Draco dachte intensiv darüber nach, ob seine Idee funktionieren konnte. Der Fremde hatte ihm zweifellos Felix Felicis zu trinken gegeben. Die Stärke der Dosis musste hoch gewesen sein, sonst hätte er nicht ungestraft Harry zu Lord Potter sagen können. Wenn das Felix Felicis so stark war, dann musste er es versuchen. Eine bessere Chance bekam er sicher nicht. Lord Potter gefiele die Idee vermutlich sogar. Sie hatte etwas ausreichend böses. Der Malfoyerbe spielte mit seinem Ring, während aus dem Fenster seines Quartiers sah. Er würde es probieren, was hatte er denn zu verlieren. Potter mochte ihn….als Hure, setzte er in seinen Gedanken schnell noch hinzu.
Ginevra Weasley tauchte immer häufiger in seinen Überlegungen auf. In wenigen Tagen käme sie wieder hier. Er wünschte sich plötzlich, sie wäre wieder da. Er träumte davon, für sie Klavier zu spielen und Spitzen ihres unfassbar roten Haars zu küssen. Lady Weasleys Unerreichbarkeit machte sie für ihn umso begehrenswerter. Einen Moment spürte er einen Anflug von Besorgnis. War sie in Gefahr? Seine Dame. Falsch, korrigierte er sich selbst. Lord Potters Dame. Seitdem er hier auf dem Ball gesehen hatte, wie Potter sie zauberhaft durch die Luft wirbelte, verzehrte sich der Prinz von Slytherin nach der Lady.
Als hätte Lord Potter seine Gedanken erraten, sagte der Dunkle Lord: „Sie kommt schon heute nach Hause.“ Vollkommen ebenbürtig antwortete der Prinz: „Das ist gut. Ich habe sie vermißt.“ Draco wusste nicht, weshalb er so redete. „Die weiße Herrin auf Dunklem Thron kommt nach Hause.“, wiederholte sich der Dunkle Lord. Er konnte sich nicht erklären, weshalb er Dracos Reaktion für absolut passend hielt. Sie kamen nach Hause. Er würde nicht mehr allein sein. Ron, Hermine und Ginevra. In diesem Moment traf er eine Entscheidung. Er würde nicht mehr warten. Die Hochzeit sollte noch in diesem Jahr stattfinden. Er hatte lange genug gewartet. War er nicht ein Dunkler Lord, damit er die Regeln festlegte? Was änderte sich denn, wenn er sie jetzt schon zu seinen Gemahlen machte? Er korrigierte den Gedanken, sie zu seiner Gemahlin machte. Sie liebten ihn. Schon wieder falsch. Sie liebte ihn.
Snape wachte mit hämmernden Kopfschmerzen in seinem Gemach auf. Er trank gewöhnlich keinen Alkohol. Heute Morgen in seiner Verzweiflung hatte er am Ende vier oder fünf Feuerwhiskey auf Ex getrunken. Dann geschah das Unerwartete. Er musste Draco nicht töten. Snape dürstete heftig. Er trank gierig das Zitronenwasser neben seinem Bett. Offensichtlich hatten die Hauselfen mitgedacht. Die Wendung in der Situation hatte er fast nicht verstanden. Es spielte keine Rolle. Irgendjemand hier im Schloss spielte mit hohen Einsätzen falsch. Snape hatte von ersten Moment an einen Verdacht gehabt, aber er konnte ihn nicht beweisen. Die Sonne sank langsam am Himmel. Er hatte offensichtlich den ganzen Tag verschlafen. Nach Jahren zum ersten Mal versagt zu haben, schien ihm im Moment eine lässliche Sünde. Bei Sonnenuntergang fand das Gericht statt. Snape wirkte den stärksten Reinigungs – und Erfrischungszauber, den er kannte auf sich. Zugegebenermaßen kannte er nicht wirklich viele Reinigungszauber.
Rechtzeitig zum Beginn der Audienz fand er sich im Thronsaal wieder. Sein Blick fiel auf einen völlig verängstigten Blaise Zabini. Neben ihm standen einige bedrohliche Schattenjäger. Sollte Zabini hinter der Sache mit dem Pin stecken? Snape hielt das für absurd. Der Junge liebte Potter, aber er war nicht so dumm. Zabini war mit Sicherheit kein Widerstandskämpfer. Das passte einfach nicht zu ihm. Zabini mochte sein Leben, die Partys, das Studium und seinen Wohlstand. Aber wenn es Zabini nicht war, wer dann? Snapes Blick glitt über die Anwesenden. Vielleicht? Nein. Die Zwillinge fielen aus. Ihre grenzenlose Naivität nervte Snape schon, aber gerade die machte sie unverdächtig. Sie beherrschten Zauberkunst, waren aber zu gradlinig für solch´ ein Spiel.
Steckte Albus hinter all dem? Seine meisterhaften Manipulationen galten, als eine Klasse für sich. Hätte er Draco geopfert, um die Entstehung der Triade zu verhindern?
Snape war sich nämlich inzwischen sicher, dass Potters Triade gerade erst erwachte. Zunächst hatte der Phoenixorden angenommen, dass das Goldene Trio Potters Triade war. Aber Potter hatte nie diese Art von Interesse an Granger oder Weasley gezeigt. Auch umgekehrt hatten die beiden nie den Eindruck gemacht, als sei Potter etwas anderes als ein Bruder. Wenn Dumbledore erkannt hatte, dass Draco und Ginevra zu Potters Triade gehörte, konnte er in Versuchung geraten sein. Nein. Dumbledore würde diesen Fehler kein drittes Mal begehen.
Die erste Triade hatte der weiße Magier unabsichtlich gestört. Severus Triade mit Lily und James hatte Albus willentlich verhindert. Snape hasste sich dafür, dass er zu spät erkannte hatte, wie eng er zu Lily und James gehörte. Mittlerweile war es still geworden im Saal.
Der Dunkle Lord setzte sich auf seinen Thron. Die Unruhe erstarb. Alle Augen ruhten nun auf ihm. „Guten Abend,“ sagte er leicht ironisch „ich sehe zu meinem Erstaunen, das wir vollzählig sind. Offensichtlich rechnen hier einige mit Dracos Nachsicht. Nun ich hätte nicht darauf gewettet, aber gut.“