Die restliche Woche verging relativ schnell und ereignislos. Cam und Cora brachten am Donnerstag den Vorschlag Samstag gleich am Morgen an den Strand zu fahren und den heißen Tag am Meer zu verbringen. Ich willigte ein und gab Cora bescheid, dass ich Mindy auch mitbringen würde. Als sie sie zum ersten Mal sah, fragte sie mich ob das mein Ernst sei. Na gut, man muss dazu sagen, dass Mindy an diesem Tag eine ziemlich kurze Short und ein knallpinkes bauchfreies Top trug. Dazu fielen ihr die roten Locken ins Gesicht und ihre riesen Ohrreifen lagen ihr quasi auf den Schultern, so groß waren die.
Nach kurzer Zeit merkte Cora aber dann, dass Mindy eine ziemlich lustige Gesellschaft war und so wurden wir nach ein paar Tagen eine richtig kleine Clique, naja oder so etwas in der Art.
Es war Samstag und ich zog gerade ein leichtes Sommerkleid über meinen schwarzen Bikini, als Cora nervös in mein Zimmer kam.
„Den oder den?“, fragte sie mich mit hochrotem Kopf.
Sie hielt mir zwei Bikinis vor die Nase, einen roten und einen geblümten. Ich wusste sofort, dass sie nur so nervös war, weil Luke wahrscheinlich auch mitkommen würde. Sie sollte ernst genommen werden, also zeigte ich auf den roten und sie verschwand schon wieder in ihr Zimmer.
Cora’s Nervosität schien sich im Auto beruhigt zu haben als Mindy eifrig über einen Typen mit blauen Haaren sprach. Ich konzentrierte mich auf die Straße und bekam somit kaum etwas von der Geschichte mit. Cora sah Mindy mit einem undefinierbaren Blick an, was mich ständig zum Lachen brachte.
Nach gut einer Stunde kamen wir am Parkplatz vor dem öffentlichen Strand an. Cam schrieb uns, dass sie auch gleich hier sein würden. Ich war gerade dabei Mindy’s Strandkorb aus dem Kofferraum zu holen als ein weißer Range Rover auf den Parkplatz einbog und neben uns stehen blieb. Beeindruckt hob ich die Augenbrauen, Mindy pfiff anerkennend und Cora schien schon wieder rot anzulaufen.
Der Motor des Wagens war noch nicht einmal aus, schon riss Blondie die Türe auf und stürmte hinaus.
„Gib ihn verdammt nochmal weg!!!“
Er lief so schnell als wäre ein Monster hinter ihm her. Wir drei, sahen ihm mit schräggelegten Kopf dabei zu wie er vor etwas weglief.
Oh mein Gott... er lief vor einem Hund weg. Ein schoko-brauner, ziemlich niedlicher Labrador sprang aus dem Wagen und stürmte hinter Blondie her. Als das Tier bei uns angekommen war schien Alex aka Blondie aber uninteressant geworden zu sein und so warf sich dieses süße Ding vor meinen Füßen zu Boden. Er oder sie lag auf den Rücken und wedelte fest mit dem Schwanz, ich wurde aufgefordert den Bauch zu kraulen und das tat ich auch.
Gefolgt von Luke kam nun auch Cam auf uns zu und begrüßte uns. Er schien ziemlich beeindruckt davon, dass der Hund sich hier so verwöhnen ließ.
„Na sieh mal einer an... Killer hat eine neue Freundin gefunden!“
Ich zog eine Augenbraue hoch. Killer? Ernsthaft?
„Wer nennt seinen Hund bitte Ki...“
„Ich.“
Ein grinsender Tommy kam um die Motorhaube seines Wagens. Oh, er auch hier?
Er pfiff nach seinem Hund, sollte wohl ein Kommando sein zu ihm zu kommen.
Funktionierte nicht.
Nach dem dritten Pfiff schien Tommy langsam sauer zu werden, was mich umso mehr amüsierte, denn der Süße machte keine Anstalten von meiner Seite zu weichen.
„Killer, komm sofort her!“
Klar war, vielleicht tanzten die Mädchen nach Tommy’s Nase. Sein Hund tat es auf jeden Fall nicht.
„Na komm du Süßer, geh mal zu deinem Herrchen. Der wird ja schon ganz böse.“
Ich sagte es beabsichtigt in einer ziemlich kindlichen Stimme und klopfte mir dabei auf den Oberschenkel.
Und siehe da!
Killer, was für ein toller Name, erhob sich wirklich und folgte mir zu Tommy. Ich klopfte ihm auf die Schulter und brachte ihm so sein Tier zurück.
„Ich zweifle wirklich an deiner Autorität, weißt du das?“
Luke und Cam wartete ehrfürchtig auf die Reaktion von Tommy, während Mindy mich anlächelte und Cora ihren heimlichen Schwarm anstarrte. Das Herrchen sah mich zuerst teuflisch an, oh wenn Blicke töten könnten, aber dann verwandelte sich sein angepisster Blick in ein kurzes Schmunzeln. Ich zwinkerte ihm zu und ging dann gefolgt von Cora und Mindy Richtung Strand.
Blondie stand mit verschränkten Armen auf seinem bereits ausgebreiteten Handtuch und funkelte Killer böse an.
„Das ist kein Hund, das ist ein Monster!“
„Und ich dachte kurz du wärst wirklich ein Mann...“, erwiderte ich lachend als ich bei ihm ankam. Nun bekam ich den bösen Blick.
Langsam aber doch fand sich unsere kleine Gruppe wieder und alle suchten sich ein Plätzchen im warmen weißen Sand. Während wir alle versuchten in der Sonne zu entspannen, gab Blondie Tommy ein paar Tipps zur richtigen Erziehung seines Hundes. Ich bezweifelte, dass Tommy ihm überhaupt für 10 Sekunden zu hörte, doch zumindest tat er so.
„So schwer kann das doch nicht sein. Du wirst ein schlechter Vater, wenn du nicht mal einen Hund erziehen kannst. Sogar Sophia’s Eltern haben das irgendwie hinbekommen und ich denke das war bestimmt nicht einfach...“
Das Grinsen verschwand aus Blondie’s Gesicht als er meinen Gesichtsausdruck sah. Ich schluckte fest, was sollte ich bloß sagen? Er wusste doch nicht was er von sich gab, ich konnte ihm also keine Schuld dafür geben.
Hilfesuchend blickte ich zu Cam der mich bemitleidenden ansah und Cora welche den Mund bereits öffnete, doch anscheinend fand sie nicht die richtigen Worte dafür. Tommy sah mich mit zusammengezogenen Augenbraun an. Die Stimmung war angespannt und so starrte ich ein paar Sekunden panisch um mich herum. Was sollte ich blo...?
„Also meine Eltern haben mich zu einer erstklassigen Tussi erzogen, auch nicht grad der beste Job.“
Ich schloss die Augen und sendete hunderte Gebete an den Himmel.
Danke, Mindy!
Blondie schien meine Reaktion nicht weiter zu beachten, denn sofort begann er eine Diskussion über Mindy’s Erziehung. Luke schien damit beschäftigt zu sein, Cora zu beobachten, doch Tommy ließ mich nicht aus den Augen. Er scannte jede Bewegung von mir, er sah aus als würde er ein Rätsel lösen wollen. Na viel Spaß dabei!
Um dieser unangenehmen Situation zu entfliehen, entschloss ich mich mal eine Runde schwimmen zu gehen. Ich zog mein Kleidchen aus und faltete es zusammen. Tommy’s Augen lagen immer noch auf mir, aber in so einem Moment ist es mir hundertmal lieber als gerade eben. Ich wurde nicht verlegen wenn mich ein heißer Typ abcheckte oder anmachte, was mir aber unangenehm wurde ist, wenn man mich auf meine Vergangenheit ansprach.
„Fertig mit dem Starren?“, fragte ich Tommy belustigt.
„Nicht ganz...“, erwiderte er frech.
Der Typ kannte echt kein Schamgefühl. Das gefiel mir!
Blondie verschluckte sich und starrte mich an.
Ich schüttelte nur lachend den Kopf und ging in Richtung Meer.
Als ich schon ein wenig entfernt war rief ich ihm doch noch nach.
„Starren ist erst Montags im Angebot. Heute gibt’s nur grapschen.“
Ich blickte nicht zurück und lief mit einem Grinsen im Gesicht über den heißen Sand.
„Oh, darüber sollten wir uns genauer unterhalten...“, hörte ich Tommy murmeln.
Meine Zehenspitzen berührten bereits das angenehm kühle Wasser als er neben mir angelaufen kam. Ohne mich weiter zu beachten ging Tommy den Wellen entgegen. Ich drehte mich um und sah zu den anderen. Mindy hielt mir den Daumen entgegen gestreckt, der Rest lag regungslos auf den Handtüchern.
Sofort roch ich die salzige Brise und genoss die Sonnenstrahlen auf meiner Haut. Schritt für Schritt ging ich weiter ins Meer hinein, vor mir stand Tommy mit dem Rücken zu mir gewandt. Mit einem Sicherheitsabstand von zirka 3-4 Meter blieb ich neben ihm stehen. Das Wasser reichte mir in etwa bis zur Hüfte. Der Wind wehte heute besonders stark und so wurde ich mit jeder neuen Welle immer nasser.
„Du hast immer einen frechen Spruch auf den Lippen oder?“
Ich gab ihm keine Antwort sondern grinste ihn nur schelmisch an und zuckte mit den Schultern.
„Damit hast du Alex ziemlich beeindruckt...“
Oh, ich war mir sicher, Blondie war leicht zu beeindrucken, daher sah ich das eher als Beleidigung!
„Nur Blondie?“
„Blondie? Naja Cam ist es ja bereits und Luke scheint Augen für jemand anderen zu haben...“
Damit drehte er sich um und deutete mit einer Kopfbewegung zu den anderen an den Strand. Sogar von weitem konnte ich erkennen wie Luke Cora zu lächelte, ich hoffte für ihn, dass er ein netter Kerl war. Er würde so oder so Schwierigkeiten mit Cam bekommen.
Cora war zwar kein Unschuldslamm, doch ich würde behaupten sie war nicht die Erfahrenste. Cam war außerdem sehr beschützerisch und ich bezweifelte, dass er einen Freund von sich an seine Schwester lassen würde.
„Und mich vielleicht auch“, grinsend riss Tommy mich aus meinen Gedanken.
„Was?“
„Ich sagte, mich hast du vielleicht auch ein wenig beeindruckt...“
„Achso“, antwortete ich trocken und sah zurück zu Cora.
Würde ihr jemand das Herz brechen, dann würde er auch mir das Herz brechen. Das würde ich niemals zulassen, denn sie verdiente nur das Beste.
„Wow. Fall mir nicht gleich um vor Begeisterung“, rief Tommy und spritzte mir eine Landung Salzwasser ins Gesicht.
Ich blies mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und sah zu ihm. Er strahlte vor Begeisterung über seinen erfolgreichen Angriff, normalerweise würde ich jetzt erst richtig mit einer Wasserschlacht beginnen. Doch irgendwie war mir im Moment nicht danach, ich schweifte dauernd mit den Gedanken ab. Normalerweise passierte mir das nur nachts, wenn ich wach im Bett lag. Vielleicht hat es etwas mit dem Kommentar von Blondie vorhin zu tun, irgendwie war ich gerade ziemlich neben der Spur.
Als ich wieder in meine Gedankenwelt verfiel, bemerkte ich nicht, dass ich meinen Blick auf Tommy richtete. Es war nicht meine Absicht, aber wahrscheinlich sah es so aus, als würde ich ihn gerade ziemlich anstarren.
„Also bei mir gibt es heute auch Grapschen im Angebot, aber du kannst auch weiter starren wenn du möchtest“
Er legte den Kopf schief und begann zu strahlen, als er mir mit diesem Kommentar ein Lächeln hervorlockte. Wenn jemand noch blödere Sprüche auf Lager hat, dann war das eindeutig Tommy!
„Entschuldige die Frage, aber ich bin erst im ersten Semester hier. Bist du hier an der Uni so einer der kleinen Badboys?“, neckte ich ihn.
Tommy lachte laut auf und schüttelte den Kopf. Er tauchte unter. Kurz darauf war er wieder zu sehen und strich sich mit dem Handrücken die Wassertropfen von seinem Gesicht. Wunderschöner Anblick!
„Das kratzt jetzt an meinem männlichen Ego, aber ich denke dafür bin ich nicht ’bad’ genug. Also vielleicht bin ich nur der ’Boy’ der Uni?!“
Ich war mir nicht sicher ob das eine Frage war oder nicht, aber es brachte mich zum Lachen. Er kratzte sich am Kinn und zwinkerte mir erneut zu. Vielleicht kein Badboy, aber ein kleiner Womanizer war er sicherlich!