Ein halbes Jahr später
Wenn sie schläft, ist sie ein richtiger Engel. Zu jedem wachen Moment kann sie bissig, sanft oder eiskalt sein. Aber wenn sie schläft, dann kann ich sie einschätzen.
In unserem kalten Exil im tiefen Schnee leben wir sicher vor der Welt. Aber das kann so nicht bleiben.
Denn das Ende kommt. Ich habe es gesehen, vielleicht als einer der ersten.
Ich hasse es, Soyala zu wecken, aber das hier ist wichtig.
„Hey, Königin“, ich rüttele sie. Grunzend wälzt sie sich auf die andere Seite. Ein Wunder. Das Bett ist so schmal, dass ich kaum darauf liegen, geschweige denn, mich bewegen kann. Soyala schafft das natürlich.
Nur wie?
„Soyala. Ich habe etwas, dass du dir ansehen musst!“
Diesmal schüttele ich sie heftiger.
Ich schlägt müde die Augen auf und reibt sie sich. „Wie viel Uhr ist es?“
Ich sehe auf unsere alte Kuckucksuhr.
„Keine Ahnung.“ Die Uhr ist kaputt. Das könnte daran liegen, dass mich der kleine, krächzende Vogel darin genervt hat.
Soyala setzte sich langsam auf und streckt sie. In unserem Bunker sind keine Fenster. Aber ich spüre natürlich, dass draußen Nacht herrscht.
Soyala sieht atemberaubend aus. Ihre Haare sind jetzt schneeweiß und die Spitzen hellblau. Sie ist größer geworden, man sieht nun, dass sie eine Frau wird. Die Elemente verändern unsere Körper, sie lassen uns schneller altern.
Ich zeige Soyala den Zeitungsartikel, den ich gefunden habe:
»Waisenhaus abgebrannt« steht dort. »Mysteriöses Feuer fordert zwanzig Tote.«
„Und jetzt die hier“, sage ich, nachdem Soyala den Artikel überflogen hat und reiche ihr eine Zeitung, die zwei Wochen älter ist: »Stadt in Flammen! Großbrand sorgt für Angst und Schrecken!«
Ich zeige ihr auch einen kleineren Artikel auf der gleichen Seite: »Wer ist der Unbekannte im Feuer?«
„Weißt du, wonach das klingt?“, frage ich aufgeregt.
Soyala seufzt: „Nach dem Kind des Feuers? Aber die Zeitungen sind alt! Das Feuer ist längst vorbei.“
Ich nickte aufgeregt: „Aber ich habe auch eine Idee, wo wir suchen: Hier, die Stadt hat einen Hafen – und eine Linie dort fährt regelmäßig zum heißesten Ort der Welt: Der roten Wüste!“
Soyala wirkt nicht gerade begeistert: „Wir sollen zum hellsten und heißesten Ort der Welt? Ehrlich?“
Ich ziehe sie zu mir und küsse sie mit einem Grinsen: „Wir zwei schaffen das schon. Lass uns die Welt retten!“
„Aber nur ausnahmsweise“, murrt Soyala.