Du bist Brenna Sundergeer.
„Um ehrlich zu sein“, beginnst du zögernd. „Es gibt durchaus einen Konflikt, nur, dass er noch nicht mit Waffen ausgetragen wird. Du hast recht, gewöhnliche Söldner würde man hier nicht brauchen, doch wir haben eine sehr spezielle Mission.“
Du zögerst ein letztes Mal, während Karja dich neugierig mustert. Ein schneller Blick über die Menge der Essenden zeigt dir, dass niemand euch Beachtung schenkt.
Es gibt kein Zurück, also erzählst du ihr die Wahrheit: „Kalynors Herrschaftshaus, der König und die Königin persönlich, haben uns geschickt. Sie fürchten, dass sich die Völker der Jenseitslande zu einem Krieg gegen uns zusammenschließen. Wir sind gekommen, um die Unterpfäde dieses Bündnisses zu vernichten oder zu stehlen.“
„Die Schöpfersteine“, murmelt Karja ehrfürchtig. „Seid ihr hinter denen her?“
Es hat keinen Sinn, das abzustreiten. Du nickst, merkst aber, wie Allyster unruhig über seinen Bart streicht. Der Zauberer ist besorgt.
„Ihr habt Recht darin, dass sie ein Unterpfad für unser Bündnis sind“, sagt Karja und weil sie ‚unser‘ sagt, sinkt dein Mut. „Die Macht der Schöpfersteine soll sicherstellen, dass jedes Volk am Ende einen gleichen Anteil von Kalynor erhält. Niemand in euren sogenannten Jenseitslanden vertraut dem anderen, jeder fürchtet Verrat und Betrug. Schon allein deshalb ist es unmöglich, den Ammoniten zu stehlen – er ist unser Unterpfad für die Zukunft und wird strenger bewacht als selbst die größten Schätze und dunkelsten Geheimnisse der Piraten.“ Plötzlich lächelt Karja breit und verschmitzt. „Ich liebe unmögliche Aufgaben!“
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Wie sich nach einer kurzen, harten Verhandlung herausstellt, ist Karja nicht nur gewillt, euch zu helfen – sie besteht sogar darauf und droht, euch über Bord zu werfen, wenn ihr sie nicht auf der Stelle in all eure Pläne einweiht. Am nächsten Morgen sitzt ihr drei also im sonnenbeleuchteten Bug des Schiffes, fernab jeglicher neugieriger Ohren, und legt ihr eure wagen Pläne vor, den Schöpferstein der Mondsee zu erlangen.
Karja schüttelt nur den Kopf: „Ihr seid keine Kriegstaktiker, oder? Das ist kein Plan, das ist ein Vorhaben. Was ihr braucht, sind genaue Informationen über den Schöpferstein, die Wachen und die Maßnahmen zu seinem Schutz, über die Piraten und ihre Anführer – kurz, über alles!“
„Ihr mögt es euch kaum vorstellen können“, unterbricht Allyster säuerlich, „doch nur wenig Kunde der Jenseitslande gelangt nach Kalynor.“
„Zuerst einmal heißt es die Freien Lande, nicht die Jenseitslande, wenn ihr nicht auf der Stelle als Fremdlinge enttarnt werden wollt“, fährt Karja ungerührt fort. „Dies ist die Mondsee, doch es hilft, wenn ihr sie auch ab und zu ‚Areste‘ nennt oder ‚grausame Mutter See‘. Die Piraten lieben und fürchten das Meer, auf jeden Fall aber leben wir mit ihm im Einklang. Ihr müsst diese Einheit wenigstens in eure Sprache übernehmen.“
„Warum hilfst du uns?“, unterbricht Allyster sie unvermittelt.
„Anders gesagt: Wieso solltet ihr mir vertrauen“, erklärt Karja und wirft dem Magier einen langen Blick zu. In ihr Gesicht steht eine Härte geschrieben, die von langem Leiden und tiefer Wut zeugt. „Ich habe meine persönliche Rechnung mit den Piratenkönigen offen, denn sie haben mir mehr als oft genug das Leben zur Hölle gemacht. Es gibt einen Grund, warum mein Schiff so weit vom Markt entfernt anlegt – ich hasse die Piratenkönige und dem Bündnis mit den anderen Freien Völkern stehe ich mehr als kritisch gegenüber. Kurz gesagt: Ich will sie aufhalten, und eure Mission trifft sich gut mit meinen eigenen Zielen. Den Schöpferstein könnt ihr behalten, doch ich will die Piraten leiden sehen für das, was sie der Mondsee aufzwingen!“
„Aufzwingen?“, wiederholt Allyster.
„Sie besteuern uns! Sie regieren uns!“, braust Karja auf. „Und nicht zuletzt behandeln sie Männer und Frauen ungleich! Als weiblicher Kapitän muss ich doppelte oder dreifache Steuern zahlen. Sie nehmen uns alle Freiheiten, die uns zu Seeräubern gemacht haben, sie nehmen Kapitänen das Vorrecht, auf ihrem eigenen Schiff zu bestimmen. Sie verlangen Wucherpreise für jede Ware, für die Mannschaft, für die Schiffe. Es gibt kaum noch Frauen mit eigenem Schiff, weil sie sich die Steuern nicht mehr leisten können, und auch einige Männer stehen kurz vor dem Ruin. Das alles ist nur die Schuld der Piratenkönige!“ Karja schlägt mit der Faust auf den Tisch. „Wenn ihr mir das nicht glaubt, könnt ihr auch gerne von Bord gehen, hier und jetzt!“
„Ich glaube dir“, sagst du ruhig, denn du kannst Karjas Wut sehr gut nachvollziehen.
„Und ich würde es vorziehen, an Bord zu bleiben, also gehe ich davon aus, dass du die Wahrheit sagst“, sagt Allyster. „Es ist ein verflucht weiter Weg, um die ganze Strecke zum Markt zu schwimmen.“
Karja wirkt etwas besänftigt. „Es tut mir leid. Ich hätte euch niemals von Bord geworfen, es ist nur … diese Sache macht mich wütend. Es geht nun schon seit Jahren so, und man fühlt sich einfach machtlos.“
„Ich verstehe das“, meinst du mit einem ironischen Grinsen, denn du musstest an deine Aufnahmeprüfung in die Söldnerarmee denken. Niemand hatte einer Frau zugetraut, das harte Training durchzustehen und dann auch im Krieg die Nerven zu behalten. „Obwohl – ich hatte das Glück, dass ich nicht machtlos war. Ich glaube, an deiner Stelle wäre ich längst durchgedreht.“
„Es gibt viele, die behaupten, dass auch ich längst den Verstand verloren hätte.“ Karja grinst grimmig. „Umso besser, wenn ich es ihnen endlich beweisen kann!“
„Unser Vorhaben grenzt wahrlich an Wahnsinn!“, sagst du und lächelst breit zurück.
Dann weiht ihr Karja vorbehaltlos in alles ein und zeigt ihr sogar den Schöpferstein, den ihr den Dunkelelfen abgenommen habt und den Aji immer noch um den Hals trägt.
„Ihr seid alles andere als gewöhnliche Söldner!“, stellt Karja beeindruckt fest und du fühlst dich stolz wie zuletzt als junges Mädchen, wenn dein Vater deine Blumenketten bewunderte. Etwas verwirrt versuchst du, deine überbordenden Emotionen zu ergründen, und bist deshalb nicht ganz bei der Sache, als Allyster von eurem Abenteuer im Wald der Dunkelelfen berichtet.
„Also könnt ihr die Macht des Schöpfersteins nutzen?“, ruft Karja mit einem Mal aus.
„Aji kann es“, berichtigt Allyster. „Ich habe es einmal versucht, doch der Stein … er verschließt sich mehr. Er ist wie ein Hund, er mag nur Aji.“ Der Zauberer wuschelt dem Jungen durch die Haare. Aji schiebt die Hand mit einer schwachen Bewegung beiseite.
„Aber das verbessert unsere Chancen ungemein!“ Karjas Stimme überschlägt sich leicht. „Wie gut funktioniert es?“
„Ich muss mich konzentrieren“, berichtet Aji zögerlich. „Und dann spricht der Stein zu mir und ich kann ihm sagen, was ich brauche.“
Karja hebt ungläubig eine Augenbraue.
„Wir vermuten inzwischen, dass die Schöpfersteine eine Art Bewusstsein besitzen“, springt Allyster dem Jungen zur Seite. „Sie können die Sprache der Magie verstehen und einige wenige, besonders starke Gedanken lesen. Lebendige Steine wie in der Wüste von Galabad.“
„Ihr seid Träger“, murmelt Karja wie in Trance. „Träger der Schöpfersteine! Sie gehorchen euch.“
„So oder so“, bringt Allyster sie auf den Boden der Tatsachen „Wir brauchen einen Plan, wie wir den Schöpferstein der Mondsee erlangen!“
Ein breites Grinsen kriecht auf Karjas Gesicht. „Da könnte ich was für euch haben ...“
Dies ist kein Canon-Ende, deswegen gibt es hierzu keine Fortsetzung.
Um das richtige Ende zu erreichen, musst du die billige Herberge wählen.
Vielen Dank für's Lesen und viel Spaß beim Weiterspielen!