Du bist Allyster der Sehende.
Zusammen mit Brenna, Karja und Aji liegst du vor dem Haus der Voodoo-Priesterin auf der Lauer.
Talifa Partelika Oprasta ist die einzige Wahl für eure Mission, denn ihr dürft nicht riskieren, den Schöpferstein nicht zu bekommen. Doch wie Karja gewarnt hatte, wird die Priesterin streng bewacht.
Ihr Haus liegt im Innersten Ring und ist ein düsterer, dunkelroter Tempel mit schwarzblauem Dach mitten in einem künstlichen Garten voller exotischer Pflanzen, Brunnen und bunter Vögel. Rings um den viereckigen Tempel patrouillieren Wachen in festen Zehnergrüppchen, ein Dutzend Wachmannschaften, die jeweils die beiden vorderen Gruppen im Blickfeld haben. Zusätzlich gibt es Wachen an den Türen, doch das Innere soll Karjas Informationen nach relativ sicher sein – man kommt nicht anders als durch die Türen hinein, weshalb Oprasta darauf verzichtete, mehr als eine Leibgarde aus vier kräftigen Halbtrollen im Haus zu haben.
Das ist eure einzige Chance: Ihr müsst schnell nach Innen gelangen, die Leibwachen ausschalten und Oprasta als Geisel nehmen, ehe ihr von den untoten Wachen eingekesselt werdet. Eine trickreiche Aufgabe. Du wirfst einen Blick zu Brenna und Aji und nickst ihnen schweigend zu. Vielleicht ist das hier das Ende eurer gemeinsamen Abenteuer. Wie jedes Mal vor einem Kampf überkommt dich eine bedrückte Stimmung.
„Jetzt!“, flüstert Karja und zieht ihren Säbel. Lautlos erhebt ihr euch und zieht eure eigenen Waffen – wobei deine Waffe die Magie ist, die du mithilfe deines Wanderstabs kanalisierst.
Ihr wartet, bis eine der Zehnergruppen direkt vor der Tür ist. Die vorderste Gruppe biegt um eine Ecke des Gebäudes, die nachfolgende ist noch nicht in Sicht. Auf dem „Schlachtfeld“ befinden sich die vier Wachen an der Tür, die Gruppe direkt vor der Tür und eine Gruppe davor und dahinter.
34 Gegner. Im Laufen überkommt dich ein ängstlicher Schwindel, doch du beißt die Zähne zusammen. Kurz bevor ihr die mittlere Gruppe erreicht, bemerkt eine der Türwachen, dass ihr aus dem Gebüsch stürmt. Der Mann schreit wortlos und deutet auf euch, die Wachgruppe wirbelt herum, doch da schlagen Karja und Brenna bereits mit ihren Waffen zu. Die Zombies sind nicht so flink wie normale Menschen, das ist euer Vorteil.
Das Klirren von Stahl auf Stahl erfüllt die Luft. Du schwingst deinen Stab und ein blendend heller Lichtblitz lässt die Wachen zurück taumeln. Brenna und Karja nutzen ihren Vorteil und können je drei überwältigen und köpfen, ehe der Rest sich berappelt hat.
Du hebst beide Arme in den Himmel und ein Sturzregen dunkler, schwerer Tropfen entfesselt sich über dem Kampfgeschehen. Die Türwachen stürmen den vier Übrigen von der Wachmannschaft zur Seite, die beiden Gruppen von den Seiten rennen, um den Abstand zu überbrücken. Du schleuderst jeder dieser Gruppen einen heftigen Windstoß entgegen, der die Zombies von den Füßen reißt, doch ihre unartikulierten Schreie werden bald den Rest der Garde alarmiert haben.
„Aji, jetzt!“ Du stößt den Jungen vorwärts. Der Weg zur Tür ist frei und Aji wirft sich gegen den Griff, nur um wie erwartet festzustellen, dass die Tür abgeschlossen ist. Eilig zieht der Junge seine Dietriche hervor.
Du siehst zu Brenna und Karja, die Rücken an Rücken kämpfen und die Wachen dabei sogar noch ein Stück von der Tür weg locken. Um sie her liegen Tote auf dem Boden, doch nun strömen immer mehr Wachen herbei. Trotzdem, die beiden Frauen scheinen den Kampf im Griff zu haben. Das Überraschungsmoment war auf ihrer Seite und die Schutzblase aus Luft, die du ihnen vor dem Kampf verliehen hast, verhindert, dass ihnen der Regen so zusetzt wie ihren Gegnern.
Du raffst deine Roben hoch und eilst ins Haus, als Aji die Tür aufstößt. Jetzt müsst ihr Oprasta schnell finden, ehe sie euch noch entwischt oder ehe Brenna etwas zustößt.
Das Innere des Hauses ist so, wie du es erwartet hättest: Es gibt viele geräumige, breite Gänge, die großen Fenster sind allesamt hinter dicken Vorhängen verborgen, sodass es Innen düster ist. Dicke Teppiche dämpfen deine Schritte, die Wände sind bedeckt mit ausgestopften Tieren, grässlichen Gemälden und Podesten mit seltsamen Pflanzen, Schrumpfköpfen und ähnlichen Abscheulichkeiten. Gemeinsam mit Aji eilst du durch die Flure. Du bemerkst, dass der Junge das Amulett mit dem Schöpferstein unter seinem Hemd fest umklammert hat.
Aufmerksam siehst du dich um. Dort! Eine Tür fällt ins Schloss, der Luftzug lässt einen Vorhang flattern. Du rennst auf die Tür zu, packst deinen Stab fester und zerrst sie auf.
Dahinter sehen dir vier schwarze Gesichter mit glühenden, gelben Augen entgegen – Obsidiantrolle! Du stolperst gerade rechtzeitig aus dem Weg, bevor dich eine der granitharten Fäuste trifft.
Der Troll zerschlägt die Tür und nun kommen alle vier drohend auf dich und Aji zu. Du entdeckst eine schlanke Gestalt in einem roten Kleid hinter den massigen Leibwachen.
Oprasta! Du musst sie nur erreichen!
Doch da gibt es vier schlagkräftige Probleme, die jetzt auf dich eindringen. Im Zurückweichen schleuderst du den Trollen einige Blitze entgegen, doch sie sind unempfindlich gegen Magie und lassen sich auch nicht von dem hellen Licht irritieren. Du hörst die Voodoo-Priesterin hämisch lachen, als du dich unter einer geschwungenen Faust hinweg flach auf den Boden wirfst. Im nächsten Moment zielt ein Fuß auf dich und du rollst dich auf die Seite, spürst aber jede Unebenheit im Boden in deinen Rippen.
„Halt!“, erklingt da eine hohe Stimme. Die Trolle drehen sich langsam um und du nutzt die Gelegenheit, stöhnend auf die Beine zu kommen.
Was sich deinen Augen offenbart, ist eine erfreuliche Wendung der Ereignisse, denn Aji steht mit einer erhobenen Faust im Gang, der Schöpferstein aus dem Elfenreich funkelt in seinem Griff. Nach einem Moment merkst du, wie manche Gegenstände im Raum sich zu bewegen beginnen: Dort sabbert ein Schrumpfkopf und blinzelt irre in das Zimmer, da rückt ein Sockel, der aus einem Drachenfuß besteht, in den Gang. Die Einrichtung im Haus wird lebendig – Oprastas Pech, wenn sie tote Lebewesen für stilvolle Kunst hält.
Du duckst dich zwischen den verwirrten Leibwachen hindurch und hältst Oprasta im nächsten Moment einen Dolch an die Kehle. „Du hörst mir jetzt genau zu!“
Aus der Nähe nimmst du einen überwältigen Geruch nach unzähligen Parfüms wahr, der Oprasta in eine nebelige Wolke hüllt. Unter dem vielen, grellen Make-Up wirkt sie alt und faltig. Doch ihre Augen sind ruhig und furchtlos. „Schick deine Leibwachen weg. Sie sollen deinen Wachen verbieten, weiter gegen unsere Freunde zu kämpfen. Und dann wollen wir den Schöpferstein der Mondsee, oder ich schneide dir die Kehle durch!“
Die Voodoo-Priesterin sieht in deine Augen und begegnet deinem entschlossenen Blick. Mit einer Handbewegung, die ihre zahlreichen Ringe klimpern lässt, wedelt sie die Leibwachen fort. Die Trolle stampfen nach draußen und du hörst, wie das Klirren des Kampfes verstummt.
„Aji, du kannst den Stein jetzt runter nehmen“, sagst du zu dem Jungen. Er wird sich später eine Standpauke anhören dürfen, dafür, dass er euch so leichtfertig verraten hat.
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Als Karjas Schiff durch die Wellen schneidet, hast du die Standpauke allerdings vergessen.
Ihr habt den Ammoniten, dessen Aussehen eher an eine beige, riesige Schnecke erinnert! Ihr hattet Erfolg und nun seid ihr auf dem Weg zurück nach Graufels, um eure Reise fortzusetzen.
Zusammen mit Aji steht du im Bug und genießt eine deiner wenigen Pausen von der harten Arbeit an Bord. Deine Finger sind inzwischen rau und mit Verletzungen übersät. Da die Mannschaft etwas geschrumpft ist, müsst ihr nun mehr als zuvor einspringen.
Nachdenklich wiegst du den Schöpferstein in den Händen. Der Ammonit ist groß und uralt, doch auch er hat eine Kette, mit der man ihn sich um den Hals hängen kann. Bisher sah es nicht so aus, als ob Aji sich beim Kontakt mit dem Stein erneut verwandeln würde.
„Ich habe eine Theorie“, beginnst du.
Aji dreht sich sofort mit großen Augen um, ganz der gehorsame Schüler. Ehe du allerdings weiter fortfahren kannst, spürst du ein Stechen im Hals, als würde jemand eine riesige Nadel hindurchjagen.
Du greifst dir an die Kehle. Der Schmerz ist so schrecklich, dass du nicht einmal Luftholen kannst.
„A-Aji!“, ächzt du, doch auch der Junge windet sich voller Schmerz auf dem Deck. Du fällst auf die Planken und der Schöpferstein rollt über die Holzbretter. Jetzt durchbohrt dich auch noch ein Schmerz im Magen und du krümmst dich.
Schwarze Punkte schieben sich in dein Sichtfeld. Du tastet verzweifelt nach einer Waffe oder einem Hilfsmittel, doch es gibt nichts, was du tun kannst, um dich zu retten.
‚Haare‘, denkst du noch, während der Sauerstoffmangel deine Gedanken langsam werden lässt. ‚Wir müssen beim Kampf Haare verloren haben. Ha! Ausgerechnet im Haus einer Voodoo-...‘
Hier brechen deine Gedanken ab.
Dies ist kein Canon-Ende, deswegen gibt es hierzu keine Fortsetzung.
Um das richtige Ende zu erreichen, musst du dich für den Einbruch entscheiden.
Vielen Dank für's Lesen und viel Spaß beim Weiterspielen!