Dracos Erleichterung spiegelte sich nicht in seinem Gesicht wieder. Der Plan, eine passende Unterstützung für seinen Vater zu finden, war aufgegangen. Potter hatte die Muggelfrau anstandslos angenommen. Jetzt führte Christina Lucuis in die Geheimnisse der mobilen Telefonie und des Internets ein. Nicht das Draco auch nur eine Idee gehabt hätte, um was es bei diesen Dingen handelte. Die junge Frau hatte mit ihrem Handy gespielt, als er mit Potter in die Personalabteilung kam. Außerdem kam aus dem grauen Kasten, den Potter als Computer bezeichnete, Musik. Sie kannte sich mit Muggelsachen aus, deshalb hatte Malfoy seinen Charme spielen lassen. Muggel hatten oft solche Dinge. Sie waren wichtig. Man brauchte sie wohl für Büroarbeit.
Der Dunkle Lord ließ ihn gewähren. „Christina, Mr. Malfoy wird Deine Unterstützung mit diesen Muggelsachen brauchen. Hilf´ ihm, sich zu recht zu finden. In der magischen Welt legen wir sehr viel Wert auf Konventionen. Grunnings wird sich daran gewöhnen. Lord Potter sprechen wir mit Mylord an.“, erklärte Draco. „Muggelsachen?“, fragte sie nach. „Muggelsachen, Sir… Mr. Malfoy junior sprichst Du mit Sir an. Er ist Dein Herr. Muggel sind nicht magische Menschen“, meinte Potter ruhig. Sie musste sich mit diesen Regeln vertraut machen. Potter fing Dracos erstaunten Blick auf. Vernon quietschte angewidert. Es war ein Fehler.
„Ach, Dich hätte ich beinahe vergessen.“ Der Dunkle Lord wirkte stab- und wortlose Magie. Lucuis erneuerte vorsorglich den Silencio. Vernon erlebte zum ersten Mal die schwarze Seite der Magie. Potter machte sich einen Spaß daraus, seinem Onkel genau dort Schmerzen zu zufügen, wo er ihn früher am liebsten geschlagen hatte. Es wechselten sich Eisnadeln mit Feuerlinien ab. „Beeindruckend, Lord Potter.“, stellte der Anwalt fest, während die magischen Flammen Dursleys Gesicht umspielten. Er hatte so etwas noch nie gesehen. Bevor sich Dursley an den Schmerz gewöhnen konnte, löste der Dunkle Lord den Fluch. „Du siehst, Onkel Vernon. Ich habe nichts vergessen.“ Äußerlich konnte man dem Opfer nichts mehr ansehen.
Am Nachmittag führte ein Schattenjäger die sorgfältig zurechtgemachte Narcissa Malfoy in Lords Potters privates Arbeitszimmer. Sie kniete vor dem Dunklen Lord mit bezaubernder Eleganz. Er saß mit Theseus auf seinem Sofa und zeigte ihm eine komplizierte Verwandlung. Der Junge hatte sich sehr verbessert. Er konnte die kleine Espressotasse bereits beim zweiten Versuch in eine Maus verwandeln. Der Dunkle Herr verzauberte die Maus in einen schwarzen Kelch. Narcissa wartete ruhig. Sie wollte die Gelegenheit ihren Sohn zu beobachten und vielleicht mit ihm sprechen zu können, nicht verspielen. Es gab keine Zweifel. Der Junge war ihr Kind. Sie war eine Malfoy. Sie beherrschte sich. Sie hätte das Kind so gern in den Arm genommen. Potter hatte ihr ausdrücklich verboten, ihren Sohn zu verwirren. So hatte er es ausgedrückt. Also wartete sie, was er sagte.
Nach endlos langem Warten auf Knien wandte er sich Narcissa zu. „Du kannst aufstehen. Setz´ Dich zu uns. Möchtest Du mit Theseus sprechen?“ Sie wagte es kaum zu atmen. „Ja, Mylord.“ , wisperte sie. „Theseus, diese Frau ist Narcissa Malfoy. Sie ist Dracos Mutter und möchte Dich gerne kennenlernen.“ Der Junge stand sehr höflich auf und verbeugte sich wie vor anderen Respektpersonen. Er war seinem Bruder ziemlich ähnlich, dachte Narcissa. „Mrs. Malfoy, es ist mir eine Ehre. Ich bin Theseus“, sagte Theseus mit kindlichem Ernst. Sie kämpfte mit den Tränen und bezwang sie. „Du kannst Narcissa zu mir sagen.“, brachte sie hervor. „Ich freu mich Dich zu treffen. Du bist gut in Verwandlung.“ Der Junge freute sich über das Lob. „Lord Potter hat mir das beigebracht, Madam.“ Sie nahm ihren Zauberstab und verwandelte den Kelch in einen Miniaturbesen. „Wow. Du bist richtig gut in Verwandlung.“ Er war begeistert. „Narcissa hat vor vielen Jahren Verwandlung studiert.“, warf Lord Potter ein.
Sie wunderte sich, dass er es wusste. Ihr Abschluss war gut gewesen. Natürlich hatte sie nie gearbeitet, trotzdem verfeinerte sie ihre Zauberkunst und Verwandlung jahrelang. Zwar war sie kein Animagus, dafür konnte sie Menschen in Tiere verwandeln und umgekehrt. Auch beherrschte sie Dunkle Verwandlung, konnte also magische Wesen wie Vampire oder Veelas verhexen.
„Draco kann das auch gut.“, sagte Theseus unbekümmert. Narcissa lächelte ihn warm an. „Ich habe es früher oft mit ihm geübt.“, erzählte sie weich. „Mylord, kann ich nicht mit Narcissa üben. Professor McGonagall ist abgereist. Alleine lerne ich nicht soviel.“ Potters Miene blieb neutral, wie so oft. Narcissas Blut rauschte in ihren Ohren. Sie flehte stumm zu Merlin und Morgana, der Fee. Ihr Puls schlug heftig. „Ich bin einverstanden – vorerst.“, beschied er sie beide. Ihr „Danke, Herr.“, kam aus tiefem Herzen. Er schickte das Kind hinaus. „Du kennst die Regeln, Narcissa. Er erfährt nichts, was ich nicht ausdrücklich erlaube. Sonst siehst Du ihn nie wieder und Draco auch nicht.“
Sie würde sich nicht gehen lassen: „Mylord, ich danke Euch für alles. Ich werde Euch nicht enttäuschen.“ Seine Ruhe beängstigte sie. „Ich würde Draco ungern für Dein Versagen bestrafen. Er bereitet mir sehr viel Genuss.“ Dieser lakonische Kommentar überraschte sie nicht. Der Dunkle Herr hatte ohnehin schon sehr viel Gnade gezeigt.
Sie dachte an Voldemort, wie er Draco gesehen und seinen Tod verlangt hatte. Sie hatte es nie verstanden. Sie wusste nicht, wie es Lucius und Severus gelungen war, ihn zu besänftigen. Lucius schwieg und Severus ebenfalls. Sie hatten sicher gute Gründe. „Tom Riddle wollte, dass Draco stirbt.“, sagte sie ohne darüber nachzudenken. „Vermutlich. Er wollte auch das Ginevra Weasley ihm gehört. Er wollte zerstören oder besitzen, was mein ist.“, stellte Potter fest. „Er hat letztlich verloren.“ Potter dachte einen Moment nach und fragte dann zusammenhanglos: „War Gellert Grindelwald jemals in Hogwarts, Narcissa?“ Sie überlegte angestrengt. „Er hat Drumstrang besucht, Mylord. Dort warf man ´raus. Mehr weiß ich nicht darüber. Wobei doch. Meine Mutter Druella kannte ihn flüchtig. Er war sehr kurz in Slytherin - wohl nur ein paar Monate. Dann wechselte er nach Drumstrang.“
Der Dunkle Herr schwieg längere Zeit. Auch Narcissa hielt den Mund, sie wollte ihn nicht stören. „Albus Dumbledore war damals in Gryffindor, oder?“ Sie war gewohnt in Gegenwart eines Dunklen Lords eigenwillige Fragen zu beantworten, ohne darüber nachzudenken. „Genau weiß ich es nicht, Mylord, aber vermutlich schon. Wenn Ihr wünscht, sehe ich in dem Familienarchiv der Rosiers, der Familie meiner Mutter, nach. Meine Mutter hat Jahrgangsbücher angefertigt. Die Unterlagen sind im Hochsicherheitsverlies der Malfoys in Gringotts.“ Potter schüttelte den Kopf: „Das ist nicht nötig. Ich werde mich selbst darum kümmern.“ Er wirkte einen Oblivate, der sie den letzten Teil der Unterhaltung vergessen liess und schickte sie hinaus.