Ein Jahr später
Die frühe Morgensonne weckt mich. Ich schlage die Augen auf und sehe direkt in die Sonnenstrahlen. Ich beobachte den tanzenden Staub darin.
Die Luft ist heiß und trocken. Ich schlage die Decke zurück und setze mich auf.
Der Raum ist klein. Die Wände bestehen aus gelbem Sandstein. Durch zwei kleine, schmale Fenster dicht unter der Decke fällt die Sonne herein. Ein Fenster liegt direkt über meinen Bett, doch das Licht kommt aus Osten und fällt nur durch das zweite Fenster, jedoch direkt auf mein Kopfkissen. Das zweite Fenster ist direkt über dem zweiten Bett. Darin liegt Aiden, mein Bruder, noch tief im Schlaf.
Die Betten sind alles, was in diesem Raum steht. Zwischen ihnen bleibt nur ein schmaler Gang unter der niedrigen Decke. Der Gang endet einerseits an der Wand, wo unser gemeinsamer Nachttisch aus Ebenholz steht. Auf der anderen Seite ist nur die Tür.
Ich stehe auf und gehe hindurch in den Wohnraum. Es ist ein L-förmiger Raum, in den das kleine Schlafzimmer hinein ragt. Von der Tür des Schlafzimmers aus sieht man direkt auf die Außentür. Ein Sofa steht an der Wand, ein kleiner Esstisch in der Ecke. Eine Küche quetscht sich neben das Schlafzimmer in eine winzige Nische. Alle Fenster sind schmal und hoch. Träge Fliegen summen gegen das Glas, wärmen sich in den ersten Sonnenstrahlen.
Ich schleiche durch den schmalen Weg zwischen Sofa und unserem alten Fernseher zur Tür. Ich trage nur mein Nachthemd, als ich die Tür öffne und nach draußen gehen.
Meine nackten Füße tauchen in den Sand ein. An der Oberfläche ist er bereits heiß, doch darunter kalt von der Nacht. Die Sonne leuchtet durch die staubige Luft und einzelne Strahlen zeigen wie Finger auf den roten Sand. Der Himmel ist hell und blau. Die Sicht ist trotz des Staubes klar. Ich kann die roten Berge am Horizont erkennen.
Vor dem niedrigen Haus in der Wüste steht eine altmodische Bank. Im Wüstensand wachsen Blumen: Feuerlilien, Sonnenblumen und Rosen. Dazwischen Kakteen und braune Sträucher. In einigem Abstand steht ein alter Holzverschlag, drei kurze Wände und eine Tür mit einem herzförmigen Loch darin. Unsere Grube der Unaussprechlichkeiten.
Ich sitze auf der Bank und genieße die Wärme der Sonne, bis Aiden aufsteht und zu mir kommt. Er trägt nur seine lange Sporthose. Seine Haut ist dunkelbraun, seine Haare leuchtend Blond und seine Augen weiß wie Asche. So, wie auch bei mir. Wir sind Feuermagier, perfekt an hohe Hitze angepasst.
Aiden setzt sich neben mich, legt den Kopf in den Nacken und schließt entspannt die Augen. Ich grinse.
Vor einem Jahr haben wir uns wiedergefunden. Wir sind geflohen, weil Aiden als Mörder gesucht wurde. Jetzt verstecken wir uns hier, am heißesten Ort der Welt, wo Feuermagier glücklich sein können. Wir züchten Feuerblumen und sehen den Dünen beim Wandern zu. Nur selten nehmen wir die zwei Wochen Reise zur nächsten Stadt auf uns – wir brauchen nicht viel. Wir essen wenig. Wir haben Bücher, einen Fernseher und die endlose Wüste.
Und wir haben das Feuer.