Ich war ziemlich erstaunt und überrumpelt.
"Ich? Was soll ich alleine denn ausrichten können? Meine Superkräfte tendieren so ziemlich gegen null und die Feinde da unten sind in der Überzahl..."
Es war ja nicht so, dass ich nichts tun wollte, vielmehr fragte ich mich wie und warum gerade ich gegen die schwarzen Geister kämpfen sollte.
"Jetzt beruhig dich erstmal, ich werd dir gleich alles erklären. Ich weiß, wie lächerlich sich das anhört, aber du bist im Moment der einzige Gefangene da drinnen, der über alle Hintergründe Bescheid weiß.",meinte Tom.
"Warum eigentlich? Warum können wir überhaupt hier rumsitzen und uns unterhalten?"
Mein Engel seufzte und rollte angesichts meiner vielen Fragen mit den Augen. Ups, er war genervt...
"Das liegt an *ihm*."
"Mit *ihm* meinst du deinen..."
Ich ließ die Frage unvollendet und Tom nickte nur.
"Für kurze Zeit hast du in meiner Haut gesteckt und ihn gesehn, weil er Gefallen an dir gefunden hat. Wahrscheinlich hat er meine Existenz an dir gespürt oder du hattest einfach nur Pech. Irgendwie bist du jedenfalls mit seinem Gift in Kontakt gekommen.
Ich bin mir nicht ganz sicher warum, aber das hat es mir einfacher gemacht in deinen Geist einzudringen und dich zeitweise von ihm zu befreien. Auch das hier konnte ich möglich werden lassen."
Meine Verwirrung stand mir wahrscheinlich in Großbuchstaben auf der Stirn geschrieben.
"Ich kapier gar nichts...", fing ich an, doch mein Engel unterbrach mich.
"Das kann ich sehr gut nachvollziehen, aber uns rennt so langsam die Zeit davon. Ich weiß nicht, wie lang ich unsere Verbindung bestehen lassen kann.
Darum lass mich erklären. Wenn alles vorbei ist, werde ich dir deine restlichen Fragen beantworten."
Ich nickte geschlagen und Tom fuhr dankbar fort.
"Die schwarzen Seelen schützen sich mit einer Barriere, du musst also den Mittelpunkt ihrer Welt finden, dort ist sie entstanden und von da aus wird sie auch aufrechterhalten.
Wenn du es schaffst eine Öffnung hinein zu reißen, können wir reinkommen und sie vernichten."
Der Junge mit den Flügeln sah mich abwartend an. An sich klang all das logisch, doch wie zur Hölle sollte ich das anstellen?
"Irgendwie zu einfach, um wahr zu sein... Wie soll ich das Zentrum denn überhaupt finden und was muss ich tun, um es zu zerstören?"
Ich kratzte mich an der Stirn, die hatte plötzlich angefangen zu kribbeln.
"Du musst die schwarzen Seelen mit dem konfrontieren, was sie am meisten verabscheuen."
"Mhm", machte ich. "Rosa, Glitzer, Einhörner? Hast du was Konkretes?"
Je mehr ich kratzte, desto stärker juckte meine Haut, das nervte langsam.
Wieder rollte Tom mit den Augen, vielleicht hatte ich übertrieben.
"Mit Liebe und Hoffnung. Lenk sie irgendwie ab." , meinte er. "Ein paar Sekunden würden bereits reichen."
Ah ja, nichts einfacher als das... Ich wollte ihm gerade eine weitere zynische Bemerkung an den Kopf werfen, doch vom einen Moment auf den anderen verlor ich die Kontrolle über meinen Körper. Das Kribbeln breitete sich rasend schnell aus und verwandelte sich in ein Stechen, so als würden mich Millionen kleiner Nadeln gleichzeitig malträtieren.
"Oje, was ist jetzt los?!", schrie ich halb vor Überaschung, halb vor Schmerzen.
Der Boden unter mir wurde plötzlich immer weicher und ich versank ein paar Zentimeter in der Wolkenmasse.
Tom war aufgesprungen, und griff schnell nach meiner Hand, die zu meinem Entsetzen immer durchsichtiger wurde.
"Verdammt! Warum jetzt schon?! Das Wichtigste hab ich dir noch gar nicht gesagt!", rief er verzweifelt.
"W...was passiert mit mir?", brachte ich mit zusammengebissenen Zähnen gerade so hervor.
Ein mächtiger Sog zog mich hinab in die Finsternis, das Gefühl kam mir nur allzu bekannt vor...
Fuck, ich wollte nicht zurück nach da unten. Mittlerweile krallte ich mich mit beiden Händen in Tom's Arm, meine Beine ruderten hilflos in der Luft herum.
"Hör mir genau zu, du musst dorthin gehn, wo "Er" auch ist.", rief er.
"Woher soll ich das denn wissen?!", schrie ich zurück.
"Du wirst es spüren!"
Aha.
"Wie jetzt?! Kannst du nicht endlich mal Klartext sprechen?!", giftete ich, meine Hände rutschten langsam ab.
"Je näher er dir ist, desto schlechter wird es dir gehn!"
Na ganz super...
Mit allerletzter Kraft hielt ich mich über dem kalten Meer aus Rauchschwaden.
"Und nochwas, du darfst auf keinen Fall die Hoffnung verlieren, sonst wirst du es nicht schaffen!"
Sehr schöner Tipp...
"Jaja, aber was ist jetzt mit dem Ablenken?" Es blieb keine Zeit für Andeutungen und Rätsel!
Langsam rutschte ich der Dunkelheit entgegen, die mich mit aller Macht in ihre Tiefen zu zerren versuchte. Mit keinem konkreten Plan oder Ziel.
"Ich weiß zwar noch nicht wie, aber im entscheidenden Moment, werde ich dir helfen!"
Ich nickte mit zusammengebissenen Zähnen, bevor ich endgültig den Halt verlor und im freien Fall hinunterstürzte.
Einen Augenblick war mein Engel noch zu sehen, dann schloss sich der Himmel wieder zu einer zusammenballenden schwarzen Masse und ich war wieder komplett von Dunkelheit umgeben. Das letzte, was ich spürte, war meine brennende Haut.
Dann war ich weg.