Im Raum flackert das einsame Licht einer einzelnen Kerze.
Ich sitze am Tisch im Raum vom letzten Mal, mir erscheint alles in noch dunklerer Atmosphäre als zuvor.
In Gedanken verloren spiele ich mit einer schwarzen Feder, welche mit Katzengold verziert ist. Vor mir liegt ein weißes, noch ganz glattes Blatt Papier und wartet darauf mit Tinte, dunkler als die finsterste Nacht, befüllt zu werden.
Nach einem weiteren Moment des Zögerns und begleitet von einem frustrierten Schnauben, setze ich die Feder auf das Papier und schreibe mit wilden Schwüngen.
»Man sei gewarnt«, steht mit großen Buchstaben auf dem nun erdunkelten Blatt und ich hebe es prüfend in die Höhe.
Die unüblich glatte Oberfläche und mein übertriebener Gebrauch der Tinte, führen dazu, dass von den Buchstaben sich langsam etwas Schwärze löst und wie das Blut eines Schattens sich seinen Weg nach unten sucht.
Gefällt mir.
»Dachte ich mir«, antworte ich augenscheinlich ins Nichts und erhebe mich vom Stuhl, das Papier lege ich zurück auf den Tisch aus blutrotem Amaranth Holz.
Darf ich dann übernehmen?
»Nein, gleich erst. Dieses Kapitel brauche ich noch. Vor deiner Art muss man schließlich warnen.«
Der Stuhl kratzt über den Boden aus dunklem Ebenholz, als ich ihn zurückschiebe und zur Tür des Raumes schreite.
Vor der Tür bleibe ich stehen, lehne mich mit verschränkten Armen an die Wand neben dem Türrahmen und blicke direkt zum Leser.
»Also« beginne ich mit einem Seufzen, »wer nach diesem Teil weiter liest, ist selbst schuld dran.«
Offensichtlich.
»Unterbrich mich nicht, Lavernys«, entgegne ich einem Schatten, welcher langsam aus dem dunklen, hinteren Teil des Zimmers über den Boden geschlichen kommt.
»Also. Ich muss dich warnen«, spreche ich wieder zum Leser.
»Ich kann keine Garantie dafür geben, was der Erzähler sich überlegt.
Es wird mit Bestimmtheit finster, wahnsinnig, traurig, verwirrend und zum Schreien, auch im Sinne von grausiger Rechtschreibung und mehr- «
Ey!
»Nach diesem Kapitel, werde ich nur ein bisschen da sein und der Erzähler darf übernehmen. Ab da, gilt also auch: Wer nicht mehr kann, dreht um.«
Ich werde euch in Räume führen. In jeden Raum soll es anders sein, jeder Raum hat eine Eigenart und wer einmal drin ist, wird nicht raus können, ehe ich fertig bin und die Tür wieder öffne.
»Sollte ich merken, wie er es übertreibt, werde ich aber versuchen die Türe von Außen zu öffnen.«
Spielverderber!
»Tote Leser bringen dir auch nichts, Lavernys.«
Leider...
Ich seufze und drücke mich von der Wand ab.
»Zur Begleitung wird es am Anfang ein Lied oder eine Playlist geben, wer will, kann sich diese dann beim Lesen anhören. Wenn es noch weitere Tipps für die Stimmung gibt, werden wir drauf hinweisen.«
Das auffordernde Klatschen meiner Hände hallt laut und einen Schauer über den Rücken jagend durch den dunklen Raum.
Ein Schatten erhebt sich aus der Dunkelheit und der Erzähler schreitet mit skurril wippenden Schritten zur Tür.
Das wird ein Spaß.
Der Erzähler geht zum Flur hinaus und ich folge, doch im Türrahmen bleibe ich kurz stehen.
»Wer sich traut, soll mit kommen, wer nicht, soll sich umdrehen und nach Hinten in die Dunkelheit gehen, irgendwann wird schon ein Licht nach draußen erscheinen.«
Mit diesen Worten gehe auch ich und man hört nur noch dumpfe Schritte vom Flur, während die Tür, wie in Zeitlupe und gespenstig knarzend anfängt sich zu schließen.
Eine Stimme haucht, wie ein kalter Wind, herein.
Nun, traust du dich?