Weiße Nebelschwaden ziehen über die Hamburger Hafencity, meine Finger berühren den Frost der auf dem Geländer am Kai liegt. Langsam ziehe ich den Finger darüber hinweg und beobachte wie der Frost unter meinen Fingern schmilzt. Um 3:47 morgens sind erwartungsgemäß kaum Menschen unterwegs. Lediglich oben auf der Straße und unten auf den Kais, dort tummeln sich einige Arbeiter. Ich spüre die Kälte und öffne den obersten Knopf meiner Jacke, Kälte zu spüren ist für mich ebenso angenehm wie in ein warmes Haus zurückzukommen. Ich gehe ein paar Schritte und verlasse dann den Kai, steige die Treppe hinauf und gehe zurück über die Straße. Da ist es wieder. Ein Gefühl von Ratlosigkeit kommt in mir auf, ich vergesse den Sinn meines Daseins und schweife gedanklich von der Realität ab. Das Gefühl von Glück zu verspüren, das wünsche ich mir schon lange, ich stelle Glück nicht in Abhängigkeit von Erfolg oder Gesundheit und ähnlichem. Ich habe alles erreicht was ich wollte. Dennoch bin ich nicht glücklich. Wie wird man wirklich glücklich frage ich mich grade als ich beobachte wie zwei Männer mit Einkaufstüten von dem 24 Stundenstore gegenüber die Straße entlanglaufen. Die nächsten zehn Minuten kommt niemand mehr, dann jedoch ein Pärchen. Ich präge mir die Gesichter ein, sie scheinen tatsächlich glücklich zu sein. Ich spüre wie meine Zehen steif gefrieren und laufe weiter, an dem Paar vorbei. Trotz der Musik aus meinen InEarKopfhörern dröhnt, kann ich ihre Gesichter nicht vergessen, ihre Mimik, ihre Körperhaltung, wie sich ihre Oberkörper sich beim Laufen unbemerkt einander zuneigen, ihre verschränkten Hände. Ich nehme ein Taxi und fahre zum Hauptbahnhof. Ich sitze dort ohne in einen Zug einzusteigen, hier sind viele Menschen, sie hetzen an mir vorbei, schlanke circa. 30 Jahre alte Männer im Anzug und Laptoptasche, einige Frauen im gleichen Alter mit Koffern, großen Schals und dem Ebook in ihrer Hand, rastlose Gestalten mit Kapuzen auf dem Kopf, Obdachlose, einige davon mit Bierdosen welche sich sichtbar durch die ausgeleierten Taschen abzeichenen. Ich sitze immer noch dort, spüre das kalte Metall unter mir, der Zug fährt los und vor meinen Augen verschwimmt alles. Verwundert fahre ich mir mit der Hand über das Gesicht bis ich die warmen Tränen spüren, die ihren Weg über meine Wangen finden. Ich schließe die Augen und versuche all das auszusperren, es gelingt mir trotzdem nicht. Ich steige dann in den nächsten Zug und fahre nach Hause. Wieder verschwimmt die Landschaft vor meinen Augen und nicht wegen der Geschwindigkeit, sondern erneut wegen die Tränen in meinen Augen.
Manchmal weint man einfach.
Einfach so.