Blaise hetzte durch sein Quartier, wie ein Tiger durch den Käfig. Er brauchte dringend einen Schattenjägeranstecker, denn schließlich war es sein Pin, der gefunden worden war. Auch wenn er das Dunklen Mal nicht bekommen hatte, trug er ein Rangabzeichen der Schattenjäger. Bis jetzt stand er unter Potters Schutz, aber das würde sich ändern. Als Lord Potters früherer Favorit kannte er dessen Bestrafungsmethoden zu gut, um sich Illusionen hinzugeben. Er musste verschwinden - am besten jetzt sofort.
Zabini bemühte sich ruhig zu amten und sich zu fokussieren. Magie ist Konzentration, dachte er und zählte seine Atemzüge. Sein Herzschlag verlangsamte sich. Der Blutdruck sank und sein Geist klarte auf. Zunächst sollte er einfach aus seinem Quartier gehen. Er würde außerdem Zauberstab und seiner Geldbörse nichts mitnehmen. So konnte es wirken, als ginge er nur ein wenig spazieren. Er hatte geschwitzt, das war nicht gut. Die Vampire und Werwölfe könnten ihn so besser riechen. Der Zauberer duschte mit eiskaltem Wasser. Dadurch wurde er noch wacher und der Schweiß kam von der Haut. Auf ein Duschgel verzichtete er bewußt, um den Vorteil nicht sofort wieder zu verlieren.
Er wählte schlichte und unauffällige Kleidung. Weiche Ledermokassins, eine robuste Lederhose und ein warmes Sweatshirt mit Kapuze sollten genügen. Darüber zog er einen wetterfesten Umhang. Die Schattenjäger vor seinem Quartier konnte er problemlos passieren. Der Zauberer gewann etwas Zuversicht. Er musste nur die Appariergrenze erreichen und von dort Langstreckenappieren. Darin war er schon immer ziemlich gut gewesen. Er würde den geheimen Turm seines Vaters an der italienisch /schweizerischen Grenze in der Nähe von Lugano ansteuern. Von dort aus würde er einen unregistrierten Portschlüssel zum einem Versteck der Familie seiner Mutter in den Everglades nehmen. Dort war er in Sicherheit – zumindest eine Zeitlang.
Der Plan war gut. Wenn Malfoy erfuhr, dass es sein Pin gewesen war, würde er sich bitter rächen. Malfoy hatte einen durchaus grausamen Zug. Das wusste Zabini. Aber jetzt musste er sich konzentrieren. Scheinbar gelassen trat er durch das breite Portal am Eingang des Schwarzen Schlosses. Niemand hielt ihn auf. Warum auch, dachte er. Wenn Lord Potter ihn für diesen Zwischenfall verantwortlich gemacht hätte, hätte er ihn längst verhaften lassen. Blaise spürte den kalten Oktoberwind im Gesicht. Jetzt war er froh, dass er den warmen Pullover angezogen hatte. Er schritt kräftig aus, damit er die Appariergrenze schnell erreichte. Noch immer war weit und breit niemand zu sehen. Langsam hielt er seine übereilte Flucht für ein wenig übertrieben. Vielleicht sollte er einfach mit Lord Potter sprechen. Offensichtlich lag Harry noch immer etwas an ihm. Er hatte Blaise immerhin wieder zu sich gerufen.
Die Appariergrenze lag nur noch wenige Schritte vor ihm. Egal er würde auf jeden Fall nach Lugano apparieren und dort abwarten. Er war freigeboren und konnte gehen, wohin er wollte. Es gab keinen Grund ihn hier festzuhalten. Die kalte, klare Herbst Luft tat ihm gut. Nur noch drei Schritte – und dann waren sie da. Acht Schattenjägeroffiziere standen mit erhobenen Zauberstäben vor ihm. Blaise Zabini hatte keine Chance. Er kannte ihre Namen und kannte das kalte Grinsen. „Sie sollten wieder ins Schloss zurückkehren, Mr. Zabini. Lord Potter erwartete bereits, dass Sie uns verlassen wollen. Sie dürfen nicht gehen. Genießen Sie einfach die Annehmlichkeiten des Schwarzen Schlosses, solange Sie können.“
Aurora träumte einen schrecklichen Albtraum. Sie lag gefesselt auf einem breiten Bett an einem fremden Ort. Joshua hatte sich in einem grausamen Vampir verwandelt, sie hierher verschleppt und ihr in Aussicht gestellt, sie als seine Sklavin zu behalten. Es konnte sich nur um einen Albtraum handeln. Gleich wachte sie zu Hause in ihrem Zimmer wieder auf. In ihrem Schwanenbett aus weißem Ebenholz umgeben von ihren tausend kleinen hübschen Dingen. Bevor er ging, hatte Joshua in ihre Hand geschnitten und die Wunde gierig abgeleckt. Irgendwie hatte dieser Traum auch etwas Erotisches. Er zog sie langsam aus, bewunderte ihre weibliche Schönheit und erzählte ihr, was er alles mit ihr vorhatte. Es musste ein Albtraum sein. Jetzt war er fort. Sie wusste nicht, wann er wieder kam. Vor allem sollte dieser furchtbare Traum enden. Jetzt bemerkte sie, dass ihre Augen offen waren. Dann war sie also doch wach. Ihr Freund war ein Vampir – ein Anführer der Schattenjäger. Blutgierig. Grausam. Erbarmungslos.
Sie erinnerte sich an ihren Unterricht in Verteidigung gegen die Dunklen Künste. Vampire liebten es ihre Opfer in einen Strudel aus Angst und Lust zu ziehen. Das hatte man ihr beigebracht. Für sie wurde der Genuss dann größer. Genau diesen Strudel hatte ihr Joshua versprochen. Oder angedroht? Es ging ihm nur darum seine Gier zu stillen. Er wollte sie verführen, bis sie ihn anflehte, seine Begierden an ihr zu befriedigen. Sie spürte zum ersten Mal ihren Leben Panik. Bewegungslos und wehrlos lag sie als sein persönliches Opfer auf diesem Bett. Niemand konnte ihr helfen. Sie wusste nicht, wo sie war. Sie wusste nicht, wie sie hierhergekommen war. Sie wusste nicht, was geschehen würde. Sie spürte nur die reine Angst.