Josef lenkte seinen Wagen die paar Kilometer nach Hause. Diese Sonja hatte was! Und wie! Er hatte schon lange kein so intensives Verlangen mehr gespürt. Diese Sonja hatte etwas an sich, das in der Lage war, das Tier in ihm zu wecken. Er hatte noch nie eine dermaßen erotische Begegnung gehabt. Aber da war etwas, das ihn wirklich an seine Grenzen führte. Er hätte sich beinahe Hals über Kopf verliebt in diese hübsche zutrauliche Person. Er hatte sich einen Moment lang schon am Ziel seiner Träume gewähnt, bis... ja bis Sonja ihn unmissverständlich zum Objekt ihrer Begierde gemacht hatte. Dass er in Wirklichkeit nicht anders gefühlt hatte... verdrängte sein Stolz völlig! Er war nicht in der Lage, zu erkennen, dass es echte Gefühle, und nicht nur sexuelle Begierde waren, was Mantodea ihm hier entgegengebracht hätte und es war plötzlich Misstrauen, dass ihn beschlichen hatte! Dabei hatte sie das erste Mal wirklich etwas empfunden! Etwas, das sie genau in diesem Fall nicht brauchen konnte, das die Nähe dieses Mannes aber für sie unglaublich erstrebenswert machte. Sie hatte sich verliebt...
Christina alias Sonja übte sich darin, ihre wahren Gefühle zu verdrängen. Sie hatte einen Auftrag zu erfüllen und sie würde das mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerkes durchziehen! Aber sicher doch! Sie war die konsequenteste aller Auftragsmörder! Sie war Mantodea, die Gottesanbeterin. Niemand würde ihr je das Wasser reichen können! Niemand!
Christina hatte noch nie auch nur den geringsten Gewissensbiss empfunden, im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit... aber Josef zu eliminieren...
Teufel, was war denn nur los mit ihr? Was waren das für unnötige, kranke Gedankengänge. Er war die Zielperson und außerdem... außerdem: Was war denn so besonders an ihm, dass sie sich so zu ihm hingezogen fühlte? Gut er war groß, athletisch, gut aussehend... Aber er hatte was, das sie nicht einmal benennen konnte, verdammt! Das kann doch nicht wahr sein! Nie hatte sie ein ausgewähltes Opfer bedauert oder auch nur im geringsten gezaudert! Allein der Gedanke daran war vollkommen undenkbar. Sie hatte den Auftrag angenommen und basta!
Josef freute sich darauf, einen Abend mit ihr zu verbringen, egal wie weit sie gehen würde. Einerseits hatte er große Lust auf ein sexuelles Abenteuer, andererseits wünschte er sich fast, sie würde sich ein wenig reservierter geben, bei ihrem Rendezvous. Er hätte so gerne das Gefühl gehabt, sie hätte sich in ihn verliebt und wäre an ihm als vollwertigen Partner interessiert und nicht als Abenteuer. Er war sich einfach nicht sicher...
Christina war sich mittlerweile sicher, dass es nicht das Abenteuer war, das sie an Josef Brantner so reizte. Im Gegenteil: Sie hatte "Schmetterlinge im Bauch" Immer wieder sah sie sein besorgtes Gesicht vor sich. Sie hatte den Schwächeanfall perfekt gespielt... und sie hatte es genossen, wie einfühlsam, ja beinahe zärtlich, er sie aufgerichtet und gehalten hatte. Nie hätte sie damit gerechnet, einmal solche Gefühle zu spüren. Gefühle, die eigentlich schön gewesen wären...