Stock steif standen wir in einer Reihe. Niemand wagte sich auch nur einen Schritt näher an das Geländer heran. Auch ich war wie festgewachsen und konnte meinen Augen nicht trauen. Das durfte einfach nicht sein! Mit zitternden Händen und wackligen Knien lief ich vorsichtig an die goldenen Streben heran und lugte nach unten.
Ein paar, bereits gelb gewordenen, Finger krallten sich am letzten Stück des Geländers fest. Ein knappen Meter unter mir hing sie und versuchte vergebens mit der anderen Hand das Holz zu fassen zu bekommen.
„Kommt helft mir“, rief ich Leandro zu, während ich meine Blicke von ihr nicht abwandte. Meine Ungeduld stieg mit jeder Sekunde, in der sich niemand bewegte. Wie angewurzelt standen sie dort und starrten mich mit aufgerissenen Augen an.
„Leandro, komm endlich oder brauchst du ne extra Einladung?“, rief ich nun fast wütend und war dabei mein Bein über´s Geländer zu schwingen. Aus der Starre gerissen machte er eine ruckartige Bewegung und stand plötzlich hinter mir.
Das Geländer hatte vergoldete Streben an denen ich mich festzukrallen versuchte und mit meinen Füßen nach der kleinen Platte unter mir suchte, die mir schon einmal das Leben gerettet hatte. Leandro war knapp neben mir und versuchte ebenfalls nach der Plattform zu tasten. Endlich spürte ich Widerstand unter meinen Füßen und stellte mich unsicher auf sie.
„Lass mich das machen“, murmelte er mir ins Ohr und war schon dabei nach der Hand meiner Mutter zu greifen.
„Ich hätte das auch gekonnt“, behauptete ich und kontrollierte jede seiner Bewegungen. Die Höhe schien ihm nicht im Geringsten etwas auszumachen, sodass er sich ganz locker vor lehnte und nach ihrer noch freien Hand griff. Mit einem verschmitzten Lächeln schaute er mich kurz an, ehe er sich wieder ihr zu widmete.
Doch plötzlich wurden seine Bewegungen unregelmäßiger und er begann mit seiner linken Hand das Gleichgewicht wieder finden zu wollen. Mir stockte der Atem, als sein Fuß von der Kante glitt und er mit meiner Mutter an der Hand in die Tiefe stürzte. Sie und ich stießen gleichermaßen laut einen schrillen Schrei aus, der im hohen Treppenhaus ein Echo ergab.
„Mum!“, rief ich besorgt und lehnte mich mit einer Hand klammernd am Geländer soweit vor, dass ich sah wie sie im rasenden Tempo auf den harten Boden zurasten. Ich konnte nichts tun, ich konnte wie immer nur zusehen und hoffen irgendein Wunder würde passieren. Warum? Warum konnte ich ihnen nicht helfen.
Ich wollte gerade die Augen schließen, als sie kurz davor waren auf dem Boden zu zerschmettern. Doch knapp davor flogen sie wieder ein kleines Stück hoch, ehe sie sanft mit den Füßen zuerst auf dem Boden ankamen.
„Mum“, atmete ich erleichtert auf und zog mich wieder ans kalte Geländer ran.
„Alles gut, ich hatte es von Anfang an unter Kontrolle... ich war nur zu faul die Treppen zu nehmen“, drang Leandro´s ruhige Stimme in meine Ohren und zauberte mir ein kleines Lächeln auf die Lippen.
„Schon klar“, brüllte ich nach unten, sammelte meine Geschwister ein und kam zu ihnen nach unten gerannt.
„Okay und jetzt? Ich denke wir haben ihn abgehängt oder?“, fragte ich, während Mum erleichtert in meinen Armen lag und mich immer fester an sich drückte.
„Ich denke. Zumindest wird er dieses Portal auch nicht kennen.“ Endlich hatten wir es geschafft. Erleichtert drückte ich nun auch meine Mum ganz eng an mich und genoss ihre Anwesenheit. Tom kam zu uns in die Mitte und auch Mia schloss sich der Umarmung an. Wir hatten es tatsächlich geschafft. Gegensätzlich aller Erwartungen hatten wir es mit dem Grafen aufgenommen.
Ruhig atmete ich auf und löste mich langsam wieder aus diesen ganzen Umarmungen, um im nächsten Moment wieder von Leandro in die Arme geschlossen zu werden.
Vorsichtig lugt ich über seine Schulter zu Mum hin, die versuchte ihn unauffällig zu mustern. Doch ich kannte sie genau, sie betrachtete ihn mit hochgezogener Augenbraue von oben bis unten und versuchte dabei möglichst viele Sachen zu finden, die sie an ihm stören könnten.
Egal was sie über ihn denken würde, für mich war er perfekt und das war wohl das Wichtigste oder? Genau jetzt kam es mir verdammt gelegen, dass ich ihr nie etwas über meinen Freund erzählt hatte, denn dann hätte sie ziemlich viele Argumente gehabt, warum es falsch wäre.
„Keine Ahnung wer er überhaupt war. Vielleicht war es auch nur ein Dienstmädchen, vor der wir panisch geflüchtet sind.“
„Ein Dienstmädchen? Ja das ist wohl das nächstliegendste, vorausgesetzt sie wiegt etwas um die zweihundert Kilo“, lachte ich und legte meinen Kopf erschöpft auf seiner Schulter ab. Für einen kurzen Moment spürte ich das Gefühl der Gelassenheit.
„Und wo wollt ihr jetzt hin?“
„Eins steht jedenfalls fest, hier bleiben werden wir nicht“, beschloss Mum und suchte in ihren Hosentaschen nach dem Handy.
„Können wir nicht zu dir?“
„Mir? Ich habe gar kein richtiges Zuhause, bisher war ich immer bei den Panuletas willkommen.“ Schon bei diesem Wort zog sich in mir alles zusammen. Auch wenn ich bisher nur Laureen kennengelernt hatte, fiel es mir schwer daran zu glauben, dass überhaupt Freundliche unter ihnen wandeln konnten.
„Gibt es nicht drei von euren Amuletten? Müsstet ihr dann nicht erst recht ein riesiges Versteck haben?“
„Ja, aber so toll ist es dort nicht. Außerdem sind die dort alles anderes als tolerant... was nun mal deine Mum und... so angeht.“
„Warum hast du nie bei ihnen gelebt?“
„Warum? Ich kann mich nicht besonders gut mit ihren Einstellungen anfreunden. Hinzu kommt, dass ihre...“
„Bitte was?“, unterbrach uns meine Mutter abrupt und stemmte mit zusammengekniffenen Augen die Hände in die Hüfte.
„Mum wir erklären dir alles später, lass uns erst mal hier weg. Dieses Schloss macht mich krank.“ Auch wenn wir immer noch andere Sorgen hatten, so fühlte es sich gut an nicht diejenige sein zu müssen, die von nichts und niemanden eine Ahnung hatte.
„Hattest du noch nie ein richtiges Zuhause?“, fragte Tomi erstaunt und begann ungeduldig an
Mum´s Ärmel herum zu zotteln.
„Doch schon, als meine Mutter noch lebte, aber nach ihrem Tod sind mein Vater und ich zu den Panuletas gezogen.“ Tomi´s verwirrtes Gesicht war Freude erweckend, er konnte anscheinend kaum verstehen, wie man kein eigenes Zuhause haben konnte oder es lag an den Panuletas die ihm ein Fragezeichen ins Gesicht zauberten. Nicht lange erfreute ich mich an Tom´s Unwissen, denn das Wort „Vater“ warf in mir Fragen auf.
„Egal was wir jetzt machen, zuerst müssen wir meinen Vater finden!“, beschloss ich bestimmend und spürte wie sich wieder diese Anspannung auf mich legte.
„Erek“, flüsterte Mum leise vor sich her. Sie musste genauso überrascht wie ich gewesen sein, dass wir ihn beide für einen Augenblick vergessen hatten. Wie konnten wir ihn auch nur eine Sekunde lang vergessen? Hätten unsere Gedanken nicht ununterbrochen um ihn kreisen müssen?
„Ich will zu Papa“, mischte sich meine Kleine Schwester ein und mein Bruder stimmte nickend zu.
„Ich will aber die Kleinen nicht mitnehmen und unnötig in Gefahr bringen“, merkte ich entschlossen an und warf den beiden ein kleines Lächeln zu.
„Vergiss es Alex, wenn du gerade versuchst mich dazu zu bringen dich alleine wieder loszuschicken, dann hast du dich gewaltig geschnitten“, rief sie empört, als hätte ich gerade jemanden aus ihrer Familie beleidigt. Keine Ahnung was auf uns zu kommen würde, aber Leandro und ich würden damit sicherlich besser zurecht kommen, als meine Mutter.
Auch wenn ich jetzt schon so zu reden begann wie er, meine Mutter war nur ein Mensch und damit weitaus verletzlicher und sterblicher als ich.
„Alex ich glaube nicht, dass...“, begann Leandro, doch als ich ihn erwartungsvoll entgegenblickte verstummt er wieder.
„Mum bitte geh mit Mia und Tom vor. Auch wenn du es jetzt nicht verstehen wirst, es ist besser.“
„Verstehen? Ich verstehe von all dem hier nichts! Keiner will mich aufklären und keiner macht Anstalten mich überhaupt mit einzubeziehen. Mir reichst, ich komme mit und Basta!“, rief sie nun so wütend, als hätten wir sie übergehen wollen. Ich würde ihr ohne zu zögern erklären was hier vor sich ging, doch so einfach könnte sie mir nie im Leben glauben.
„Mum bitte, das ist doch nicht böse gemeint, ich will nur nicht dass dir etwas passiert.“
„Richtig ich auch nicht.“
„Selbst wenn ich euch vorschicken könnte, würdet ihr den Weg niemals ohne uns finden und reinlassen würden sie euch auch nicht“, warf ich ich in die Runde und löste mich endlich aus seiner sachten Umarmung.
„Der Weg dort hin ist nicht so weit, wir bringen sie schnell dort hin und...“
„Wohin denn überhaupt?“, unterbrach sie ihn unfreundlich und stupste mich an, damit sie meine ungeteilte Aufmerksamkeit bekam. Ich konnte meine Blicke allerdings nicht von Leandro abwenden. Nachdem wir es fast geschafft hatten, wirkte er immer noch bedrückt und nachdenklich. Dachte er vielleicht über den Mord des Grafen´s nach? Machte er sich vielleicht sogar Vorwürfe ihn getötet zu haben? Möglich wär´s, immerhin hatte er völlig schockiert seine blutigen Hände angestarrt. Ob es die erste Person gewesen war, die er getötet hatte?
„Ja vielleicht hast du Recht, bringen wir sie erst mal dort hin und schauen dann weiter“, beschloss ich und hob Mia wieder auf meinen Arm. Auch wenn Mum mit diesem Entschluss mehr als unzufrieden war, packte ich ihre Hand und begann sie durch den finsteren Wald zu ziehen. Leandro zog wie selbstverständlich Tom mit sich und holte uns nach kurzer Zeit wieder ein.
Es war eigenartig zu wissen, dass wir nun völlig ruhig und normal miteinander sprechen konnten. In diesem Wald, wo ich bisher fast immer schweigen musste.
Trotzdem sagte niemand etwas. Meine Gedanken schwirrten immer noch um meinen Vater, wo der Graf ihn versteckt hatte. Vielleicht wussten Mum und Tom etwas?
Mum und meine Geschwister waren von dem immensen Tempo so beeindruckt, dass sie ebenfalls nicht dazu kamen, auch nur den Funken eines Wortes aussprechen zu können.
„Schleppst du jetzt etwa alle an, die dir über den Weg laufen?“, weckte mich plötzlich ein hohe Stimme aus den Gedanken.
Erst jetzt realisierte ich, dass wir bereits angekommen waren und stoppte abrupt vor ihrem Gesicht. Die Hände kontrollierend hinter Rücken verschränkt, stand sie vor mir und musterte uns mit erhobenen Kopf. Am liebsten hätte ich ihr ins Gesicht gespuckt, um ihren perfekten Glanz zu zerstören, doch natürlich wusste ich was sich gehört und ließ mich deswegen erst gar nicht auf ihre provokanten Blicke ein.
„Sei du mal still. Du hast diesen scheiß Brief geschrieben oder?“ Räuspernd stieß ich ihm einmal kräftig in die Seite, damit er auf seine Aussprache aufmerksam wurde. Natürlich hatte ich keine Probleme mit diesen Worten, aber meine Mutter hatte es und ich wollte, dass sie ihn irgendwann mögen würde.
„Ja und? Du wirst mich immer lieben, versteh das doch endlich! Was willst du schon mit so einem langweiligen Menschen?“ Für einen Moment kamen Selbstzweifel in mir hoch. War es richtig gewesen? Wenn ich Laureen hier so selbstsicher vor mir stehen sah, kamen starke Zweifel in mir auf. War es wirklich richtig gewesen ihm eine zweite Chance zu geben?
„Du spinnst doch”, schrie er sie empört an und küsste mich. Ich spürte wie mein Gesicht warm wurde und ich bereits wohl schon wie eine knallrote Tomate neben ihm stand. Nicht dass sein Kuss mir peinlich war, aber vor meiner Mutter, vor Tom?
Meine Zweifel waren ein für alle Mal verschwunden, als ich Laureen´s eifersüchtige Blicke erhaschte. Warum sollte er jetzt noch so tun? Wenn er mich nicht mögen würde?
„Es ist besser wenn ihr jetzt geht.“
„Bitte, wir wissen nicht wo wir sonst hin sollen“, fing ich an, doch meinen weiteren Gedankengang verschwieg ich, als ich ihren genervten Blick und das Augenrollen sah.
„Sorry ich kann mit so lächerlichen Heulsusen, wie euch nichts anfangen. Macht das ihr hier verschwindet!“
„Na na na Schwesterherz, das sind unsere Gäste“, meldete sich plötzlich ein braunhaariges Mädchen neben mir zu Wort. Stirnrunzelnd drehte ich den Kopf zu ihr und starrte sie verwundert an. Wie war sie hier her gekommen? Und wie viel hatte sie von all dem mitbekommen?
„Halt die Klappe Melonie.“
„Es tut mir leid, dass meine Schwester sich mal wieder nicht im Griff hat. Kann ich euch irgendwie behilflich sein?“ Schwester? Niemals! Niemals konnten das Geschwister sein. Wenn ich an Laureen´s ruppige und eifersüchtige Art dachte. An ihre langen, wallenden, blonden Haare und an das perfekt geschminkte Gesicht.
Melonie´s blaue Augen blitzten einem freundlich entgegen. Trotzdem rief ihr ganzes Erscheinungsbild Autorität hervor. Sie hatte kurze, gewellte Haare und genauso wie Leandro, süße, kleine Sommersprossen im Gesicht. Schon in den ersten Minuten mir ihr könnte ich mir vorstellen, dass sie irgendwann mal etwas leiten würde.
„Melonie bin ich froh dich zu treffen, können wir für ein paar Nächte hier bleiben? Nur bis alles Nötige erledigt ist?“
„Natürlich, du weißt dass du hier immer willkommen bist, allerdings wird es mit der Zimmerbelegung wohl etwas knapp werden. Vor einem Tag sind die ersten Hexenkinder bei uns angekommen.“
„Was habt ihr denn mit den Hexen am Hut?“, fragte Leandro verblüfft und ließ meine Hand los. „Nicht viel, aber du weißt ja, dass wir die Tränke von ihnen bekommen und als Ausgleich dazu, nehmen wir jetzt immer in gewissen Abständen Klassen auf, um ihnen für eine Woche so viel wie möglich über uns beizubringen. Sozusagen Learning by doing.“ Bevor Leandro auch nur über eine Antwort nachdenken konnte, sprudelten aus meiner Mutter die ersten fatalen Worte heraus.
„Wo bin ich hier eigentlich gelandet? Ihr nehmt das ganz schön ernst mit diesem übernatürlichen Zeug oder?“
„Mum!“, stieß ich erschrocken hervor und versuchte bei Melonie mit unterwürfigen Blicken um Vergebung zu betteln. Ich wollte es mir mit ihr nicht verscherzen, immerhin konnte sie bestimmen, ob wir hier wohnen bleiben dürften. Außerdem fing ich schon jetzt an sie zu mögen.
„Ist schon gut Alex. Du warst auch so.“ Nachdenklich wandte ich meine Blicke von ihr ab. Natürlich hatte sie Recht, aber ich bekam das ungute Gefühl, dass Mum´s Aussage die richtige Vorlage für Laureen war.
„Übernatürliches Zeug? Sag mal spinnst du?“, rief Laureen empört und kam mit bebenden Schritten auf sie zugelaufen. Ihre Haare waren dunkelrot, fast schwarz geworden und ließen meine Mutter staunen.
„Sag mal wie redest du mit mir?“, fragte sie trotzdem erschrocken und schüttelte ungläubig den Kopf.
„Mum, hör auf!“
„Wurde dir nicht beigebracht Respekt zu haben?“
„Wie bitte? Das ist eine Frechheit. Sieh dir das an Melonie! Und so etwas willst du bei uns zu wohnen haben?“
„Laureen, sie ist ein Mensch. Sie wird uns noch zu achten wissen.“
„Ein Mensch? Natürlich bin ich ein Mensch und meine Kinder sind es auch. Keine Ahnung was in euren kleinen, verwirrten Köpfen vor sich geht, aber ihr seid auch nur Menschen.“ Das hatte gesessen, rasend vor Wut eilte Laureen auf sie zu und machte prompt vor ihr wieder stopp. Hatte ich nicht erwähnt, dass meine Mum das Übernatürliche nur für albernen Humbug hielt?
Ich schaute zu Melonie, die in Erwägung zu ziehen schien, meiner Mutter ebenfalls eine Ansage zu machen. Ein schwaches Rot ließ sich in ihren Augen nieder und das nervöse Zucken ihrer Finger verriet, dass sie ganz und gar nicht abgeneigt davon gewesen wäre.
„Wir verkörpern die Perfektion und dazu gehören unsere Fähigkeiten und besonderen Interessen.“ Laureen´s dumpfe Stimme hallte das klare Wasser entlang und schien bei meiner Mutter Eindruck zu hinterlassen.
Ihre aufrechte Haltung war verschwunden und anstatt ihrer stand sie nun ganz klein vor Laureen und schaute ihr entschuldigend entgegen.
„Oder willst du behaupten wir hätten nichts Magisches an uns?“ Meiner Mutter blieb nichts anderes übrig, als den Kopf zu schütteln. Noch bevor sie antworten konnte, begann sich Laureen mächtig ins Zeug zu legen. Mit einer Leichtigkeit warf sie rosa Funken in die Luft, die sich kurz danach eng an meine Mutter schmiegten. Sanft hüllten sie sie immer weiter ein, bis sie schließlich genug waren, um meine Mutter ein Stück weit in die Luft zu befördern. Ich war ja erstaunt, dass sie nicht übertrieb und sie viel zu weit in die Luft beförderte.
Vielleicht lag es an Melonie, die Laureen anscheinend gut im Griff hatte. Meiner Mutter war nicht ganz wohl bei dem Gedanken daran, sich gerade unweigerlich in der Luft zu befinden. Doch tapfer ließ sie alles über sich ergehen, bis Laureen sie schließlich wieder unversehrt auf den Boden zurück brachte. Doch mit ein wenig zu viel Schwung, sodass meine Mum in den Schlamm fiel. Leandro und ich wagten es nicht, unsere Einwände kund zu tun. Innerlich hoffte ich auf Melonie, die schon wissen würde, wie sie Laureen unter Kontrolle bekommen könnte.
„Ich denke das ist genug für heute, bringen wir sie erst einmal auf´s Zimmer“, schlug Melonie vor und machte eine einladende Bewegung zu sich hin. Bestätigend nickte ich meiner Mutter zu, woraufhin sie mit Tom an der Hand auf Melonie zu lief.
„Alex und ich müssen noch etwas erledigen, bringt ihr sie ohne uns unter?“, fragte Leandro vorsichtig und lief ebenfalls auf Melonie zu.
„Ich will mich nicht überall einmischen, aber was müsst ihr noch erledigen? Du weißt dass es hier am sichersten ist.“
„Es gibt keinen Grund mehr sich vor der Welt da Draußen zu verstecken. Er ist tot.“
„Wer?“, fragte Melonie unsicher, doch das Glitzern in ihren Augen verriet, dass sie die eigentliche Antwort schon längst wusste und sich nach ihr sehnte.
„Der Graf. Alex und ich...“
„Ha, dass ich nicht lache. Du willst uns doch wohl nicht erzählen, dass Bohnenstange und du den Grafen getötet habt? Das haben nicht einmal ein Haufen von tapferen Kriegern
geschafft!“, unterbrach ihn Laureen lachend und lief auf die anderen zu, um das Gespräch besser verfolgen zu können. Ich überlegte ob ich mich überhaupt einmischen sollte, aber ihre nervige Art ging mir so auf die Nerven, dass ich nicht anders konnte.
„Ich habe einen Namen und wenn du zu blöd bist ihn dir zu merken, dann sprichst du am besten gar nicht mit mir“, verkündete ich selbstsicher und lief ebenfalls auf den sich bereits um Melonie gestellten Haufen zu, damit ich nicht das Gefühl bekam ausgeschlossen zu werden.
„Ich habe ja auch nicht mit dir, sondern über dich geredet.“
„Du... du kannst mich mal...“, stotterte ich, doch bevor ich meine glamourösen Worte zu Ende sprechen konnte, zog mich Melonie vorsichtig zu sich und flüsterte beruhigende Worte in mein Ohr. Auch wenn ich es vielleicht hätte tun sollen, gab ich mir keine Mühe mein Grinsen vor Laureen zu verstecken. Sollte sie ruhig sehen, dass mich ihre Worte nicht im Geringsten berührten. Warum sollten sie auch? Ich hatte alles was sie je wollte.
„Laureen ob du es glaubst oder nicht, der Graf ist tot und es ist unser Verdienst. Ich weiß nicht was es war, aber irgendetwas an Alex schien ihn in den Bann gezogen zu haben. Fasziniert von ihr und damit völlig unaufmerksam, forderte er sie zu einem Deal auf der seine ganze Konzentration forderte und mir damit die beste Chance gab, ihn zur Strecke zu bringen“, sagte er stolz und stellte sich mit Händen in den Hüften gestützt, aufrecht hin. Leandro machte auf mich den Eindruck, als wäre er nervös, wenn er mit Melonie sprach. Er wählte seine Worte ganz bedacht und versuchte bei jeder Gelegenheit Eindruck bei ihr zu schinden. War sie vielleicht jemand besonderes? Jemand den ich achten sollte?
„Hast du Beweise?“, fragte nun auch Melonie zweifelnd und mit hochgezogener Augenbraue. Nachdenkliche Falten legten, sich auf Melonies perfekte Haut. Er zögerte nicht lange bis er in seine Hosentasche griff und dort nach den Amuletten suchte. Sein Lächeln wurde breiter, als er das Richtige zu greifen bekam und es baumelnd in die Höhe hielt. Fasziniert starrten beide Panuleta Mädchen das Ding an und begannen ihre Hände danach auszustrecken.
„Vergiss es Laureen!“ Melonie schlug die Hand ihrer Schwester weg und griff nach dem Amulett. Mit großen Augen und offenen Mund band sie sich es um und schaute schließlich Leandro dankend entgegen.
„Das andere habt ihr nicht gefunden?“, mischte sich Laureen kleinlaut ein und warf nun ihrer Schwester eifersüchtige Blicke zu. Er machte sich nicht einmal die Mühe ihr mit Worten zu antworten, stattdessen schüttelte er leicht den Kopf und warf mir verstohlene Blicke zu. Es wunderte mich warum er sie anlog, zumal er Melonie vergötterte, aber natürlich hielt ich meinen Mund.