https://www.deviantart.com/ifritnox/art/779036254
Es war das Fest des Frühlings. Für die Elfen der höchste Feiertag. Schon ab dem frühen Morgen wurde getanzt, bis spät in die Nacht hinein, und am nächsten Tag würde es weitergehen. Acht Tage lag dauerten die Festlichkeiten. Es gab keine Pause, doch die brauchten die Elfen nicht. Sie tranken Mondlichtnektar, der ihre Sinne betäubte und einen Schleier über ihre Augen legte. Die Welt erstrahlte in einem überirdischen Glanz und sie sahen … sie sahen ihren Wald mit neuen Augen. Sie sahen das zarte Grün von Knospen, die sich erst noch bilden mussten, das Strahlen von Blüten, deren Knollen noch tief unter der Erde schlummerten oder gerade erst erwachten. Zauberhaften Nordlichtern gleich tanzten Düfte vor ihren Augen einher, die Farben des Sommers, durch den Zauber der Anderswelt schon in diesen Stunden sichtbar gemacht.
Und die Elfen tanzten vor Freude darüber, in dieser Welt leben zu dürfen. Sie tanzten, weil dies ihre Heimat war, weil sie und der Wald Ynmerie eins waren.
Adhairos war einer der Elfen, eigentlich einer wie jeder andere. Als Caryellê die Tanzfläche betrat, fanden sich ihre Augen wie zwei Magneten, die einander anzogen.
Es war wie ein Blitzschlag, der beide durchfuhr. Ihnen blieb der Atem weg, sie stolperten. Dann, als wäre es Teil einer Choreografie, die sie ihr ganzes Leben lang geübt hatten, kamen sie aufeinander zu, fast das Spiegelbild des anderen.
Cary war dunkelhaarig und blass, elegant in ihrem dunkelblauen Kleid, sie schwebte förmlich. Adhair war hochgewachsen und stark, mit feuerrotem Haar und Gewand. Als würden Feuer und Wasser aufeinandertreffen … sie konnten beide kein Wort sprechen. Ihre Hände berührten sich und sie tanzten, wortlos und doch sprechend. Jede Bewegung war ein Gesang, eine Wahrheit, die sie dem anderen preisgaben.
Der Mond wanderte über ihnen dahin, doch sie merkten es kaum. In einem ewigen Wirbel, schnell und wieder sanft, ruhig und wieder temperamentvoll, erkundeten sie die Tanzfläche und die Welt, als würden sie zum ersten Mal mit offenen Augen sehen. Sie teilten jeden Herzschlag und jeden Atemzug. Sie lasen in den Augen des anderen ihr eigenes Wesen.
Es war der Einfluss der Anderswelt. Realität wurde zum Traum und Zeit strich vorbei wie Bäche plätschern. Sie tanzten eine Ewigkeit.
Als das Fest vorbei war, die Wirkung des Mondlichtnektars nachließ und die Gesellschaft sich auflöste, wussten sie alles voneinander. Sie konnten nicht länger trennen, was noch Teil ihrer eigenen Persönlichkeit, was von dem anderen übernommen war. Sie waren verschmolzen, nun konnten sie sich nie wieder vollständig trennen. Nur eines wussten sie noch nicht:
››Wie nennt man dich, meine Prinzessin?‹‹
››Caryellê Assadar. Und wie ist dein Name?‹‹
››Adhairos fay Naigarund.‹‹
››Du bist ein Prinz?‹‹
Das waren die ersten Worte, die sie miteinander wechselten.