Sie erwachten in Zwielicht flackerender Fackeln. Man hatte sie getreten und geschlagen, beleidigt und gedemütigt. Es war gegen das Gesetz, aber scheinbar interessierte es niemanden. Irgendjemand hatte sie an den Händen und Füssen magisch gefesselt. Sie konnten sich nicht bewegen. George blutete etwas am rechten Bein. „Fred, bist Du wach?“, fragte er leise. „Nö, ich bin ohnmächtig.“, gab der andere zurück. Sie hatten wirklich unerschütterlichen Humor.
George gluckste. „Was meinst Du, wer ist zu erst wieder da? Unsere Folterer oder Potters Leute?“ Fred meinte sarkastisch: „Unsere Leute sind doch die Folterer oder habe ich etwas falsch verstanden? Potter ist der Böse, oder so ähnlich.“ George biß die Zähne zusammen. Seine Rippen schmerzten scheußlich. Vielleicht hatte man ihm eine gebrochen.
„Meinst Du wirklich, Potter schickt jemanden los?“, fragte er mit so wenig wie möglicher Angst. „Ginny klimpert mit ihren Wimpern und der Dunkle Herr springt – hoffe ich zumindest.“, flachste sein Zwilling. „Ich denke, sie pennt nicht mal mit ihm?“ Sie kicherten kurz. Dann hörte George seinen Bruder scharf einatmen. „Hast Du Schmerzen, Darling?“ Fred kämpfte mit einem Schmerzanfall: „Nein, Du sollst Dir nur Sorgen machen.“ George war gerade nicht nach Scherzen: „Vielleicht kommen auch Ron und Mine.“
Ginny fand im Schloss keine Ruhe. Auch Hermine war nicht bereit, einfach auf die Männer zu warten. Sie hatte immer gekämpft. Das Gespräch mit Moody war gut gelaufen, er würde die Suche nach Fred und George sofort anordnen und selbst daran teilnehmen. „Mine, ist mir egal, was Harry meint. Ich suche selbst nach den Zwillingen.“ Hermine schnappte sich ihren Zauberstab und einen festen Umhang. „Okay. Ich bin dabei. Wo fangen wir an?“ Die Frage war gut und Ginny hatte keine Antwort. Hermine dachte nach. „Shacklebolt hat dieses Haus in den Highlands. Dort könnten sie sein.“
Valentin unterbrach die Damen sehr energisch: „Myladys, Lord Potter wünscht, dass Ihr hier bleibt. Er wird diese Information sofort erhalten.“ Mine rollte mit den Augen. „Valentin, es steht Dir nicht zu uns aufzuhalten.“, stellte Ginny sicher. „Lady Weasley, bitte. Seine Lordschaft hat einen klaren Befehl gegeben.“ Er konnte sie nicht gehen lassen. Potter würde toben, wenn sie sich in Gefahr begaben.
Die Informationen erreichten den Dunklen Herrn umgehend. Draco sah sich nur kurz im Grimmauldplatz um. Überall waren diverse magische Waffen. Verzauberte Schwerter und Dolche hing an den Wänden neben magischen Präzisionsbögen. Dazu kam eine beeindruckende Sammlung unterschiedlichster Zauberstäbe verschiedener magischer Disziplinen. Potter warf ihm einen sehr schmalen und feinen Teakholzzauberstab aus zwergischer Herstellung zu. „Probier´ den mal aus. Er dürfte Dir gehorchen. Das ist Teakholz mit einem Kern aus Meteoritenmetall und einem Nukleus aus Feenessenz“
Malfoy widersprach: „Ich habe einen Zauberstab.“ Potter hatte keine Zeit zu diskutieren. „Du tust, was ich sage. Schwing´ ihn schon.“ Draco wirkte einen sanften Zauber. Der Stab gehorchte perfekt. Er verstärkte Malfoys Magie um ein Vielfaches. „Cooles Teil.“, gab er zu.
Snape nahm sich eine Karte, auf der mögliche Orte eingezeichnet waren, wo sich die Zwillinge aufhalten könnten. „Lady Granger meint, Kingsleys Haus in den Highlands käme in Frage.“ Potter sah auf die Karte. „Was meinst Du, Ron?“ Weasley überblickte die Orte und zeichnete mit dem Zauberstab Linien darauf. „Klingt wahrscheinlich. Wo liegt es genau? Hat er einen Fidelius?“
„Den Fidelius lösen wir lässig. Ich hatte Zeit zur Forschung.“. Snape lächelte arrogant. Potter wollte nicht spielen. „Gut. Er wird eine magische Barriere haben. Darum kümmere ich mich selbst.“ Malfoy wunderte sich über die kühle Präzision der Absprachen. Die Todesser hatten oft chaotisch und unorganisiert gewirkt. Hier wusste jeder, was zu tun war. Ron ergriff einen rotschimmernden Bogen und einen Köcher mit tiefschwarzen Pfeilen. „Du kannst Bogenschießen?“, stellte Malfoy fasziniert fest. „Du nicht?“, gab Ron cool zurück. „Ron, bitte. Wir sollten nicht trödeln. Du kannst Malfoy später ärgern. Wobei Malfoy ärgern ist mein Vorrecht. Severus, haben wir Heiltränke dabei?“ Snape nickte: „Lord Weasley, hier das Pfeilgift.“ Sie apparierten in die Nähe des Hauses.
Potter wirkte einen mächtigen Illusionszauber. Sie verschwanden in der Dunkelheit, wie unter einem Tarnumhang. Der erste Wachposten fiel lautlos zu Boden. Rons Pfeil hatte ihn getroffen. Severus sprach eine mächtige Formel und zeichnete eine grüne Rune auf den Boden, währenddessen erledigte Ron einen weiteren Wachposten. Der Fidelius hielt stand. Potter verlor die Geduld. Er schnitt sich in die Hand und wirkte Blutmagie. Die Illusion des Schutzzaubers wurde aufgehoben. „Geht doch.“, meinte er mehr zu sich selbst.
Die Zwillinge dämmerten ein wenig vor sich hin. George versuchte auf verschiedenen Wegen Körperkontakt zu Fred zu bekommen. Es gelang ihm nicht. Er empfand Angst. Er hatte mörderische Angst, Fred zu verlieren. Die Folterer waren zu zurückgekehrt. Sie hatten sie wieder misshandelt und beleidigt. Sie würden sie töten. Fred und George begriffen, dass es nicht um sie ging. Es ging um Ron. Das hatte man ihnen vorgehalten.
Plötzlich war Lärm und Kampfgeräusche zu hören. Schreie, fallende Möbel und klirrendes Glas erweckten die Lebensgeister der Zwillinge. „Potter?“, krächzte Fred gerade. Da ging die Tür auf: „Es heißt Harry“, sagte der eben Erwähnte cool. Alastair Moody folgte ihm zusammen mit einigen vertrauenswürdigen Auroren und dem Rest. Ein Schwenk mit dem Zauberstab löste die Fesselung sofort. Ron war heilfroh seinen Geschwister lebendig, wenn auch verletzt wieder zu sehen. „Bringen wir sie erstmal hoch.“, sagte Snape vernünftig. „Harry, Du…hast…Dir…echt Zeit gelassen.“, keuchte George. Man brachte sie auf die Couch in einem Wohnzimmer. Snape gab den Zwillingen einige Heiltränke.
Alastair nahm den Dunklen Herrn zur Seite. „Du verlangst die Auslieferung der Leute hier inklusive Kingsley, nehme ich an.“ Potter fand eine Flasche mit Absinth in der Bar. Er nahm zwei Gläser und schenkte schweigend ein. „Es war ein guter Kampf.“, meinte er. „Ihr ward schon fast fertig, als wir ankamen.“, gab Moody zu. „Ich werde diejenigen hinrichten, die ich nicht gebrauchen kann. Der Rest sind meine Gefangenen.“
Sie stießen an und tranken. „Okay. Es entspricht dem Konkordat.“ Potter schüttelte sich: „Schlechter Stoff. Kingsley bezahlt dafür. Es sind meine künftigen Schwager, an denen er sich vergangen hat.“ Moody zuckte mit den Achseln. „Ich hätte ihn nicht für einen Idioten gehalten.“, meinte er und goß noch einmal ein. „Ich habe Dir bereits in der Neutralen Zone gesagt, das er einer ist. Gibt es Neuigkeiten aus Frankreich?“ Die Einrichtung hier passte zu einem Sommerhaus. „Einiges. Aber ich habe Hunger. Zu Hause warten Eier und Speck auf mich.“ Potter grinste plötzlich. „Wir sind hier in einem Sommerhaus. Lass uns die Küche plündern. Shacklebolt braucht den Kram nicht mehr.“