13. Februar
Die Feuer wüten. Ihr Licht taucht den Horizont in Blut. Die Hitze ist überall. Seit drei Tagen herrscht die Hölle in der Stadt. Die Brücken und Zufahrtswege wurden als erstes zerstört. Knapp eine Millionen Menschen sitzen in einer feurigen Falle.
Kein Helikopter kann sich der Stadt nähern. Fernsehen und Radio sind in Flammen aufgegangen. Mit der Macht von einer Millionen Seelen halte ich die Stadt als Geisel.
Meine menschlichen Batterien leiden unter meiner Herrschaft. Ein paar sind schon aufgebraucht. Wenn ich zu viel Kraft fordere, sterben die Menschen. Ich merke es sofort.
Mein Bewusstsein ist unglaublich ausgedehnt. Ich kann die ganze Stadt wahrnehmen, die Angstschreie, das Feuer. Es ist unbeschreiblich. Die Energie macht mich trunken. Ich bin unbesiegbar. Nichts entgeht meiner Aufmerksamkeit.
Als Fenia die Stadt betritt, bemerke ich sie sofort. Es ist eine Seele, die ich nicht anzapfen kann. Sie ist meiner Macht entzogen. Sie hat sich geschützt. Sie versucht auch, die Menschen meinem Griff zu entwinden. Doch gegen mich hat sie keine Chance. Sie versucht nicht, die Energiequellen ihrerseits zu nutzen.
Ich lächele. Das wird ein Kinderspiel.
Fenia läuft durch die Straßen, ungeachtet der Zerstörung aus zusammenbrechenden Gebäuden und Brandherden. Sie hat Stil, das muss ich ihr lassen. Ich erwarte sie, vor dem Hauptbahnhof. Wenn sie das Feuer so wahrnimmt wie ich, muss ich leuchten wie eine Feuersäule. Alle Energie dieser Stadt läuft durch mich. Es ist, als würde ich in Endorphinen baden.
Fenia hält direkt auf mich zu. Sie geht ruhig. Sie ist bereit.
Der Hauptbahnhof ist das Zentrum der Stadt. Ich erwarte sie auf dem Parkplatz davor. Um Platz für unseren Kampf zu schaffen, lasse ich die geparkten Autos explodieren. Jeder Feuerball, der in die Höhe steigt, lässt mein Herz höher schlagen. Fenia lässt sich Zeit. Aber sie kommt.
Als sie den Platz betritt, sieht sie aus wie ein feuriger Todesengel. Sie ist wunderschön. Energie leuchtet in einer hellen Aura um sie herum. Sie hat sich nicht in Feuer getaucht, sie spart ihre Kräfte.
Ich betrachte sie, wie sie furchtlos näher kommt. Weiß sie nicht, dass sie keine Macht über mich hat? Sie hat Feuer in den Händen, sie sammelt ihre Macht. Doch sie verschwendet nichts. Natürlich, ohne Energiequellen hat sie auch keinen Funken zu vergeuden. Ihre Augen leuchten so lebendig. Ich überlege ernsthaft, ob ich sie wirklich töten will.
„Aiden“, sagt sie sanft, als sie vor mir steht.
„Fenia“, erwidere ich lässig. „Wie geht es dir?“
„Gut“, sagt sie. Sie geht auf mein Spielchen ein: „Und dir?“
„Ausgezeichnet. Ich habe sehr gut … und lange geschlafen“, mein Blick ist düster.
Fenia schließt die Augen und atmet tief durch: „Hör zu, Aiden. Ich wollte dich nicht einsperren. Ich habe nur keine andere Möglichkeit mehr gesehen. Es tut mir leid.“
Perplex starre ich sie an. Ich hatte damit gerechnet, dass sie angreift, wegrennt, um Gnade fleht. Aber das überrascht mich jetzt.
Fenia tritt näher auf mich zu. Ich kann ihre Hitze spüren, doch sie lässt ihre Macht langsam los. Ihr Geruch steigt mir in die Nase, süß und warm.
„Aiden – ich kann dir helfen. Du musst diesen Weg nicht einschlagen. Es gibt Alternativen. Ich kann dich immer noch zurück bringen.“
„Was … was meinst du?“, stottere ich. Ihre Nähe macht mich nervös. Ganz sacht berührt ihre Hand meine Brust. Sie sieht mir in die Augen. Ich rechne halb damit, dass sie einen Überraschungsangriff startet, doch sie lässt ihre Energie ganz los. Sie senkt langsam ihre Schilde, ohne den Blick von meinen Augen zu lassen. Da ist etwas in ihrem Blick, das ich nicht deuten kann. Mitleid?
„Aiden. Noch ist es nicht zu spät. Du zerstörst dich und alle um dich herum. So muss es nicht sein.“
Ihr Gesicht ist meinem jetzt so nah. Mein Herz schlägt immer höher. Sie ist wunderschön. Und so vorsichtig und sanft. Wie sie sich immer weiter vor tastet. Sie zeigt mir, dass sie mir vertraut. Sie schützt sich nicht mehr vor mir. Sie hat keine Macht, mich anzugreifen.
Sie liefert sich mir schutzlos aus. Mein Mund steht leicht offen. Ihr sauge ihren Geruch ein. Sie ist eine Duftkerze. Sie riecht nach Lilien, glaube ich. Und nach dem Sommer. Ihr Atem streicht über mein Gesicht.
„Gib auf“, flüstert sie. „Ich bitte dich. Ich zeige dir, wie du mächtig bist, ohne Menschen zu tötet. Ich zeige dir, wie du wärmst, statt zu verbrennen. Hör auf mich.“
In ihren Augen steht die flehende Bitte. Sie ist nicht gekommen, um zu kämpfen. Sie wartet auf meine Antwort.
Und ich küsse sie. Schmecke ihre süßen Lippen. Nehme ihren Atem in mich auf.
Sie wehrt sich erst, versteift sich, will zurück weichen. Doch offenbar nimmt sie an, dass ich mich ergebe.
Ihr Körper fällt in meine Arme. Ich umfasse sie, spüre ihr Gewicht. Sie ist leicht wie ein Kind. Ich muss mich zu ihr herab beugen. Sie erwidert meinen Kuss. Ich kann ihre Emotionen spüren. Angst, Freude, Erstaunen.
Sie schließt die Augen, froh, den Kampf beendet zu haben.