Du bist Brenna Sundergeer.
Du setzt eine verwirrte Miene auf. „Ich weiß nicht, wovon du sprichst.“
Der weißhaarige Elf hebt eine Augenbraue, dann wirft er den Jägerelfen ein kurzes Wort in ihrer Sprache zu. Die Elfen greifen deine Arme und führen dich ab.
Du hoffst, dass du die richtige Entscheidung getroffen hast. Natürlich würdest du nur allzu gerne wissen, wie es Allyster und Aji geht – aber vielleicht erweckt es zu viel Aufsehen, wenn ihr euch als große Gruppe offenbart. Jetzt könnte man Allyster für einen Magier halten, der mit seinem Lehrling auf Bildungswanderschaft ist. Wenn sich dieser Gruppe eine ausgebildete Kriegerin hinzugesellt, würde das neue Fragen aufwerfen. Und du möchtest nicht riskieren, dass die Elfen ihre Wachen um den Schöpferstein verstärken.
Du wirst durch eine Öffnung im Baum geführt, ähnlich der, durch die bereits dein Pferd geführt worden ist. Dieser Gang führt zuerst in eine Wachkammer, wo mehrere Dunkelelfen dich neugierig betrachten. Dahinter liegen die Zellen, die überraschend gewöhnlich aussehen: Gitter mit verschlossenen Türen wurden in das steinerne Holz gesetzt, darin sitzen ein paar traurige Gestalten auf dem kalten Boden. Es stinkt nach Scheiße und Elend.
Du kannst Allyster und Aji nirgendwo sehen, doch von den Zellen führt eine Tür zu weiteren Gefängnissen. Vielleicht sind deine Gefährten dort.
Du jedoch wirst in eine große Zelle zu mehreren Elfen gesperrt. So weit du die geschlechtslosen Züge deiner Mitgefangenen deuten kannst, sind es allesamt Frauen. Du wärst allerdings die Erste, die zugibt, dass du einen männlichen Elf nicht von einer Elfe unterscheiden kannst.
Die Wächter beschimpfen dich, einer spuckt dir vor die Füße. Du suchst dir einen Platz an der Wand, weit von den anderen Gefangenen entfernt, und setzt dich auf den kalten Boden, der wie Holz aussieht, sich aber wie Stein anfühlt. Die anderen Elfen betrachten dich und tuscheln in ihrer zischenden Sprache untereinander.
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Es dauert nicht lange, bis man euch Essen bringt. Die Wächter schieben in jede Zelle eine große Holzschale, in der Fleisch und Brot in einer unappetitlichen Brühe schwimmen. Trotzdem drängst du dich mit den anderen nach vorne. Die Gefangenen machen sich wie die Tiere über das Essen her. Da deine Mitgefangenen allesamt von der Zeit im Kerker entkräftet sind, ist es dir ein Leichtes, eine Fleischkeule für dich zu erkämpfen. Eine Elfe nähert sich der Schale gar nicht erst, sondern bleibt teilnahmslos in ihrer Ecke sitzen.
Du schnupperst an dem Fleisch, das verdorben und faulig riecht. Angewidert ziehst du es vom Knochen und nagst nur diesen sauber ab. Das Fleisch wirfst du der jungen Elfe zu, die mit leblosen Augen an die Decke starrt und flach atmet. Als das Fleisch neben ihr auf den Boden klatscht, erwacht sie aus ihrer Starre und schnappt sich die Beute mit der Geschwindigkeit einer angreifenden Schlange. Sie schlingt das Fleisch im Ganzen herunter.
Du weichst ihrem glühenden Blick aus – was für ein schrecklicher Ort!
Den kleinen Knochen steckst du allerdings in die Tasche deiner Hose und ballst vorsichtig die Faust darum. Die dünnen Kanten und gesplitterten Enden stechen in deine Hautfläche. Jetzt brauchst du nur noch eine Gelegenheit, um das Schloss unbeobachtet zu knacken.
Die Elfin, die du gefüttert hast – anders kannst du es nicht nennen –, starrt noch immer mit einem hungrigen Ausdruck zu dir herüber. Dir kommt ihr Blick nicht besonders dankbar vor, eher scheint sie zu überlegen, ob sie auch dich essen kann. Je schneller du aus dieser Zelle ausbrichst, desto besser!
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Deine Gelegenheit ergibt sich schneller, als du erwartet hättest. Zwar hast du in der fensterlosen Kammer kein Zeitgefühl, doch du kannst den Ablauf der Tage an deinem Schlafrhythmus festmachen, wenn es Not tut. Du bist nicht einmal müde geworden, als ein alarmierter Schrei erklingt. Eine Wache kommt durch die Tür gestürmt, die zum hinteren Zellentrakt führt. Dorthin, wo du Allyster und Aji vermutest.
Der Elfenwächter rennt an den anderen Zellen vorbei zur Wachkammer. Du springst – wie viele andere Gefangene auch – zum Zellengitter und spähst nach hinten. Dort liegen weitere Zellen, wie du es dir gedacht hast. In einer davon klafft ein riesiges Loch in der Wand, das den Blick auf einen schwarzen Tunnel dahinter freigibt.
Auch ohne die Sprache der Dunkelelfen zu sprechen, weißt du, dass einige Gefangene entflohen sind – offenbar wichtige Gefangene, da die Zellen im hinteren Bereich etwas ansehnlicher und besser gesichert sind als deine eigene. Jetzt laufen die Wachen zum hinteren Raum, es herrscht großes Chaos. Mehrere Dunkelelfen kriechen in den Tunnel, unter den Gefangenen erhebt sich ein Triumphgeheul, von dem es dir eiskalt über den Rücken läuft. Es dauert nicht lange, bis der Lärm den dir bereits bekannten weißhaarigen Elfen anlockt, der Befehle bellt und die Wachen in einen Zustand panischen Chaos' versetzt.
Dann tritt der Elf an das Zellengitter und packt dich am Kragen, ehe du zurückspringen kannst.
„Wo sind deine Freunde?“, fährt er dich an, sein Atem ist heiß auf deiner Haut.
„Ich weiß nicht, wovon Ihr sprecht!“, behauptest du wieder, aber du musst dir ein Grinsen verkneifen. Allyster und Aji sind entkommen! Das wird den Elfen eine Lehre sein, einen Magier einzusperren.
Allerdings, wird dir schnell bewusst, wissen die beiden nicht, dass du ebenfalls im Gefängnis sitzt. Ob sie auf die Idee kommen werden, dich zu befreien?
Der weißhaarige Elf stößt dich fluchend auf den Boden und stampft davon. Das Geschrei wird noch etwas lauter, als mehrere Wachen aufbrechen und einen Suchtrupp zusammen stellen. Dann wird es still in den Zellen – die Wachen sind fort.
Jetzt oder nie!, sagst du dir, hockst dich vor die Zellentür und beginnst, das Schloss zu knacken. Schnell haben sich die anderen Gefangenen hinter dir versammelt, schweigend wie Wölfe. Deine Hände werden feucht, weil in ihren glimmenden Augen eine unverständliche Bosheit schlummert.
Das Schloss springt mit einem leisen Klicken auf und die Elfen strömen lautlos wie Geister an dir vorbei. Aus der Wachkammer dringen kurz darauf Kampfgeräusche, allerdings wird es bald wieder still. Einer der Gefangenen kommt mit einem großen Schlüsselbund zurück und beginnt, die restlichen Kerker zu öffnen.
Du kümmerst dich nicht darum, was aus den Elfen wird. Stattdessen gehst du durch die Wachkammer, auf deren Boden drei leblose Gestalten liegen, und verlässt den versteinerten Riesenbaum. Auf dem Innenhof blinzelst du in das Licht der untergehenden Sonne. Der Hof ist verlassen, also huscht du schnell in die Kammer, in die sie zuvor deine Stute geführt haben.
Die Tinkerstute steht in einem kleinen Stall, dessen Boxen eher an große Hundezwinger erinnern, neben ihr ein dir wohlbekannter Schimmel und ein Maultier. Auch deine geliebten Säbel und die Ausrüstung von Allyster und Aji findest du, nebst den Sätteln und euren Vorräten.
Während die Gefangenen draußen mit katzenhafter Verstohlenheit den Hof verlassen und in der Stadt untertauchen, sattelst du die Pferde, lädst schnell die Vorräte auf das Maultier und greifst dir die Säbel. Im Schutz der Dunkelheit kannst du dich aus dem Burghof schleichen, doch da hörst du Schritte vor dir. Du versteckst dich mit den drei Pferden in einem verlassenen Haus und beobachtest eine Gruppe Dunkelelfen auf ihren schwarzen Wölfen, die soeben in das Schloss zurückkehren. Es muss sich um diejenigen handeln, die Aji und Allyster suchen sollten. Allem Anschein nach waren sie nicht erfolgreich.
Zum Glück bleiben die Pferde absolut still. Im Rücken des Suchtrupps schleichst du die gewundenen Pfade der Stadt im Baumstamm herab und huschst schließlich in den Wald. Ein wenig Mitleid hast du schon mit den Wächter-Dunkelelfen. Da wollten sie zwei geflohene Gefangene suchen und kehren nun zu verlassenen Zellen zurück.
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Außerhalb der Stadt steigst du in den Sattel und führt die Pferde eilig ins Unterholz, bis es zu dunkel ist, um auch nur die Hand vor Augen zu sehen. Du entzündest kein Feuer, sondern suchst dir eine verborgene Erdkuhle.
Dein Triumph über die geglückte Flucht klingt schnell ab, denn irgendwie musst du nun Allyster und Aji finden. Du hast allerdings keine Ahnung, wohin der Tunnel den Magier und den Jungen geführt hat, noch, was die beiden planen. Suchen sie dich oder wenden sie sich dem Schöpferstein zu?
Du entschließt dich schließlich, zum Waldrand zu reisen und dort auf sie zu warten. Falls die beiden dich suchen, werden sie es hoffentlich dort tun, auf jeden Fall aber solltest du sie im offenen Sumpfland schneller entdecken als zwischen den Baumstämmen.
Doch du wartest mehrere Tage ohne Erfolg, bis sich langsam die Gewissheit in dir breit macht, dass Allyster und Aji nicht kommen werden. Deine Vorräte schwinden, weil du deine Freunde einfach nicht aufgeben willst, während die Wochen ins Land ziehen. Die Nächte verbringst du voller Angst, dass die Dunkelelfen dich finden könnten, und mit der großen Hoffnung, dass Arthrax und Elred mehr Glück haben als du.
Der Gedanke an deinen Bruder jagt dir einen Stich durch's Herz. Hättest du dich bloß freundlicher von ihm verabschiedet! Was, wenn du ihn nie wieder siehst?
Dies ist kein Canon-Ende, deswegen gibt es hierzu keine Fortsetzung.
Um das Canon-Ende für Brennas Teil der Geschichte zu erreichen, musst du nach deinen Gefährten fragen.
Vielen Dank für's Lesen und viel Spaß beim Weiterspielen!