst! Finden sie das richtig?" Jetzt gab es nur noch die Flucht nach vorn! Ich schaltete den großen Bildschirm an, auf dem ich die ganze Szene ungeschnitten zeigen konnte. Unmanipuliert! Auf die Frage antwortete ich: "Nein, das war nicht richtig und ich entschuldige mich dafür! Allerdings bei der Gesellschaft und nicht bei jenem Kretin der sich folgendes geleistet hat!" Ich spielte die Szene ab. Ein Raunen ging durch die Menge. "Ich versichere ihnen, ein ganz normaler Mensch mit ganz normalen Emotionen zu sein. Sollte sich dieses Individuum noch einmal meiner Frau und meiner Tochter in den Weg stellen und meine Tochter dermaßen unangemessen befragen, werde ich mich wohl ein weiteres Mal entschuldigen müssen... Der nächste bitte! (Das war Gerd.) "Finden sie es nicht ungeschickt, dieses Material, dass sie dabei zeigt, wie sie einen Reporter schlagen, hier öffentlich zu zeigen?" - "Ich möchte ihnen damit demonstrieren, dass ich es nicht nötig habe, etwas zu verbergen. Ich habe zugeschlagen, ja! Ich kenne kein Pardon, was die Privatsphäre meiner Tochter, meiner Familie betrifft. In dieser ungeschnittenen Szene sind Aktion und Reaktion für Jeden einsehbar. Eine Meinung dazu, müssen sie sich selbst bilden! Im Übrigen frage ich mich, wo denn Frau Montar heute sein mag?" - "Sie meinen Ihre Mutter?" - "Sie ist nur deshalb meine Mutter, weil sie damals Keinen fand, der mich abgetrieben hätte. Eigentlich wurde ich von ihrer Arbeitskollegin und deren Mann aufgezogen. Als ich mit achtzehn Jahren meine Sachen zu Hause abholen wollte, hatte sie den Großteil schon verscherbelt. Nun wissen sie, warum mir meine eigene Familie so unermesslich viel bedeutet! Das Erste was ich von meiner "Mutter" nach dreiundzwanzig Jahren hörte, ist, dass sie meine Vertretung inkompetent schimpft, weil sie mich nicht sofort aus dem Urlaub zurückholt. Ich biete meiner leiblichen Mutter, Renate Montar, ein weiteres Mal an: "Komm! Wenn du leben willst, komm und unterschreibe die Zustimmung zur Behandlung! Wir behandeln dich nicht anders als alle Bedürftigen, die zu uns kommen. Nicht schlechter und nicht besser. Wenn es noch nicht zu spät ist, machen wir dich gesund, wenn nicht, erleichtern wir dir den Rest deines Lebens. Auch wir können keine Wunder wirken! Aber wir haben schon Hunderten, ja Tausenden geholfen. Auch Mittelllosen. Wir haben es nicht verdient, auf diese Weise verleumdet zu werden. Am Wenigsten von dir! "Mutter"! Ich strecke dir die Hand hin, es liegt an dir, sie zu ergreifen!" Ein paar der Anwesenden ließen sich zu einem schwachen Applaus herab und der Mob hatte sich nun scheinbar ein Wenig beruhigt. "Herr Montar, ich wäre bereit, die Anzeige zurück zu ziehen, wenn sie das auch tun. Ich gebe zu, es war nicht in Ordnung, wie ich ihre Tochter befragte!" Der Reporter mit der aufgeplatzten Lippe war aufgestanden und hatte die Worte durch das allgemeine Gemurmel gerufen. "Kommen sie nach vorne! Geben wir uns die Hand und vergessen wir den Vorfall!"
Damit war das Eis gebrochen. Einige Blitzlichter flammten auf als wir uns die Hände reichten und die Meute erhob sich um zu gehen. "Alle mal herhören!" rief ich in die Menge. "Es ist gleich zehn Uhr, also Zeit für eine kleine Stärkung! Ich habe für sie ein kleines Buffet anrichten lassen!" Ich wies auf eine Buffet-Theke, die vom Kantinenpersonal hereingefahren wurde. Bitte bedienen sie sich! Alkoholfreie Getränke dazu gibts da vorne! Ich danke für ihre Aufmerksamkeit!" Abschließend gesellte ich mich, gefolgt von Selina, Bertl und Ines ganz legere, mitten unter die Leute, die einer kleinen Zwischenmahlzeit nicht abgeneigt schienen. "Du hast dich wieder einmal selbst übertroffen, Liebling!" flüsterte mir meine Frau ins Ohr und hauchte mir einen Kuss auf die Wange, was von einigen Kameras mit ihrem typischen "Tchtchtchtch" festgehalten wurde...