Einsamkeit. Wenn man sich einmal daran gewöhnt hatte, Freunde zu haben, war sie umso schlimmer. Früher hatte Phoebe geglaubt, alleine wäre sie glücklich.
Jetzt konnte sie nur an Nadja denken. An das blasse Gesicht, dass man fort trug, an die kalten Hände, die man ihr entriss.
Nadja. Phoebe saß stunden- und tagelang nur wahllos in irgendwelchen Zügen, ohne sich wirklich zu entfernen. Sie blieb bei der kleinen Stadt nah der Grenze, wo sie Nadja verloren hatte. Ziellos. Antriebslos.
Einsam.
Es war so schlimm wie nach Cats Tod. Nur, dass sie jetzt nicht mehr an ein gutes Ende glauben wollte. Wenn sie am Bahnsteig stand, wurden die Schienen unten immer verlockender. Sie schienen nach ihr zu rufen, mit leisen, flüsternden, sanften Stimmen.
„Komm her“, lockte die Tiefe: „Ich befreie dich von den Tränen. Komm und vertrau mir. Ich werde deine neue Freundin.“
Phoebe tat es nicht. Sie wusste, dass Nadja dann enttäuscht wäre. Sie würde kämpfen, bis der Hunger sie tötete. Das ganze Geld hatte sie verloren. Genauso wie Nadja.
Es war ihr egal. Sie fühlte nichts mehr. Die Kälte fraß sich in ihr Herz.
Ihre letzten Worte zu Nadja hatte sie nicht nur so gesagt. Sie hatte es so gemeint. Sie liebte diese Frau.
Und das wurde ihr natürlich zu spät klar. Denn genau hiervor hatte Phoebe Angst gehabt.
Vor dem Verlust. Vor den Schmerzen, die sie nicht besiegen konnte. Ihre Hüfte, das war etwas anderes. Sie humpelte ein wenig und fühlte sich lebendig.
Aber mit den anderen Schmerzen fühlte sie sich tot.
Sie hatte versagt. Hatte ihre Freundin verloren. Auf sie wartete nichts mehr in diesem Leben, keine Weltreise, keine Liebe, kein Lachen.
Nur der Tod.