Im Jahr 2993
Ich sehe im Dunkeln zum Sternenhimmel auf. Mir ist kalt. Der ruhige Atem meiner Freunde ist das einzige Geräusch in dieser verlassenen Gegend.
Vor Jahren hat der Krieg und mehrere Unfälle in Atomkraftwerken das Land von allem Leben befreit. Große Zäune verhindern, dass sich hier Tiere nieder lassen. Menschen gab es hier schon lange nicht mehr. Das Gebiet wurde förmlich abgeriegelt.
Wir mussten trotzdem hier durch. Es ist eine Abkürzung, und wir haben einen wichtigen Auftrag. Ich habe die Pferde und meine Freunde über den Zaun gehoben. Dann habe ich die Luft geprüft, regelmäßig, und jede Radioaktivität von uns abgeblockt.
Jetzt bin ich müde. Es ist erschöpfend, zu zaubern. Aber das sage ich nicht. Denn wir müssen hier durch, in drei Tagen ist es geschafft. Dann sind wir so nah wie nie zuvor daran, die roten Krieger einzufangen, die im Westen von Amerika Unheil stiften.
Nur noch ein paar Tage … müde schließe ich die Augen.
Und ich träume. Von unzusammenhängenden Bildern. Ich sitze irgendwo und warte. Jahrhunderte, vielleicht länger. Auf eine Gelegenheit.
Endlich betritt Leben meinen Bereich. Ich spüre es. Hunger wird wach. Ich war so kurz davor, qualvoll zu sterben. Jetzt jage ich, auf das Leben zu.
Es sind viele. Gleich so viele auf einmal. Doch ich weiß, was ich will: meinen weißen Hirsch, so hell wie Wolken.
Er ist stark. Er quillt fast über vor Macht.
Und ich greife zu.
Jetzt ist er mein.
So lange habe ich gewartet, eingesperrt, abgesperrt, ausgesperrt. Nicht einmal eine Fliege verirrte sich in dieses Land. Jetzt habe ich wieder einen Körper.
Ich bin frei, frei wie der Wind!
Ich reiße die Augen auf. Das war kein Traum. Ich sehe Erinnerungen. Und es sind nicht meine – sondern die einer fremden Macht!
Ich blinzele und sehe mich auf Tobi zu kriechen. Ich habe ein Messer in der Hand.
Mit einem lautlosen Schrei werfe ich mich zurück.
Und ich kämpfe. Kämpfe um mein Bewusstsein. Eine schwarze Hand hält mich umklammert, blockt meine Macht ab, lässt mich schweigen, erstickt meinen Atem.
Ich kann den Sauerstoff über die Haut aufnehmen. Mit aller Macht kämpfe ich ums Überleben. Das nutzt die Macht, um meinen Körper wieder zu übernehmen.
„Wenn du leben willst, dann gib auf!“, zischt mir eine Stimme ins Ohr. Allein der Klang wirft mich auf die Knie. Warum habe ich nur nicht gespürt, wie dieser Schrecken über mich kam?
Er kam so schleichend. Ein Teil war schon immer Teil von mir.
Etwas schnürt meine Kehle zu: „Ich kann dir den Atem nehmen. Gib den Widerstand auf, Schwächling!“
Ich bin nicht schwach!
Ich kämpfe mich hoch. Aber ist spüre bereits, dass ich keine Chance habe. Dieses Wesen ist viel zu stark. Viel zu alt und viel zu böse.
Ich werfe mich in den Wind. Ich fliege mit dem Sturm. Weit, weit fort, so weit ich kann.
Ich sehe meine Freunde unter mir zurückbleiben. Was sie denken werden, wenn ich morgen fort bin? Und wie wollen sie ohne mich aus dem radioaktiven Bereich entkommen?
Dann kenne ich die Antwort. Es gibt keine gefährliche Strahlung. Das Gebiet war wegen dieses Wesens abgesperrt.
Und ich sollte es finden und mit meiner Macht befreien. Das war mein Schicksal, von Anfang an.
Ich habe mich nicht befreit. Ich bin immer noch gefangen.
Und als meine Freunde zurück bleiben und ich sie außer Gefahr weiß – da ergebe ich mich.
Und ohne Hoffnung gebe ich auf.