Das Erste, was Dudley wieder wahrnahm, war das hysterische Heulen einer Frau. „Reiß Dich zusammen, Bella. Sonst kommen sie wieder.“, sagte eine Männerstimme gepresst. Der Muggel versuchte festzustellen, wo er sich befand. Er öffnete schwerfällig die Augen. Das zugeschwollene, rechte Auge versagte seinen Dienst. Man hatte ihn gemeinsam mit anderen in eine Art Käfig gesperrt. Außer ihm hielt man in diesem Käfig eine schwarzhaarige Frau Mitte dreißig und einen dunkelhaarigen Mann fest. Beide schienen unnatürlich blass zu sein.
Es fiel Dudley schwer etwas zu erkennen oder zu sprechen. Seine Zunge klebte am Gaumen. Sein Körper schmerzte von den Mißhandlungen. Offensichtlich hatte er sich auch noch selbst beschmutzt. Harry tat ihm das an, stellte er überrascht fest. Alle diese Freaks gehorchten Potters Befehl. Sie hatten ihm eine Falle gestellt. Dennoch faßte Dudley Mut. Seine Eltern mussten ihn schon längst vermissen. Jemand kam um ihn zu retten. Polizei war bestimmt schon auf der Suche. „Der Muggel ist wach.“, sagte der Mann. Dudley röchelte unverständlich. „Ist doch egal, weshalb er hier ist. Er ist bei Kräften, dann holen sie ihn zuerst.“
Abschätzend betrachtete der Mann Dudley. „Welche Verwendung sollte der Lord sonst für ihn haben? Ich glaube nicht, dass Potter so abseitige Phantasien hat – häßliche Muggel. Snape steht auf Mädchen. Weasley und Granger haben sich und besseres.“ Die Frau dachte wohl nach: „So fett wie er ist, könnte er für Veelas oder Werwölfe ein Leckerbissen sein. Für Sabberhexen ist er eindeutig zu alt.“ Dudley riß sein Auge weit auf. Noch immer konnte er sich nicht verständlich machen. Die beiden sprachen darüber, dass er lebendig gefressen werden könnte.
Er konnte sich nicht bewegen. Eine Tür öffnete sich kreischend. Er stellte sich sicherheitshalber ohnmächtig, obwohl es eigentlich sinnlos war. „Lestrange, ist der Muggel wach?“, fragte eine kalte Stimme. „Ja. Master.“, antwortete der Gefragte hastig. Der Mann, den der andere mit Master angeredet hatte, betrat den Käfig. Er zog seinen Zauberstab und murmelte einen komplexen dunklen Zauber. Dudley erstarrte. Ein schwarzes Lederhalsband mit nach innengerichteten Stahldornen erschien aus dem Nichts, schlang sich um seinen Hals und drückte ziemlich auf seine Kehle.
„Das Sklavenband hält Dich davon ab, Unsinn zu machen. Wenn Du Dich auflehnst, bestraft es Dich und informiert den Lord. Hier, Dursley, trink das. Seine Lordschaft hat entschieden, dass Du vorläufig nichts essen brauchst. In einer Stunde bin ich wieder hier. Dann kannst Du beim Holz machen helfen. Seine Lordschaft befiehlt, dass Du arbeitest. Morgen kümmert er sich selbst um Dich.“ Der Unbekannte gab ihm einen Becher mit einer seltsamen Flüssigkeit. Dudley ekelte sich vor diesem Freakdrink. Er trank ihn dennoch. Der Heiltrank schmeckte gut nach Schokolade und Orange.
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Theseus liebte das Schwarze Schloss und die Menschen darin. Den ganzen Tag beschäftigten sich Hexen und Zauberer mit ihm und brachten ihm vieles bei. Hier im Schloss mit all´ seinen Geheimnissen und Merkwürdigkeiten hatte er nach dem Mord an seinen Eltern ein gutes Zuhause gefunden. Davon war er überzeugt. Auch an diesem Abend freute er sich sehr, als seine Lordschaft nach dem Abendessen mit Draco zu ihm kam.
„Guten Abend, Lord Potter.“, grüßte er sehr aufgeregt. „Hi Theseus. Professor Snape hat mir erzählt, dass ihr zusammen für Zaubertränke gearbeitet habt. Wie ist es gelaufen?“. Potter hatte wie immer neben Theseus gesetzt und hörte ihm zu. Der Zauberschüler redete aufgeregt von der Pickelsalbe und davon wie schwierig er die Verwandlung fand. „Ich kümmere mich darum, dass Professor McGonagall Dir die Verwandlung erklärt. Sie ist ein Animagus und kennt sich mit Verwandlung bestens aus“, merkte der Dunkle Lord an. Der Junge redete weiter über den Tag. Seine Wangen röteten sich vor Begeisterung und Leidenschaft für die Magie. Gerade als Theseus vom sprechenden Hut beginnen wollte, unterbrach Potter mit einer kurzen Handbewegung: „Wir gehen jetzt zu mir. Du und ich verbringen den Abend miteinander und haben ein bisschen Spaß. Draco leistet Joshua Gesellschaft, sonst langweilen sich beide nur.“
Dracos Beine gaben leicht nach, damit hatte er nicht gerechnet. Den Tag über hatte er an die Szene vom Morgen nicht mehr gedacht. Die Zeit verflog nur so. Als seine Lordschaft davon anfing, sich nach Theseus zu erkundigen, hatte der Sklave offen erzählt. Nur den Teil mit dem sprechenden Hut ließ er vorsorglich aus. Jetzt nahm Potter den Jungen mit in seine Privatgemächer. Draco hasste sich für seine Aufsässigkeit vom Morgen. Nur ein wenig Selbstbeherrschung mehr. Seine Lordschaft würde seine Drohung vom zweiten Abend wahrmachen. Was Draco ihm verwehrt hatte, holte er sich von dem Kind. Um sich selbst machte er sich keine Gedanken. Was konnte er nur tun? Wie konnte er Potter besänftigen? Stolz war eine eigenartige Sache. Sein Stolz behalten zu können, war ihm wichtig. Aber sie lebten alle in der Realität. In dieser Realität konnte er sich diesen Stolz nicht leisten, wenn er nicht alles noch schlimmer machen wollte. „Mylord Potter…“. Draco musste die Sache gerade rücken. „Ich habe Dir nicht erlaubt zu sprechen.“, unterbrach Potter ihn eisig. „und jetzt gehen wir.“ „Verzeihung, Mylord.“, antwortete Draco mit brüchiger Stimme.