Gedankenverloren ging der junge Zwerg auf und ab, fuhr dabei immer wieder durch seinen Bart, machte auf dem Absatz kehrt und wiederholte das Spiel. Die Nachdenklichkeit des jungen Prinzen war auch den anderen Bewohnern des Ered Luin nicht entgangen und so sah sich der nur um wenige Jahre ältere der beiden Brüder nach wenigen Tagen gezwungen, das Gespräch mit dem jüngeren zu suchen. Denn das Kampftraining machte um einiges weniger Spass, wenn Kíli bereits nach kaum zwei Minuten auf dem Rücken lag.
„Was ist los Bruder?“, fragte er deswegen gerade heraus, kaum war die massive Holztür hinter ihm zugefallen. „Nichts“, murmelte der Angesprochene und ging ungebremst weiter auf und ab, zumindest bis Fíli sich ihm in den Weg stellte und seine Hände auf dessen Schultern legte, damit er nicht weitergehen konnte. „Wegen nichts läuft man keine Löcher in den Boden. Sogar Mutter macht sich schon Gedanken und wenn du so weiter machst, wird sie das Gespräch mit dir suchen. Ist das dein Ziel?“ Der jüngere der beiden Zwerge schluckte, um Himmels Willen, nur keine Gespräche mit ihrer Mutter… Nicht, dass er etwas gegen seine Mutter gehabt hätte, im Gegenteil. Doch wenn Dís einmal Bedarf zum Reden sah, war sie kaum noch abzuschütteln. „Nein“, murmelte er deswegen schlechtgelaunt und entschied, dass es wohl das kleinere Übel war mit seinem Bruder darüber zu sprechen.
„Du kennst doch Lorena…“ Die Augen seines Bruders begannen zu leuchten. „Du meinst die ohne Bart mit den grossen…“ Er biss sich auf die Zunge, da sein kleiner Bruder gerade einen Blick aufsetzte, der Thorins „Halt jetzt lieber die Klappe oder du wirst es noch bereuen“ Blick ziemlich nahe kam. „Wo liegt das Problem?“, fragte er deswegen wieder etwas ernster, brachte das Bild der schönen jungen Zwergin aber nicht mehr aus seinem Kopf. „Sie hat gesagt sie will sich mit mir treffen und ich glaube nicht, dass sie reden will.“ Kíli errötete und schien den Boden auf einmal sehr interessant zu finden, während sein älterer Bruder wieder grinste. „Und wo liegt das Problem? Sie will eben ein bisschen Spass haben und jeder weiss, dass du ihr schon seit Ewigkeiten hinterherschaust“ Wie jeder andere Zwerg in diesem Berg auch, fügte er für sich in Gedanken hinzu. „Ja, das weiss ich. Es ist nur… Ich weiss nicht wie ich… Also ich meine, ich weiss schon wie, aber ich hab‘ noch nicht…“ Fílis Lachen verstummte und machte einem ungläubigen Blick Platz. „Du bist noch Jungfrau?!“ Er biss sich so lange auf die Zunge bis er Blut schmecken konnte, nur damit er nicht wieder in Gelächter ausbrach. Man konnte es ja durchaus rühmlich nennen, dass sein kleiner Bruder – im Gegensatz zu ihm – nicht besonders vielen Frauen hinterherschaute und sich auch eher zurückhielt, aber eigentlich hatte er geglaubt, dass Kíli doch schon die eine oder andere Erfahrung gemacht hatte. Der junge Zwerg war mittlerweile beinahe so rot wie eine überreife Tomate und Fíli sah, dass nun wirklich brüderlicher Rat benötigt wurde und war ziemlich froh, dass er ihn vor ihrer Mutter darauf angesprochen hatte.
Obwohl ein Gespräch zwischen den beiden sicherlich auch mehr als amüsant gewesen wäre. Natürlich musste er nicht bei den Grundlagen anfangen, diesen Part hatte Thorin bei einem äusserst unangenehmen Gespräch bereits erledigt, doch er versuchte seinem Bruder zu erklären, was er bei Frauen genau beachten musste. Kíli hörte ihm aufmerksam zu, man konnte seine Gedanken beinahe rattern hören und als er seinem Bruder alles mitgeteilt hatte, was er für wichtig hielt, verzog er sich nach draussen um seinen ebenfalls etwas erhitzten Kopf abkühlen zu lassen.
Später am selben Abend sassen sie gemeinsam beim Abendessen und Dís sah sich um. „Fíli, hast du deinen Bruder irgendwo gesehen?“ Der angesprochene verschluckte sich an seiner Suppe und nutzte den kurzen Hustenanfall um eine passende Ausrede zu suchen, er hatte seinen Bruder seit ihrem Gespräch zwar ebenfalls nicht mehr gesehen, konnte sich aber durchaus vorstellen, was dieser im Moment gerade tat. „Er wollte noch ein bisschen Dampf ablassen.“ Es war ja nicht einmal wirklich gelogen, wie Fíli nach kurzem Überlegen feststellte, allerdings spürte er Thorins bohrenden Blick, der Zwerg schien zu ahnen, dass mehr dahintersteckte, schien allerdings nicht zu wissen was genau. Erst als Kíli sich ein paar Minuten später an den Tisch setzte fing Thorin an verschmitzt zu grinsen, Dís warf ihrem Sohn einen ungläubigen Blick zu und Fíli fiel ein, was er seinem Bruder vielleicht noch hätte sagen sollen… Bevor man das Schlafzimmer verliess immer schön in den Spiegel schauen, andernfalls übersah man nämlich gewisse Dinge, zum Beispiel den nicht unbedingt dezenten Knutschfleck an seinem Hals. Als Kíli dieses Malheur auffiel war es jedoch bereits viel zu spät und der junge Zwerg wäre am liebsten im Erdboden versunken.
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Es handelt sich hierbei um eine ältere Geschichte meinerseits aus dem Jahr 2014. Ich wollte sie nun aber trotzdem mit euch teilen und hoffe, den einen oder anderen zum Schmunzeln gebracht zu haben.