Inzwischen war es drei Uhr morgens. Peter war noch aufgekratzt von der Konzentration, mit der er den Wagen gelenkt hatte und so dauerte es noch einige Zeit, bis er in einen unruhigen Schlaf fiel.
Inzwischen war der Abschleppwagen vom ADAC, beim Golf angekommen. Die Polizisten wollten natürlich ebenfalls wieder flott gemacht werden, was sich als schwierig erwies, weil sie ja knapp am Golf gehalten hatten. Also zog der Abschlepper erst mal das Polizeifahrzeug etwas zurück, um sich dann davor zu setzen und es aufzuladen. Doch noch während der Polizeiwagen von der Winde auf den Schlepper gezogen wurde, ging eben diesem der Strom aus. Nun standen drei Fahrzeuge ohne Strom auf dem Standstreifen neben der Autobahn. Mittlerweile war einem der Polizisten aufgefallen, das die Lichter der vorbeifahrenden Autos jedes mal kurz ausgingen, wenn sie den Golf passierten. Deshalb entschloss er sich, ungefähr zweihundert Meter zurück zu gehen und zu versuchen, dort ein Fahrzeug anzuhalten, um Hilfe zu organisieren. Die vorhandenen drei Handys und die beiden Funkgeräte waren tot.
Ricarda drehte sich von einer Seite zur Anderen. Der Abend hatte ihr tausend Bilder beschert, die ihr immer und immer wieder unterkamen, sobald sie die Augen schloss. Der entschlossene Blick ihres Chefs, der einfach nicht glauben konnte, dass sie ihn abwies. Wäre seine Frau nicht gekommen, wäre er wohl gewalttätig geworden... Ihre überstürtzte Abreise aus seinem Haus, der Bankomat mit dem Schriftzug: Karte nicht berechtigt! Die Lichter der Autobahn, die immer schwächer wurden, wie ihre Armaturenbeleuchtung... Ein beklemmendes Gefühl überkam sie, ihr Herzschlag beschleunigte. Das musste Peter gemeint haben. Angstzustände! Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie schnappte ihr Kissen und ihre Decke und stand auf. Sollte sie es wagen, zu Peter zu gehn. Was, wenn er ihr Kommen falsch deutete. Er war ein ganz Lieber! Aber eben auch nur ein Mann! Sie versuchte noch einmal, zur Ruhe zu kommen. "Etwas hat dich... sagen wir mal begleitet..." hallte Peters Stimme in ihrem Gedächtnis. Blitzartig setzte sie sich auf. "Er würde mir nie etwas tun, was ich nicht selbst will, hat er gesagt. Er hat jedes Versprechen gehalten, das er mir gab" Sie legte sich wieder hin, doch sowie sie die Augen schloss beschlich sie ein Angstgefühl, das ihr bisher nicht bekannt war. Schließlich entschloss sie sich, bewaffnet mit Decke und Kissen zu Peter zu gehen. Sie schlich in sein Zimmer. Peter schlief unruhig. Sollte sie ihn wecken? Sie war drauf und dran, wieder zu gehen, da schlug er die Augen auf. "Na, Mädel, kannst du nicht einschlafen?" Er hob seine Decke. "Komm her, wir machen Löffelchen!" Sie sah ihn verblüfft mit grossen Augen an. "Das hilft! Hab keine Angst, Mädchen, ich tu dir nichts. Ich geb dir nur ein Bisschen Wärme. Mehr brauchst du nicht! Dann gehn die Bilder weg! Dann kannst du schlafen! Na komm schon, du kleiner Schisser! Vertrau mir!" Zögerlich legte sie ihre Decke ans Fußende des Bettes und gab ihr Kissen Peter. Er platzierte es direkt vor sich auf seinem Arm und hob wieder einladend seine Decke. Wortlos legte sie sich zu ihm. Eine wohlige Wärme überkam sie, ausgehend von ihrem Rücken, der direkt an Peters Brust lag. Seine Arme umfingen ihre Schultern und sie fühlte sich plötzlich total geborgen. "Alles gut?" fragte Peter. Sie nickte und suchte seine Hand, so als brauchte sie diese, um sich daran festzuhalten. Und endlich fiel sie in einen tiefen, befreienden Schlaf.