Paris empfing die Damen mit strahlendem Sonnenschein. Damit sie während ihrer Reise nichts missen mußten, hatten sie ein Muggel – Luxushotel , das Mandarin Oriental in der City, gebucht. An der Rezeption erwartete man die britischen Gäste bereits aufgeregt. Immerhin hatte eine Eule vor fast zwei Monaten eine Reservierung des Penthouses gebracht. Das Personal des Luxushotels war einiges gewöhnt, aber eine Reservierung per Eule, war schon etwas Besonderes. Wirklich ernst genommen hatte die Direktion die Buchung erst, als die Bezahlung vier Wochen im Voraus auf dem Konto des Hotels einging. Unbekannte Gäste, die das Penthouse für einen Monat beziehen wollten und im Voraus bezahlten, war wirklich ungewöhnlich.
Der schwere Rolls Royce hielt gemächlich vor den Haupteingang. Die Türen öffneten sich selbstständig. Zunächst stiegen die vier Schattenjäger aus, die der Portier mit Skepsis betrachtete. Sie paßten mit ihren Ledermänteln, mit ihren schwarzroten Stiefeln und dieser bösen Aura einfach nicht in den sonnigen Herbst von Paris. Pierre, so war sein Name, erinnerten diese Leute an eine Punkrockband. Es gab etwas sehr Beunruhigendes an diesen Männern. Der Anführer der Gruppe leckte sich in einem unbeobachteten Moment gierig über die Lippen. Heute Nacht würde er jagen gehen.
Der Page hatte gerade erst im Hotel angefangen und daher war er etwas unsicher. Er war hochgewachsen, schlank und hatte milchkaffeefarbende Haut. Mit seinen 22 Jahren brauchte er einen Nebenjob zur Finanzierung seines Geschichtsstudiums. Seine Pagenuniform saß perfekt. Freundlich begrüßte er die neuen Gäste, auch wenn sie irgendwie aus der Zeit gefallen zu sein schienen. Selbst wenn jeder von ihnen einen Beidhänder auf den Rücken getragen hätte, wäre es Pierre nicht eigenartiger vorgekommen. Wie bei einer so teuren Buchung üblich, begrüßte der Hoteldirektor seine Gäste persönlich. Um ihr umfangreiches Gepäck kümmerte niederes Personal. „Herzlich Willkommen im Mandarin Oriental in Paris.“, sagte der erfahrene Hotelier. Sein akzentfreies Englisch machte die Kommunikation angenehm einfach. Hermine sprach zwar etwas französisch, der Rest der Gruppe jedoch nicht.
Der Direktor zeigte ihnen die Raffinessen des Apartments und erläuterte einiges zur Geschichte des Hauses. Hermine begeisterte sich für die Erklärungen, während Ginny das alles eher langweilte. Das Penthouse war in Gold, Weiß und Pflaume gehalten und wurde durch elegante Materialien wie Marmor, Samt und Seide abgerundet. Zur beeindruckenden Ausstattung zählten erlesene Kunstwerke und sogar eigenes Fitnessstudio. Darüber hinaus bot die Suite zwei Terrassen mit atemberaubendem Blick über die Dächer der Stadt, die Opéra Garnier und den Eiffelturm. Zusätzlich zu den drei großen Schlafzimmern gab es ein luxuriöses Badezimmer mit einem Dampfbad und einer übergroßen Badewanne. Die Suite verfügte zudem über ein großes Wohnzimmer, ein Esszimmer, eine Küche, eine Bar und zwei weitere Badezimmer. Auf dem Tisch im Wohnzimmer stand ein riesiges Bouquet samtschwarzes Rosen mit einer Karte. „Genießt den Herbst in Paris. HJP.“ Er wies auf die Blumen. „Sie sind vor einer Stunde mit vier großen Eulen angekommen. Ohne indiskret sein zu wollen. Diese Vogelsache ist für uns schwer zu händeln.“ Ginny riß erstaunt die Augen auf: „ Diese Vogelsache? Was meinen Sie damit? Das Schloß hat ganz gewöhnliche Eulen, die allermeisten sind sehr nett.“ Hermine tippte Ginny auf die Schulter. „Keine Sorge. Ich kümmere mich darum.“ Das jüngere Mädchen zuckte mit den Schultern
Endlich ging der Direktor. Die Schattenjäger bezogen das kleinste Schlafzimmer und die Mädchen genossen die freundliche Umgebung. Hier konnten sie Kraft tanken und ausruhen. Herbst in Paris war wunderschön. „Mylady Granger?“, unterbrach der Anführer der Schattenjäger Valentin Mines Träumereien. „Heute Abend würde ich gerne jagen gehen, wenn nichts dagegen spricht.“ „Wenn Du dich an die Regeln hältst. Gute Jagd.“, gab ihm sie ihm die gewünschte Erlaubnis.
Ron war zunächst zum nächstliegenden Apparierpunkt in der Nähe des Fuchsbaus gereist. Er konnte das Haus seiner Eltern bereits sehen. Wehmut beschlich ihn. Früher hatte er den Fuchsbau geliebt – sein zuhause. Es ging Wärme und Geborgenheit vom ihm aus. Er dachte an die ersten Ferien mit Harry hier und an früher. Jetzt mit seinen Eltern zu reden, machte ihn unter Garantie nur noch frustrierter.
Dann wendete er sich um und kehrte in die Winkelgasse zurück. Es spielte schließlich keine Rolle, wen er zuerst aufsuchte. Zauberhafte Zauberscherze öffneten montags bis samstags. Wie immer war es hier voll. Fred und George kümmerten sich um ihre Kunden, so das er Gelegenheit hatte sich ein wenig umzuschauen. Er fand eine Handvoll Kleinigkeiten, die er für Theseus mitnahm. Wenn sie Glück hatten und der Junge den Oktober im Schloss überlebte, könnte das Kind ein paar Süßigkeiten und kleine Aufmunterungen gebrauchen. Fred entdeckte ihn zuerst: „He. Kleiner. Was verschafft uns die seltene Ehre?“ Er sah den Ernst in den Augen seines kleinen Bruders: „Vielleicht reden wir besser oben miteinander. Aber erst möchte ich diese Sachen bezahlen und einpacken.“ Freds Überraschung ließ sich kaum verbergen: „Du kaufst Spielzeug für Jungs? Feiert ihr jetzt Kindergeburtstag für Harry im Schwarzen Schloß.“ „Das ist nicht witzig, Fred.“, sagte Ron bitter. „Überhaupt nicht witzig.“ Inzwischen war auch George auf ihn aufmerksam geworden. Ron legte zwei Galeonen auf den Verkaufstisch: „Reicht das?“ George nickte. „Ich pack´s Dir ein.“ Die Brüder kassierten die verbliebenen Kunden ab. Dann schlossen sie den Laden außerplanmäßig.
In der kleinen Wohnung über dem Laden saßen sie einander abwartend gegenüber. „Warum bist Du wirklich hier?“, fragte der ältere Zwilling mit untypischem Ernst. „Ihr wart nicht auf Hermines Geburtstag. Er zeigte seinen Unmut darüber. Es wäre gut, wenn Ihr im November kommt.“ George oder war es Fred spürte, das etwas anders war. „Warum kaufst Du Spielzeug, Ron? Was ist wirklich los?“ Zum ersten Mal seit Jahren traute sich Ron seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen: „Ihr habt keine Ahnung. Das Schloß macht mich krank und jetzt ist keiner dort, der sie beschützt.“ „Was heißt das? Keiner dort, der sie beschützt? Meinst Du Hermine und Ginny? Ich dachte, er tut Euch nichts?“, langsam machte sich Fred Sorgen um seine kleine Schwester. „Nein. Mine und Ginny sind in Paris. Er tut uns nichts. Das ist es ja gerade. Es ist niemand im Schloß, der die anderen schützen kann. Der Oktober ist besonders magisch, dann ist seine Grausamkeit besonders hoch. Dumbledore und Snape können das Kind auch nicht beschützen, wenn die Kerzen wechseln. Er hat einen Sklaven geschenkt bekommen – einen kleinen Jungen. Theseus ist elf und ganz allein. Wenn er überlebt, dann …“ Georges Entsetzen spiegelte sich in seinen Augen. „Er würde ein Kind töten?“ Ron bestätigte die Frage wortlos. Das Schweigen schrie in den friedlichen Nachmittag hinaus. Das Schweigen hallte noch immer nach, da war Ron schon lange gegangen.