17. September
Es sind drei Männer, die sich mit schnellen Schritten durch den Park bewegen. Ich schleiche mich mit Sam durch die Büsche. Sam hat das Rückenfell gesträubt und schießt böse Blicke in Richtung der Menschen. Ich ziehe ihn zu mir und streichele ihn, damit er nicht knurrt.
Ich schließe die Augen und dehne mein Bewusstsein aus, bis ich die drei Männer berühre.
Es sind Jens, Wolfgang und Björn, natürlich. Ich spüre, dass sie Waffen tragen, gut versteckt unter ihren Anzugjacken.
Sie erreichen den Platz, an dem ich bis gerade noch meine Wunden gepflegt habe. Ich bin vielleicht zehn Meter entfernt. Jetzt kann ich sie auch mit offenen Augen beobachten, wie sie den Platz untersuchen.
„Er ist nicht hier!“, brummt Wolfgang. „Lass uns zum Auftrag gehen!“
Jens zeigtet mit dem Gewehrlauf auf den Boden. Ein roter Lichtstrahl zerreißt die Dunkelheit, tastet über die Blätter unter dem Baum: „Aber er war hier. Da ist noch frisches Blut. Vielleicht steckt er noch in der Nähe.“
Sie sehen sich um. Schnell ducke ich mich in den Schatten des Gebüsches. Leise schiebe ich mich nach hinten.
„Suchen wir“, sagt Jens und hebt die Waffe. Mein Herz schlägt höher.
Gemeinsam mit Sam krieche ich in das tiefe Gebüsch.
Jens, Wolfgang und Björn teilen sich auf. Björn stapft direkt auf unser Versteck zu. Ich halte den Atem an.
Mit einer Taschenlampe und dem Gewehr schussbereit im Arm untersucht Björn systematisch den Boden unter den Büschen.
Ich kann mich nicht mehr rühren, ohne Gefahr zu laufen, dass er mich hört.
Ich bete, dass Sam kein Geräusch von sich gibt. Ich kann spüren, wie mein Hund sich anspannt, je näher Björn kommt. Ich atme so ruhig und flach, wie ich kann.
Bitte, bitte, finde uns nicht. Geh einfach weiter. Leuchte nicht hierhin, wo wir so offensichtlich hocken!
Ich spüre, wie meine Arme kribbeln. Dunkle Schatten legen sich über meine Haut. Ich spüre, wie sich meine feinen Härchen aufstellen. Auch Sam in meiner Umarmung wird von Schatten umhüllt.
Aber ich glaube nicht, dass die Schatten unter dem hellen Licht von Björns Taschenlampe bestehen können – und selbst wenn, wird er unsere Gestalt erkennen, Hund und Junge, selbst wenn wir pechschwarz wie die Nacht sind.
Björn ist nur noch wenige Schritte entfernt. Ich fühle die Schatten über meine Haut pulsieren.
Er geht in die Hocke und leuchtet unter den Busch, so nah, dass ich die Hand in den Lichtstrahl halten könnte. Dann bewegt er die Taschenlampe auf uns zu.
Es passiert ohne mein Zutun. Plötzlich schießen die Schatten aus ihrem Heim unter den Büschen und direkt auf Björn zu. Der große Mann gibt einen Schrei von sich und fällt nach hinten. Schwarz spülen die Schatten um seine Gestalt. Erst da merke ich, dass ich eine Hand ausgestreckt und den Befehl gegeben habe.
Björn sitzt keuchend auf dem Boden und dreht wild den Kopf hinter den Schatten her, die ihn umkreisen. Sie tun ihm nichts, doch ich spüre seine Angst und merke, dass ich ihm etwas antun könnte.
Ich könnte die Schatten zu mehr als Schatten machen, zu fester Materie, und damit Björn verletzten – oder sogar töten.
Björn springt auf und flieht, bevor ich den entsetzlichen Gedanken zu Ende denken kann. Ich höre ihn schreien, höre Jens und Wolfgang rufen, die hinter Björn her stürmen.
Sam und ich bleiben alleine in unserem Versteck zurück. Ich versenke den Kopf in Sams Fell und atme aus, erleichtert darüber, dass wir noch leben.
Aber Sam läuft aus dem Gebüsch und untersucht etwas, dass dort liegt, wo Björn hingefallen ist. Ich folge dem Hund und hebe einen zusammengefalteten Zettel auf.
Björn muss ihn verloren haben.