Aurora traf sich mittlerweile regelmäßig mit dem gutaussehenden Joshua Shadowlord. Meistens holte er sie früh am Nachmittag von zu Hause ab. Ihren Eltern gefielen seine angenehme Zurückhaltung und sein gutes Benehmen. Noch nie hatte er versucht, Aurora zu küssen oder weiter zugehen. Er bewegte sich im Haus der Shacklebolts, wie ein Teil der Familie. Ein guter Freund von Aurora war Kingsley immer willkommen, vor allem weil Joshua Auroras gefährlichen Flirt mit Lord Potter beendet hatte.
Der Vampir war satt, daher sah man keine Blässe auf der Haut. Seine seidigen schwarzen Haare hatte er offen gelassen. Seine Hände fühlten sich warm an. Er trug ein gewöhnliches Zaubereroutfit. Sein schlichtes, gutsitzendes Hemd aus Madame Malkins Gryffindor-Kollektion für Erwachsene passte sehr gut zu der schwarzen Hose aus einem Muggelgeschäft. Wie immer hatte er über das Hemd seine Drachenlederjacke mit dem goldenen Pin in Form der legendären Blitznarbe gezogen. An seiner linken Hand steckte ein Platinring mit dem Zeichen des Pen – Dragon. Er achtete akribisch darauf, die Regeln des Konkordats insbesondere bei diesem Auftrag genau beachten. Also legte er immer mindestens zwei Rangzeichen der Schattenjäger sichtbar, wenn auch unauffällig an, wenn er die Shacklebolts besuchte.
„Komm herein, Josh.“, begrüßte ihn Shacklebolt freundlich. Josh verbeugte sich, genauso wie es ein Anhang des Konkordats von einem Schattenjäger oder Auror in Gegenwart eines höhergestellten Vertreters der anderen Seite verlangte. „Es ist mir wie immer eine Freude, Sir.“, gab der Vampir höflich zurück. Kingsley schöpfte keinen Verdacht.
Bei Joshs erstem Besuch hatte er ein paar Fragen gestellt, die der Schattenjäger offen, aber unehrlich beantwortet hatte. Seine Vorbereitung mit Snape auf diesen Job hatte sich, als ausgesprochen hilfreich erwiesen. Der Zaubereiminister fragte nach Shadowlords Arbeitgeber. Er antwortete daraufhin, dass er Nebenjobs für Gringotts und Botengänge für verschiedene Auftraggeber, unter anderem St Mungos erledigte. Außerdem wäre er als Personenschützer auf Jagdausflüge privat engagiert. Diese drei Dinge stimmten alle. Er holte von St Mungos gelegentlich Blutkonserven ab oder brachte Wolfsbanntrank aus Snapes Herstellung dorthin. Manchmal löste er Probleme mit unangenehmen Kunden für Gringotts auf Dauer. Die Kobolde waren nicht zimperlich – er auch nicht. Die Jagdausflüge seiner Lordschaft zu begleiten, war ihm immer eine echte Ehre.
Kingsley rief seine Tochter hinunter, die sich bereits zum achten Mal an diesem Tag umkleidete. Sie wollte endlich von Joshua geküsst werden, den sie für die Erfüllung aller ihrer Mädchenträume hielt. Aus diesem Grund hatte sie mehrmals umgestylt, neu geschminkt und sah nun aus, wie ein süßes Collegegirl. Ein kurzer karierter Rock, weiße Kniestrümpfe in schwarzen Lackschuhen und eine brave weißer Bluse mit einem roten Hals. Zum Anbeißen, dachte der Vampir und meinte es wörtlich. Joshua widerstand dem Impuls, sich über die Lippen zu lecken. Zum Glück brach er zu Verabredungen mit Aurora stets völlig gesättigt auf. Also nahm er ihre Hand und hauchte einen Kuss darauf.
„Darf ich Ihre Tochter entführen, Sir?“, fragte er den Minister. „Wohin geht Ihr beiden eigentlich?“, fragte Kingsley launig zurück. „Wir treffen Auroras Freundin Miss Lovegood bei einem Vortrag über magische Geschöpfe. Es geht unter anderem um Thestrale und Nargel, Sir.“, antwortete Joshua freundlich. „Danach hatte ich vor, Aurora auf einen Drink zu entführen.“, lächelte er jungenhaft. „Dad, wir bringen sozusagen ein Opfer für die magische Wissenschaft. Rubeaus Hagrid redet auch dort.“, erzählte Aurora aufgeregt. „Dann habt viel Spaß Ihr beiden“, wünschte der Minister und die Jugendlichen machten sich auf den Weg.
Joshua war sehr zufrieden. Er hatte sich eng an das Konkordat gehalten und sogar seine Pläne offen gelegt. Selbst der strenge Tränkemeister, der diese Operation überwachte, würde zufrieden sein. Die Vampirsinne machten es ihm wirklich nicht leicht. Die Sonne sank eben und damit wuchs seine Blutgier. Er spürte Auroras Bereitschaft sich ihm hinzugeben, hörte ihr heißes Blut durch ihre Adern rauschen. Seine rechtmäßige Beute, der er solange nachgestellt hatte, ging neben ihm zum nächsten Apparierpunkt. Heute Nacht konnte er sie endlich kosten. Erst würde er ihre Unschuld genießen und dann das Blut.
Er liebte grausame Spiele mit seinen Opfern und konnte sie viel zu selten spielen. Sein Herr hatte ihn dieses Mal sogar dazu aufgefordert, sich alles zu nehmen. Keine unnötige Mäßigung wie bei dem kleinen Sklaven neulich Nacht. Allein die Vorstellung, wie Auroras Augen sich vor Schrecken weiteten, wenn sie verstand, erregte seine Gier. Sie wäre ihm vollkommen ausliefert. Nackt. Wehrlos. Ängstlich. Delikat. Ihre weichen Hände an die Bettpfosten seiner Schlafstatt gefesselt. Die langen Beine gefällig gespreizt. Sie würde betteln, wie alle seine Opfer bettelten. Er liebte das, genauso wie den Duft ihrer Angst. Er hatte sich entschieden, Aurora heute Nacht nicht völlig austrinken. Dafür war er nicht hungrig genug. Lord Potters Ansatz die Sklaven länger zu behalten, hatte unverkennbare Vorteile. Eine hübsche, hilflose Sklavin im Schwarzen Schloss in seinem Quartier jederzeit verfügbar für jeden seiner Wünsche. Der Dunkle Lord gewährte ihm einen fürstlichen Lohn für die kleine Ratte. Danke, Pettigrew, dachte er zynisch.
Außer seiner Dunklen Lordschaft könnte ihn niemand mehr daran hindern, wenn sie erst den Vortragsort erreicht hatten. Selbstverständlich hörte er sich den Vortrag von Miss Lovegood über diese seltsamen Tierwesen an. Lord Potter stand darauf über unbekannte magische Wesen zu philosophieren, also würde er sich informieren. Schließlich fand der Vortrag auch im Wizard World statt, genauer gesagt in Hermines Bibliothek. Das allerdings hatte Shadowlord wohnweislich beim Minister nicht erwähnt. Er apparierte Seit-an-Seit vor den Eingang des Wizard World. Die Türsteher sahen ihn nur kurz an und wünschten vieldeutig eine interessante Nacht.