Im Jahr 2996
„Arved!“
„Arved, bist du das?“
„Sag, was ist passiert?“
Ich sehe auf, als mir plötzlich vier Reiter gegenüberstehen. Sie sind die vier Reiter der Apokalypse. Erstaunt begrüßen sie mich. Ihre Freude ist beinahe ansteckend, doch ich schweige.
„Wo warst du? Was ist passiert? Warum bist du gegangen?“
„Ich brauchte euch nicht mehr“, sage ich ruhig: „Eure Gesellschaft wurde mir zu viel.“
„Das ist doch ein Witz!“, beschwert sich Lars.
„Echt mal, Alter!“, sagt Kalle.
Tobi hat es die Sprache verschlagen.
„Schön!“, sagt Lars, als ich schweige. „Wenn du uns nicht mehr brauchst – es waren sowieso immer nur vier apokalyptische Reiter!“
„Ihr haltet immer noch daran fest?“, frage ich müde.
Die anderen vier richten sich auf ihren Pferden aufrechter hin. Ich sehe, dass sie mein altes Pferd noch an einem Strick mit sich führen. Als ich geflohen bin, hätte mich ein Pferd nur aufgehalten. Ich konnte ja fliegen.
„Wir sind der Schrecken der Vogelfreien“, sagt Sven streitlustig. Er ist immer noch der Gleiche. Kalle ist seiner Rolle entsprechend dürr und abgemagert, Lars sieht wie immer nach Schnupfen aus. Und Tobi ist so bleich wie der Tod.
„Und, immer noch schwul?“, frage ich im Plauderton.
Sven und Lars tauschen einen Blick. Ich kann nicht sagen, ob er verschworen oder voller Schuld ist: „Das geht dich nichts an!“, faucht Sven.
Ich habe sie nur ablenken wollen. Denn im nächsten Moment bläst der Wind von unten und reißt die vier Reiter aus dem Sattel. Sie fliegen durch die Luft und landen zwanzig Meter entfernt auf dem Boden.
Ich schlendere zu ihnen, während die fünf Pferde entsetzt durchdrehen und fliehen.
Die vier kämpfen sich stöhnend auf die Ellbogen, dann auf die Knie.
„Verdammt, Arved. Was soll das?“, fragt Kalle.
„Er will uns töten“, haucht Tobi leise: „Er hasst uns jetzt.“
Die vier schreien auf. Ich nehme die Luft in ihren Lungen und entreiße sie. Meine ehemaligen Waffenbrüder schnappen nach Luft, wie Fische auf dem Trockenen.
Ich muss lachen.
„Euer Leben lang habt ihr die Fische gefangen. Jetzt seid ihr welche.“
Sie hören mich schon nicht mehr. Der Sauerstoffmangel macht sie panisch. Es ist in wenigen Minuten vorbei.
Ich gehe. Schlendere den Weg entlang. Manchmal kichere ich noch über einen lange vergessenen Scherz. Es wird Nacht. Irgendwo wiehern die Pferde noch.
Dann wird mir kalt. Etwas in mir startet einen verzweifelten Versuch, die Kontrolle wieder zu übernehmen. Ich unterdrücke den Widerstand ohne Mühe.
Das war der letzte Versuch, ich spüre es. Damit hat sich alles tief in meiner Seele verkrochen, was ich einst war: Freude, Gnade, Liebe. Alles ist weg.
Jetzt bin ich nur noch Hass und Gier nach Energie.
Energier könnte ich es nennen.
Vielleicht wird das mein neuer Name: Ich bin der Reiter der Gier.
Etwas rollt sich tief in mir zusammen. Ich habe es gebrochen. Und jetzt weint es heiße Tränen in meine Seele.
Denn Arved weiß, er hat keine Chance. Sein Kampf ist zu Ende, und seine Schwäche hat das Schicksal der Welt besiegelt.