„Ja. Genau. Ich erinnere mich. Sie sind Pater Martin.“ Hermine fiel wieder ein, wie sie seinerzeit versucht hatte, Informationen über dämonische Besessenheit zu finden. Sie fand viel Interessantes, allerdings überhaupt nichts Passendes zu Harrys Problem. Letztlich war er nicht besessen und hatte auch keinen Pakt mit der Hölle geschlossen.
„Es überrascht mich Sie auf einer Modenschau anzutreffen.“, lächelte sie den knapp Vierzigjährigen an. „Nun. Das hier war einmal meine Kirche, bevor sie verkauft wurde. Ich habe noch Schlüssel zur Krypta und komme gelegentlich zur Andacht her. Suchen Sie immer noch Informationen zu Dämonen?“, fragte er neugierig. Die kluge junge Frau hatte ihn seinerzeit beeindruckt. Sie hatte sehr anspruchsvolle Werke über Mystik und Dämonenpakte gelesen. Allerdings reiste sie damals Ende Oktober ergebnislos ab. Ohne darüber nachzudenken warum, vertraute Hermine Pater Martin. „Nicht direkt. Mein bester Freund hat eine Art Problem, was ich versuche zu lösen. Ich dachte damals, dass mir Werke über Besessenheit helfen könnten.“
Pater Martin blickte zu den Schattenjägern, die sich im Hintergrund hielten. „Ohne Ihnen zu nahe kommen zu wollen, vielleicht ist Vampirismus eher der richtige Themenkreis.“, versuchte er vorsichtig zu helfen. Sie folgte dem Blick und schüttelte den Kopf: „Der Vampirismus ist das kleinere Problem. Glauben Sie mir.“ Er schluckte ein wenig trocken und schlug vor sich an einem geeigneterem Ort zu treffen. Die junge Lady schlug das Mandarin Oriental vor, weil das Personal außerordentlich diskret war. In der Suite war aller vorhanden, was sie brauchen könnten. Sie verabschiedeten sich voneinander. Ginny winkte ihr fröhlich zu, als sie zurückkam. „Du kannst mich doch nicht, die ganze Zeit mit diesen Modemenschen allein lassen.“, beschwerte sie sich.
„Wir sollten besser nicht zu seiner Lordschaft zurückkehren.“, meinte der jüngere der beiden Schattenjäger. „Wir haben versagt.“, meinte der andere. „Er wird uns finden egal wo. Es ist besser, wenn wir es zugeben.“ Sie hatten beide schon einige Aufträge erfolgreich erledigt, aber dieses Mal waren sie an den Auroren gescheitert. Lord Potter hatte sie zur Privatwohnung von Shacklebolt geschickt, um dem Minister eine Nachricht zu überbringen. Noch bevor sie die Adresse erreicht hatten, wurden sie von Auroren angegriffen. Offensichtlich hatte der Minister mit dem Besuch gerechnet. Man hatte sie nach eine kurzen Befragung wieder fort geschickt. Man konnte ihnen nichts Illegales vorwerfen. Außerdem gab es das Konkordat, das niemand brechen wollte.
Je näher sie dem Schwarzen Schloss kamen, desto beunruhigter wurden beide. Zur einen anderen Zeit hätte sie sicher Konsequenzen zu fürchten gehabt, aber gerade Lord Weasley schlug oft nur etwas einen zeitweiligen Magieentzug vor. Jetzt aber weilte er außerhalb des Schlosses. Die Ladys mischten ohnehin selten in die Bestrafungen für Schattenjäger ein. Aber auch die Ladys hielten sich außerhalb auf. Ihre Beunruhigung wuchs, weil Lord Potter sie nicht persönlich empfing. Schließlich war es sei direkter Auftrag gewesen, den sie vermasselt hatten. Ein niederer Offizier teilte ihnen nur mit, dass seine Lordschaft sie pünktlich zum Abendtreffen im Thronsaal erwartete. Es blieb ein gewisses Unbehagen über den beiden Männern. Aber niemand beschäftigte sich näher mit ihnen, das konnte mal als gutes Omen werten. Im Thronsaal wechselte am Morgen die dritte Kerze ihre Farben. Zugleich kamen die Spinnen an diesem Tag in das Schwarze Schloss. Wegen der Abneigung die Lord Weasley gegen Riesenspinnen hatte, durften sie es normalerweise nicht hinein. Sie bildeten eine beeindruckende Karawane. Die menschlichen Bewohner des Schlosses betrachteten dieses Schauspiel mit gemischten Gefühlen. Lord Potter beschützte sein Eigentum energisch, aber wer konnte schon jeden Unfall ausschließen.
Nach einer unbequemen Nacht vor Potters Bett auf dem Fußboden war Draco froh aufstehen und gehen zu dürfen. In seiner kleinen Kammer oder eher Zelle brachte er sich in Ordnung. Immerhin hatte sein Herr ihm der zweiten Hälfte der Nacht eine Decke gegeben. Er lernte langsam auch mit wenig zufrieden zu sein.
Heute hatte Draco fast den gesamten Tag mit Theseus verbracht. Im Hof stellte er fest, dass zu seiner weißen Rose, eine weitere einzelne weiße Rose, ein großer Strauß weißer Rosen und eine schmale weiße Kerze gekommen waren. Fred und George winkten ihnen zu. „Bist Du denn schon mal mit dem Besen geflogen?“, fragte George den Jungen. „Nein, noch nicht. Aber Lord Potter hat mir versprochen, wenn ich gut genug lerne, dann bringt er es mir bei.“ Fred lächelte verkrampft: „Lord Potter ist ein großartiger Quiddditchspieler. Er kann super fliegen.“ Draco dachte noch einmal an das Erinnermich. Er schämte für sein früheres Verhalten. Vielleicht verdiente er die Behandlung durch Potter irgendwie. Wie oft hatte er die Hauselfen seiner Eltern genauso behandelt? Unzählige Male hatte er Dobby zum Beispiel hungern lassen – einfach nur so aus Spaß. George machte einen kleinen Scherz. „Masters, wir müssen noch ein wenig üben. Lord Potter wird sonst unzufrieden sein.“ Die beiden Weasleybrüder stimmten ihm zu. „Eines noch, Draco.“, sagte George und sah in Richtung Neville. „Verdammt schöne Rose.“ Draco verbeugte sich betont tief: „Meine Reminiszenz an Gryffindor.“
„Gryffindor?“, fragte Theseus nach. „Der kommt auch in meinem Buch vor.“ Draco sah das Kind alarmiert an „Welches Buch liest Du denn gerade?“ „Geschichte Hogwarts. Das ist richtig spannend. Es geht um ein Schloss, das muss hier ganz in der Nähe sein. An einem See in der Nähe von Hogsmeade. Weißt Du, wo das liegt? Da ist eine Schule mit lauter Hexen und Zauberern. Die sind dort in verschiedenen Häusern. Es muss die schönste Schule der Welt sein. Ich wäre am liebsten Ravenclaw. Das sind die klügsten.“, erzählte der Kleine begeistert. Draco war jetzt sehr besorgt. „Hogwarts ist ein Geheimnis. Es ist ganz nah und unendlich weit weg. Eines Tages erkläre ich es Dir. Aber Du darfst nicht darüber reden.“ Es wurde Zeit, Theseus Abendessen zu lassen und dann rechtzeitig beim Abendessen seiner Lordschaft zu erscheinen.
Draco schaffte es pünktlich, weil er sich langsam an den Rhythmus gewöhnte. Er stand bereit hinter dem Platz seines Herrn und wartete. Alle Anwesenden spürten die Bedrohung die in der Luft. Sie hatte sich wie ein eisiger Nebel in der Halle verbreitet. Albus, Minerva, Snape und die Weasleys saßen nah bei einander und versuchten ihre Anspannung zu ignorieren. Irgendetwas Unerfreuliches ging vor. Lord Potter erschien und nahm Platz. Zunächst erschienen die Blumen von Nevilles Standbild vor den Thron.
Mit grausamer Ruhe sagte er: „Guten Abend, liebe Gäste. Ich möchte Sie zunächst alle bitten Ihre Abfälle nicht im Innenhof zu sammeln. Derlei Unordnung missfallt mir immens.“ Ohne seinen Zauberstab auch nur anzusehen, ließ er die Blumen zu Staub zerfallen. Dann traten die beiden erfolglosen Schattenjäger vor ihren Herrn. Sie warfen sich vor auf die Erde und versuchten eher hilflos zu erklären, was schief gegangen war. Lord Potters Lächeln nahm von Sekunde zu Sekunde zu. „Bitte, Mylord. Verzeiht uns.“ Er ging nicht auf das ein, was sie redeten.
„Severus kommst Du bitte zu mir nach vorne.“, befahl er freundlich. Snape wunderte sich über diesen Wunsch, aber er gehorchte. Potter holte einem Wink seines Zauberstabs einen Stuhl dazu. „Severus. Leider habe ich Deinem Tränkeunterricht nicht so viel gelernt. Aber Deinen brillanten Aufzeichnungen habe ich einiges Nützliche entnommen und möchte Dir nun, die Möglichkeit geben aus nächster Nähe meine Weiterentwicklung Deines Sectumsempra zu zeigen. Es wäre schön, wenn Du mir später dein Urteil dazu gibst. Draco, Du kennst den Sectumsempra auch. Deine Meinung möchte ich natürlich auch hören. Beginnen wir also.“ Sectumsempra. Draco erinnerte sehr gut an diese brutalen Schnitte überall auf seinem Körper. Er fror plötzlich, obwohl es eigentlich angenehm warm im Thronsaal war.
Das „Sectumsempra!“ löste sich gefährlich violett leuchtend aus dem Zauberstab. Die Schnitte auf der Haut der beiden Schattenjäger erschienen exakt, wie von einem Skalpell gezeichnet. Zunächst im Gesicht, dann auf Händen und Armen. Sie fingen an zu schreien. „Silencio!“, hauchte Potter. Durch die Stille gewann das Schauspiel an Schrecken. Langsam verstärkte er den Fluch. Die Schnitte wurden tiefer. Fred sprang auf und rannte auf eine Toilette, um sich zu übergeben. Andere Gäste waren bleich geworden. Endlich änderte der Dunkle Lord den Fluch wort- und stablos ein wenig. Ein silberner Dolch erschien, machte beiden Vampiren endgültig den Garaus. Von ihnen blieben ebenfalls nur Staub und Fetzen zurück. Lord Potter schwang den Zauberstab ganz leicht. Irgendwoher kam eine Wolke Flugameisen. Jetzt rannte George auf das Klo. Draco hätte es ihm gerne nachgemacht. Er war dazu verdammt, hinter seinem Herrn stehen zu bleiben.
Der Dunkle Lord lächelte entspannt. Die Ameisen fraßen den Staub und die Fetzen komplett auf. Zuletzt kümmerten sich zwei große Spinnen um die Ameisen und verschwanden. Der Dunkle Lord gab den Hauselfen ein Zeichen. Sie trugen einen kleinen Abendimbiss auf. „Guten Appetit Ihnen allen.“ „Er ist ein Dämon geworden, Albus.“, wisperte Minerva.