Linda wandte sich belustigt ihrer Freundin zu. "Ich glaube, du hast den Armen gerade ein wenig überfordert..."
Ann schnaubte verächtlich. "Ach was, das hier ist sein Job! Und ich glaube nicht, dass ich bisher seine schlimmste Kundin war. Außerdem", meinte sie feixend,"bin ich nicht ins Stottern geraten und habe ihn angesehen wie ein paralysiertes Eichhörnchen."
"Danke, sehr freundlich. Ich war nur ein wenig überrascht. Das ist alles."
"Das klingt wenig überzeugend, Linny. Aber nagut, dieses eine Mal lasse ich dich vom Haken. Es gibt nämlich Wichtigeres zu bereden, oder etwa nicht?" Ann sah erwartungsvoll aus.
"Stimmt genau. Und ich bin froh, dass du so kurzfristig Zeit für mich gefunden hast, Ann!" Linda seufzte. "Momentan geht es bei uns drunter und drüber. Luca zahnt, Jakob ist in die erste Klasse gekommen und anstatt mir zu helfen, liegt meine Große seit 3 Tagen in ihrem Bett und will nicht in die Schule gehen. Ob oder was passiert ist, will sie mir nicht sagen... Aber sie war total aufgelöst und fertig mit der Welt... Ich mache mir große Sorgen." Linda sah auch so aus, als wäre sie auch fertig mit der Welt.
Annie schaute betroffen drein und meinte nach einer kurzen Pause: "Wenn es dir hilft, könnte ich dir, was die Kinder angeht unter die Arme greifen. Ich kann diese Woche auf Jakob aufpassen, wenn er von der Schule kommt. Ich hab Spätschicht. Und wenn du keinen für Luca hast, ginge das auch bis abends. Mit deiner Tochter redest du lieber selbst nochmal. Wenn sie ihrer Mutter schon nichts sagt, warum sollte sie mir dann etwas erzählen?"
Linda nickte. "Das mit meiner Tochter regle ich schon selber. Aber wenn du mir ein paar Tips geben könntest, wäre mir sehr geholfen." Sie fuhr sich über die Stirn. "Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie dankbar ich dir dafür wäre, würdest du dich um die beiden Jungs kümmern. Sicher, dass ich dich mit den Kindern nicht überfordere?"
"Ach was, für diese Woche geht das klar, Lin. Du bist meine beste Freundin und ich tu dir gern einen Gefallen." Ann lächelte sie an. "Außerdem hast du vor kurzem meine Kokospalme gerettet. Ich schulde dir also was."
Linda war gerührt und wischte sich schnell über die feuchten Augen, bevor sie ihre Freundin wieder ansah. "Danke."
"Eine Café Latte mit extra Sahne, Signora."
Schon wieder hatte niemand Emilio kommen sehen. Er war leichtfüßig unterwegs wie eine Katze auf Samtpfoten. Lächelnd stellte er den dampfenden Latte und die Sahne vor Linda auf den Tisch.
Die starrte wie hypnotisiert in seine Augen. "Vielen Dank."
"Mit dem größten Vergnügen." Er zwinkerte Linda zu, bevor er sich Annie zuwandte.
"Und für Sie den Apfelkuchen mit Sahne und den Tee. Guten Appetit." Er stellte lächelnd Kanne und Teller auf den Tisch.
"Dankeschön." Annie sah mit leuchtenden Augen auf das Stück Kuchen vor ihrer Nase.
Emilio sah wieder zu Linda. "Melden sie sich, falls sie noch etwas brauchen." In seinen haselnussbraunen Augen lag ein hoffnungsvoller Schimmer.
"Das werden wir." Linda zwinkerte ihm zu.
Mit seinem üblichen Lächeln im Gesicht machte Emilio wieder kehrt und trug das leere Tablett zurück nach vorne.
Annie seufzte. "Er sieht einfach toll aus, ist meganett und er mag dich."
"Ach Quatsch." Linda winkte ab. "Er lächelt doch jeden Kunden so an."
"Das stimmt nicht ganz. Er läuft in der Tat immer grinsend herum, aber bei dir ist es ein anderes Lächeln. Du scheinst es slebst nicht zu merken, aber ich sehe es ganz deutlich. So schaut ein Mann nur, wenn er interessiert ist..." Ann ließ gedankenverloren ihre Knöchel knacken.
"Ach Ann, du bildest dir das nur ein. Iss lieber deinen Apfelkuchen, du liebäugelst doch schon die ganze Zeit mit dem Stück." Linda deutete auf den Teller. Für sie war das Thema Emilio beendet.
"Wie du meinst... Der Kuchen ist eigentlich für dich. Du siehst aus, als wärst du nervlich am Ende. Und Kuchen hilft immer." Annie zwinkerte.