Weasley hatte lange geredet. Seltsam, dachte er, wie gut Draco zu hören kann. Das tat er tatsächlich. Malfoy unterbrach Weasley nur bei Verständnisfragen, fasste ab und zu zusammen und zeigte überraschend viel Empathie. Es war nicht die erste Samhainnacht gewesen. Hermine konnte tun, was immer ihr beliebte. Ron konnte tun, was immer ihm beliebte. Anders hatte ihre Liebe im Schwarzen Schloss kaum eine Überlebenschance. Beide wussten es von Anfang an. Trotzdem tat es ihm weh, dass sie ausgerechnet Krum ausgesucht hatte.
Er hasste den Quidditchspieler mittlerweile. Am liebsten wäre er in Mines Zimmer gestürmt und hätte Krum in die nächste Woche gehext. Leider verstand Hermine bei solchen Aktionen keinen Spaß. Malfoy begriff Weasleys Zwiespalt sofort. In einer offenen Beziehung konnte man nicht plötzlich eifersüchtig werden, ohne sich lächerlich zu machen. Die Lösung musste wo anders liegen. Draußen prasselte der Novemberregen gegen die Scheiben. Malfoy war zu klug, um sich in die Beziehung der engsten Vertrauten seines Herrn einzumischen. Allerdings konnte er Weasley einen kleinen Stups geben.
Eine Hauselfe brachte das bestellte Frühstück und sofort stand da ein kleiner Tisch mit Stühlen. Erstaunlicherweise hatte sich der Tisch unterschiedlich gedeckt. Auf der einen Seite erschien zartes weißes Porzellan, auf der anderem rotgebrannter Ton. Draco konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Diese Magie beeindruckte ihn außerordentlich. „Ich denke, nach dem Frühstück ist es Zeit für Quidditch.“, meinte er lakonisch, während er sich ein Croissant mit Butter bestrich.
Ron sah ihn ungläubig an: „Es regnet draußen wie verrückt und windig ist es auch. Das ist wirklich kein Wetter für Quidditch.“ Draco grinste den Herrn der Schattenjäger an, wie eine Katze, die gerade einen Kanarienvogel fraß. „Oben bei den Ringen ist es noch ungemütlicher. Aber einen Profi sollte das Wetter nicht am Training hindern. Es ist wichtig bei jeder Witterung in Topform zu sein, oder? Soweit ich verstanden habe, erwartet Lord Potter den Pokal.“ Ron begriff sofort, worauf Malfoy hinaus wollte. „Du hast recht. Der Dunkle Herr hat sehr viel Geld für Equipment und Mannschaft ausgegeben. Die Mannschaft muss bei jedem Wetter siegen.“ Lord Weasley läutete nach dem Hauself: „Mr. Malfoy und ich erwarten Mr. Krum in fünfzehn Minuten auf dem Quidditchfeld. Ich möchte sehen, wieweit sein Trainingsfortschritt ist. Seine Lordschaft wird vermutlich später dazu kommen. Sollte Lady Granger noch schlafen, achte darauf, dass sie nicht gestört wird.“ Poody verbeugte sich und disapparierte umgehend.
Der Raum der Wünsche sorgte für warme Umhänge mit Kapuzen und Handschuhe. Sie zogen sich an. Bei Hinausgehen dachte Ron, dass Malfoy wirklich eine gute Idee hatte. Er konnte Krum in seine Schranken weisen, ohne sich mit Hermine anzulegen.
Remus Lupin versuchte seine Aufregung in den Griff zu bekommen. Dobby hatte sich gut um die kleine Familie gekümmert. Der Dunkle Herr empfing Remus in einem beinahe intimen Raum. Es handelte sich, um Ginnys Arbeitszimmer. Hell und freundlich eingerichtet mit einem Sekretär Lady Weasley begleitete Lord Potter. Der Werwolf staunte immer wieder, wie schön die junge Frau geworden war. Sie umarmte ihn zur Begrüßung. Seine Hände schwitzten und sein Puls beschleunigte sich. „Setz´ Dich, Remus. Hermine hat mich informiert, dass Du das Dunkle Mal annehmen willst? Ich bin zugegebenermaßen überrascht.“
Lord Potter hatte keine Lust auf Höflichkeiten. Nach einem gemütlichen Frühstück mit Ginny, hatte ihm Dobby eine handgeschriebene Nachricht von Hermine überreicht. Sie hatte ihm mitgeteilt, dass Remus und Tonks gekommen waren. Mine schlief allerdings noch. Nun ja – immerhin hatten sie gestern Samhain gefeiert. Lupin deutete eine Verbeugung an: „Mylord.“ Er hasste es Harry so zu nennen. Er konnte sich einfach nicht daran gewöhnen. „Das Konkordat ist seit heute Nacht ausgesetzt. Wir wollen auf einer Seite stehen.“
Ginny schwieg. Sie wollte fair zu Remus sein, aber auch Harry auf keinen Fall illoyal gegenüber sein. Potter fing ihren Blick auf. Es amüsierte ihn, ihren Zwiespalt zu erleben. „Das Konkordat wurde nicht ausgesetzt. Gestern Nachmittag haben beide Seiten einen Durchbruch erzielt. Es gibt sogar einen neuen Minister.“ Wenn es auf Dauer etwas geändert hätte, wäre Lupin gegangen. Den Sohn seines besten Freundes so zu sehen, war eine Herausforderung. Lächelnd saß er da und strahlte die Dunkelheit selbst aus. Was Krone wohl sagen würde oder Lily?
Er dachte an seine Frau und seinen kleinen Sohn. Nach dem Konkordat unterlag er ohnehin Potters Macht. Er gewann Sicherheit, wenn Potter ihn akzeptierte, und verlor seine Freiheit. Ein klassisches Dilemma - Freiheit versus Sicherheit. „Du brauchst das Mal nicht anzunehmen. Du gehörst mir ohnehin. Es ist Dein Sein, was Dich zu meinem Eigentum macht.“ Potter sagte die Wahrheit. Remus war ein Werwolf, die Öffentlichkeit hasste ihn deshalb. Ein seiner Natur entsprechend dunkles Wesen. Er sprach aus, was alle am Tisch wussten: „Das Konkordat beschützt uns nicht.“ Potter warnte Ginny wortlos, dann sagte er kühl: „Es wird keinen weiteren Fall Rubeaus Hagrid geben – falls Du darauf spekulierst. Aber Du kannst das Mal haben.“ Lupin nickte zustimmend: „Ich spekuliere nicht auf die Hagrid-Lösung. Ich will nur meine Familie beschützen - wie jeder Mann in diesem Land.“
Sie strich sich verlegen eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Dass Harry über Hagrid sprach, verunsicherte sie etwas. Er hatte es nie angemerkt, aber natürlich hatte er es damals durchschaut. „Hagrid spielt hier keine Rolle. Wir reden mit Remus.“ Ihre Stimme klang fest und klar. „Ich werde für ihn bürgen, Mylord.“ Potter lächelte erfreut. Sie nannte ihn nur in sehr seltenen Fällen: „Mylord.“ Es erregte ihn seltsamer Weise. Bei ihr erregte es ihn, noch mehr als bei Draco. Ginny bürgte für ihn, dachte Remus. Er versuchte zu verstehen, was es bedeutete. Sie nannte Potter ihren Herrn. So etwas hatte der Werwolf noch nie gehört. Potter musterte seine Verlobte, wie ein Raubtier seine Beute. „Du zahlst den Preis, wenn Remus versagt, Ginevra? Warum sollte ich das akzeptieren, Prinzessin?“ Sie kannte ihn genug, um seine Spielchen zu beherrschen. „Weil ich Dich darum bitte und den Preis akzeptiere. Weil ich ein Date mit Harry Potter hatte - dem Champion von Hogwarts.“
Remus versuchte nicht mehr zu verstehen, worüber die beiden sprachen. „Du hattest ein Date mit dem Champion aus Hogwarts. – gutes Argument. Hast Du heute Abend ein Date mit dem Dunklen Herrn?“ Flirtete Potter mit dem Mädchen? Buhlte er um ihre Gunst? Der Dunkle Lord flirtete mit seiner Verlobten – warum? Remus kam sich vor, wie ein unfreiwilliger Zuschauer einer sehr privaten Situation. „Mit Lord Potter? Warum nicht? Ich bin um acht fertig.“ „Also gut, Ginny. Um acht Uhr. Der Dunkle Herr schickt Dir eine Kutsche.“ Potter schien seine Entscheidung getroffen zu haben: „Wenn Du sicher bist, Remus. Dann soll es so sein.“ Es erstaunte ihn, dass Remus den Schmerz standhielt, ohne zu schreien. Die meisten brüllten irgendwann, wen er ihnen das Mal gab. Remus Lupin hielt stand.