Im Jahr 2978
Ich war frei. Ich lachte, voller Freude, glitt durch die Luft.
Mein glockenhelles Lachen lockte meine Mutter herein. Ich streckte die Hände nach ihr aus und lachte nur noch stärker. Ich schwebte auf sie zu.
Doch Ana kreischte nur vor Entsetzen, als sie mich sah. Ich verstand die Worte noch nicht, die sie rief: „Bleib von mir fort, Dämon!“
Ihr Schrei war so verzweifelt. Ich bekam Angst, und stürzte. Der Boden war hart, und es schien mit einem Mal stockdunkel geworden zu sein. Vielleicht hatte sich eine Wolke vor die Sonne geschoben, oder es war nur mein Empfingen.
Plötzlich lag ich auf dem kalten Boden, und meine Mutter rannte aus dem Zimmer. Ihre Schritte verhallten, und ich weinte. Weinte und weinte und konnte es nicht verstehen.
Irgendwann hob ich mich selbst vom Boden auf. Ich schaukelte mich in die Höhe. Konzentriert, wie ich war, vergaß ich auch die Tränen auf meinen Wangen.
Ich konnte noch keinen Schritt laufen, aber durch die Luft purzelnd folgte ich meiner Mama. Sie würde mich ja nicht alleine lassen.
Ich flog aus dem Kinderzimmer in den Flur, dann ins Wohnzimmer, dann in die Küche. Nur einer Tür war geschlossen, die zum Schlafzimmer von Ana. Und vor dieser Tür blieb ich in der Luft schweben.
„Mama“, sagte ich traurig. Ich hatte Hunger, und ich fühlte mich allein. Ich verstand nicht, warum sie vor mir geflohen war.
Die Tür blieb zu. Die Wohnung war leer. Es wurde Abend und Dunkel. Ich hatte Hunger. Mir war kalt.
„Mama!“
Ich saß an der Decke und betrachtete die Tür über Kopf. Ich hörte Mama dahinter schluchzen. Warum weinte sie? Erwachsene weinen doch nicht!
Ich sollte jetzt zu ihr, und sie trösten.
„Mama?“
Ich klopfte. Ein lauter Knall ertönte, der mich erschreckte. Sie hatte von der anderen Seite etwas gegen die Tür geworfen. „Verschwinde!“
Ihre Stimme war hoch und schrill. Ich verstand die Worte nicht, konnte den Grund für den Lärm nicht verstehen, aber ich hatte furchtbare Angst.
Mama hatte Angst. Also war etwas gefährliches in de Nähe!
Ich rollte mich ganz eng zusammen und kroch über die Decke unserer Wohnung, auf der Suche nach meinem warmen Bettchen. Meine Tränen liefen mir über die Stirn und tropfen dann auf den Fußboden.
Ich hatte Angst. Die Wohnung war dunkel. Jeder Schatten könnte mich anspringen.
Ich erreichte mein Zimmer, kroch oben durch die Tür und verharrte.
Jetzt müsste ich nach unten schweben, um in mein Bett zu kommen. Da wartete die blaue Decke mit den Elefanten drauf, und Sicherheit und Wärme.
Ich weinte noch lauter. Ich traute mich nicht. Ich hatte solche Angst, dass ich mich nicht rühren konnte, also blieb ich, wo ich war. Zitternd. Frierend. Allein.
Irgendwann schlief ich ein, und dadurch verlor ich meinen Halt. Ich stürzte auf den Boden und tat mir weh. Ich weinte noch lauter.
Dadurch, dass ich wach geworden war, hörte ich, wie sich die Tür öffnete und schloss.
Mami war gegangen.
Damals machte es mir die größte Angst. Ich fürchtete, sie würde nicht zurück kehren. Aber mit der Zeit wurde es normal. Sie ging und trank, und wenn sie zurück kam, dann torkelte sie.
Sie fütterte mich nicht. Aber ich überlebte, denn wenn draußen Wind ging, dann gab mir das Kraft.
Das Fenster war immer offen, denn es stand offen, als ich zum ersten Mal flog, und Ana betrat mein Zimmer danach nicht mehr, um das Fenster zu schließen.
Sie hatte sich also schon vom Schicksal befreit.