Aiden – 31.Juli 2999
Es ist Abend. Ich sitze vor dem kleinen Gebäude in der roten Wüste. Wie jede Nacht kann ich nicht schlafen. Also betrachte ich die Sterne.
Viel ist in letzter Zeit passiert. Viele Menschen sind angekommen. Fenia hatte mir gesagt, dieses Haus sei sicher. Niemand würde uns hier finden.
„Niemand“ bezieht offenbar nicht die Kinder der Elemente mit ein.
Inzwischen leben wir zu sechst in dem kleinen Haus. Zuerst sind die Zwillinge der Erde aufgetaucht, Dimitri und Demetia. Ich kann sie immer noch nicht auseinander halten. Sie haben uns von allem erzählt – von dem Untergang, von der Tatsache, dass es sieben Kinder geben wird, und dass es unsere Verantwortung ist, den Weltuntergang aufzuhalten.
Das waren unheimliche Neuigkeiten. Schwer zu verdauen. Also ein weiterer Stein in meinem Magen.
Dann kamen Soyala und Mingan. Eis und Nacht. Sie leiden sehr unter der Hitze und der Helligkeit hier. Fenia hat für sie die Fenster verdunkelt und Soyala versucht, in ihrem Zimmer Eis zu halten. Ich betrete das Haus so selten, wie möglich, seit es dort so eisig ist.
Ein Kind fehlt noch. Oder wir können aufgeben. Das Kind des Windes. Demetia war sich nicht sicher, ob er kommt.
Und wir fürchten, dass uns die Zeit davon läuft.
Ich höre ein Geräusch. Es wird windig. Blitze zucken am Horizont. Ich kneife die Augen zusammen – da schwebt eine Gestalt in der Luft!
„Fenia! Kommt alle, schnell!“, rufe ich aufgeregt in die Tür. Die anderen haben schon geschlafen, außer Mingan. Der ist mehr nachtaktiv.
Jetzt treten wir nach draußen. Fenia in lässiger Kleidung, Rock und Strickjacke. Dimitri und Demetia in grauen und in grünen Roben, ohne die sie nicht von einander zu unterscheiden sind. Soyala in einem weißen Kleid, Mingan in einem grauen Mantel. Ich mit Jeans und Pullover.
Die Nächte in der Wüste sind kalt. Der Donner kommt näher. Wir können den Jungen im Sturm sehen. Er ist groß. Muskulös, mit dunkler Haut und hellen Haaren. Er trägt Lederkleidung, die er morgen früh sicherlich bereuen wird. Unzählige Riemen hängen an dem Mantel und halten ein Gewehr, eine Armbrust, ein Schwert und viele andere Waffen, sowie Gegenstände wie Kompasse und Trinkflaschen.
Der Junge landet direkt vor uns. Ihm wächst ein unordentlicher Bart. Er sieht fertig aus. Doch er lächelt schwach. Für einen Moment mustert er die Zwillinge ungläubig.
„Ich nehme an, ihr seid die Kinder?“
Wir nicken, schweigend.
„Schön, dass du es geschafft hast“, sagt Demetia.
Dimitri knurrt nur etwas Unverständliches. Sonst sind die beiden immer einer Meinung, seltsam.
Der Junge verneigt sich: „Ich bin Arved. Mein Element ist die Luft.“
Fenia lacht: „Das haben wir gesehen. Willst du reinkommen?“
Arved lehnt die Einladung ab: „Wir haben keine Zeit.“
„Warum? Weißt du, wann es beginnt?“
„Das Ende?“, fragt Arved, „Ja, das weiß ich. Es beginnt jetzt.“
Und wie aus ein Stichwort tauchen Flammen am Horizont auf. Ich spüre die Hitze bis hierhin. Und ich spüre die Welt beben.
So fängt also das Ende der Welt an.