Rons Nerven spannten sich zum Zerreißen an. Er wollte nicht glauben, was er sah. Das Dunkle Mal eines anderen Lords stand am hellblauen Herbsthimmel. Das war nicht möglich. Aber ein verstohlener Blick in Hermines Richtung zeigte ihm, dass auch sie es gesehen hatte. Sie war kreideweiß geworden und hatte ihre Hand auf den Zauberstab gelegt. Ruhig sagte sie in Ginnys Richtung: „Wir sollten zum Hotel fahren. Hier fühle ich mich gerade nicht wohl.“ Ron staunte über seine kleine Schwester. Zum ersten Mal bemerkte er, wie erwachsen sie geworden war. „Ihr habt es auch gesehen, nicht wahr?“, fragte sie leise. „Wem gehört es?“ Ron schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht. Aber es war nicht von Riddle.“ „Dann sollten wir hier verschwinden. Zwischen den Muggeln stehen wir hier mitten auf dem Präsentierteller. Wenn es tatsächlich ein anderer Dunkler Lord ist, ist er Harrys Feind. Also wird er uns auch als Ziele sehen.“, stellte Ginny vollkommen zutreffend fest. Wie immer bewahrte Hermine auch jetzt den Überblick: „Wir fahren erst mal zurück ins Hotel. Dann sehen wir weiter.“ Sie winkte ein Taxi heran und sagte dem Fahrer die Adresse des Mandarin Orientale.
Die kurze Fahrt verlief schweigend und angespannt. Obwohl Hermine und Ginny gut auf sich aufpassen konnten, fühlte Ron sich für beide verantwortlich. Am liebsten würde er mit den Mädchen direkt nach Hause zurückkehren. Aber war das klug? Sie hatten bisher keinen Oktober im Schloss verbracht. Harrys Unberechenbarkeit so kurz vor Samhain stellte eine ernstzunehmende Gefahr dar. Aber das Schwarze Schloss bot mit seinen mächtigen Verteidigungsanlagen Schutz. Schon wieder Krieg, dachte Hermine düster. Es konnte doch nicht schon wieder einen Krieg geben. Dennoch wenn es sich tatsächlich um einen anderen Dunklen Lord handelte, würde es Krieg geben. Nicht heute und nicht morgen – aber bald.
Ginny sorgte um Ron und Hermine. Nachdenklich berührte sie Harrys Zeichen auf ihrem Arm. Sofort spürte sie den mächtigen Schutz seiner Magie. Sie hörte seine beruhigende Stimme in ihren Gedanken. Kommt nach Hause, hörte sie ihn rufen. Seine Stimme drang zur ihr jenseits von Raum und Zeit. Sie lächelte glücklich und strahlte Gelassenheit aus. Sie würde nach Hause gehen - zum ihm. Dort waren sie sicher. Er hatte seine Liebe gegeben, um sie zu schützen. Er würde seine Leben geben, um sie zu schützen. Sie würde ihr Leben geben, um ihn schützen. Denn so sollte es sein, vom Anbeginn der Zeit. Die Herrin vom See, der Pen-Dragon und sein Prinz beschützten gemeinsam Britannien. Die Triade lebte und starb für die Freiheit Britanniens. So herrschte sie und so diente sie. Seit Uther Pen-Dragon, Viviane vom See und Merlin dem Zauberer. Seit König Artur, Königin Guinevere und Lancelot dem Ersten Ritter. Der See und das Schloss und die Magie bildeten die Einheit. Sie würden siegen, dessen war sie sich sicher. Die Triade obsiegte letztlich immer, wenn sie vereint war.
Ginevra verwirrten ihre eigenen Gedanken. Nie zuvor hatte sie solche Überlegungen angestellt. Ihre Sehnsucht nach Harry und Draco bereitete ihr körperliche Schmerzen. „Ich fahre nach Hause.“, sagte sie in das Schweigen hinein. Hermine schreckte beinahe auf, vor so viel Entschlossenheit in Ginnys Stimme. Starke Magie strahlte von Ginny aus, so dass die Bordelektronik des Taxis hektisch blinkte. Hermine wusste, dass die Entscheidung gefallen war. „Dann fahren wir noch heute nach Hause.“ Rons Erleichterung darüber, das ihm die Entscheidung abgenommen, klang in seiner Stimme durch. „Okay. Ich kümmere mich um den Rückflug. Ich schlage vor, wir reisen als Muggel. Diese Flugzeuge sind praktisch und die Zauberereiministerien kontrollieren sie noch immer nicht. Unsere Sachen kann das Hotel ins Wizard World schicken. Wir brauchen sie zu Hause nicht.“
Hermine ging im Hotel sofort an die Rezeption und bat ihr Flüge für denselben Abend nach London zu organisieren. Der Hotelmanager geriet zunächst in Panik, weil er dachte man sei unzufrieden. Hermine bestätigte ihm lächelnd, dass alles in Ordnung sei. Sie hätten nur geschäftliches zu erledigen. Sie bezahlte die verbleibende Rechnung und die Flüge bar in Muggelgeld, was die Rezeption noch einmal an ihre Grenzen brachte.
Die Schattenjäger begrüßten die Entscheidung des Trios heimzukehren in Anbetracht der Lage sehr. Ein fremder Lord stellte eine erhebliche Bedrohung dar. Das Schloss war in seiner gesamten Geschichte noch nie gefallen. Es würde auch jetzt sicher sein. Über den Flug machten sie sich keine Sorgen. Muggelflugzeuge galten als sichere und schnelle Reisemittel. Vom Heathrow aus kämen sie ebenfalls sicher ins Wizard World. Von dort aus mit dem Portschlüssel kam direkt nach Hause. Valentin konnte endlich wieder lebendiges Blut trinken. Diese Tatsache stimmte ihn durchaus froh. Zudem hatte sein langjähriger Freund Joshua, sie kannten sich seit 300 Jahren, einen besonderen Leckerbissen in Aussicht gestellt. Sie teilten gelegentlich ihre Beute.