Gedankenverloren trat ich an das Gartentor unseres neuen Hauses. Meine Oma lebte hier, bevor sie uns letzten Winter verliess. "Schön hier nicht?", fragte meine Mutter als sie das Tor öffnete um einzutreten. Ich nickte und hörte ein paar Meter neben uns auf einer Linde einen Spatz vergnügt zwitschern. Es war alles so ruhig und friedlich. Und es wirkte auch ein wenig verlassen. Was sich mit mir und meiner Familie aber ruckzuck ändern würde, das war ich mir sicher. "Wie cool!", schrie meine kleine Schwester Sierra und zeigte jubelnd auf eine rot lackierte Schaukel mitten im Garten. Sie war an einem grossen Ast angebunden und schaukelte leicht im Wind. Mum schloss die Tür auf und mir stieg der Geruch von Holz und Zimt in die Nase. Wie früher, dachte ich, als wir über die Sommerferien immer hierher kamen. "Lea willst du dir jetzt schon ein Zimmer aussuchen oder möchtest du lieber warten bis die Zwillingskrümel dir die besten Zimmer wegschnappen?", fragte Dad lachend und ich grinste. Zwillingskrümel, so nannte mein Dad meine zwei kleinen Schwestern, Sierra und Olivia. Noch immer lächelnd stieg ich die schon etwas morsche Treppe hinauf und betrachtete die Bilder an der Wand. Auf jedem Bild waren einzelne Vorfahren abgebildet. Ich stieg weiter hinauf und erklomm den ersten Stock. Jedes Zimmer war in einer anderen Farbe gestrichen, alle waren schön, doch irgendwie passte keines richtig zu mir. Mist. Ich stand eine ganze Weile im Flur und überlegte welches Zimmer ich nehmen sollte. Ich wäre wahrscheinlich noch eine halbe Ewigkeit dort rumgestanden und hätte mir die Zehen abgefroren wenn mir nicht etwas in den Sinn gekommen wäre. Zielsicher eilte ich in den zweiten Stock. Es gab nur zwei Türen. Die eine führte in ein kleines Bad und die andere.. war früher immer abgeschlossen. Ich ging auf die Tür zu und drückte die Türklinke hinunter. Die Tür bewegte sich kein Stück. Eine Sackgasse also. Mit einem klimperndem Schlüsselbund in der Hand stieg Mum die Treppe hoch. Als sie mich vor der Tür sah kam sie zu mir. "Hier, der sollte passen", sagte sie und drückte mir einen silbernen Schlüssel in die Hand. "Danke Mum!", rief ich begeistert und umarmte sie. Nachdem ich mich woeder von ihr löste schloss ich eilig die Tür auf. Das Zimmer war einfach nur unglaublich. Vor den Fenstern hingen meerblaue Vorhänge und der ganze Raum war ausgestattet mit weissen Möbeln. Auf dem hölzernen Boden lag ein kuscheliger blauer Teppich und an der Wand hieng rin grosser Spiegel. Das Zimmer war perfekt. Gut, es war etwas staubig, aber war es das in diesem Haus nicht überall? "Wie cool ist das denn!!", rief Olivia als sie das Zimmer sah und wollte eintreten. Schnell versperrte ich ihr den Weg. "Nein, Oliva, das ist mein Zimmer. Mein neues, perfektes Zimmer!"
DRRRRR, DRRRR, DRRRR.. Blinzelnd richtete ich mich in meinem Bett auf um meinen Wecker auszuschalten. Ich stöhnte. War schon wieder Morgen?? Am liebsten wollte ich mich wieder unter meiner Bettdecke vergraben und hundert Jahre schlafen. "Leeeeeaaa, erster Schultag!!! Juhhuuuu!!", schrie Sierra und riss meine Zimmertür auf. Trotzig zog ich mir die Bettdecke über den Kopf. Langsam fing ich an Dornröschen zu beneiden. Nun kam auch Olivia in mein Zimmer und sprang auf meinen Bauch. "Lea, willst du nicht aufstehen? Heute ist Schule!" Wie können sie nur gerne zur Schule gehen?! Und dann auch noch auf eine neue! Grunzend stieg ich in meine Plüschpantoffeln und schlurfte den Flur entlang. Ich hatte auf jeder möglichen Webseite <> eingetippt, aber ich glaubte kaum, dass mir weder der Kommentar von Keksmonster03 noch den von Ralf_Gräber helfen würde. Ich seufzte ein weiteres mal und bis ich dann tatsächlich im Bus zur Schule sass waren es mindesten neun Seufzer. Gelangweilt sass ich auf meinem Sitz und beobachtete drei gleichaltrige Jungs wie sie darüber diskutierten wer am besten Fussball spielen konnte. An den Fenstern hingen überall Werbeplakate einer Zaubershow und ein paar Plätze hinter mir quatschten zwei Mädchen darüber was die besten Beauty-Produkte seien. Nach einer gefühlten Ewigkeit, hielt der Bus und ich stieg mit den anderen Schülern aus. "Hi! Bist du neu?" Ich drehte mich um und sah ein Mädchen mit perfekt manikürten Nägel, blonden Haaren und ich hätte schwören können ihre Klamotten waren mehr Wert als die ganze Stadt. Ich musste grinsen. Ihre quitschige Stimme passte echt gut zu ihr. "Ja", murmelte ich leise, "ich bin Lea.""Freut mich Lea!", kicherte sie, "ich bin Miranda." Ich wollte sie gerade fragen in welcher Klasse sie sei als sie mich auch schon unterbrach. "Oh mein Goooott, sieh mal da ist Jack!!! Der mit den schwarzen Haaren und den blauen Augen!! Sieht er nicht göttlich aus!!" Naja unter Gott verstehe ich was anderes.. dachte ich und erinnerte mich an den schrumpeligen alten Mann, den ich im Kindergarten gezeichnet hatte. Miranda riss mir beinahe den Arm ab, als sie diesen Jack erblickte. Er stand mit seinen Kumpels auf dem Pausenplatz und sah einem anderen Jungen zu wie er Tricks mit dem Ball vorführte. Miranda und ich setzten uns ein wenig abseits von ihnen auf eine Bank und schauten den anderen noch zu bis es klingelte. Als ich aufstand um zu gehen rollte der Ball zu uns. Geschickt warf ich den Ball mit meinem Fuss hoch und fing ihn mit den Händen auf. Jack und seine Freunde kamen zu uns rüber. "Wow, wo hast du das denn gelernt?", fragte einer beeindruckt. "Ähm.. ich war mal in einem Fussballverein. Ist ja nichts besonderes." "Auf jeden Fall cool. Ich bin übrigens Noah." Ich und Miranda redeten noch ein wenig mit ihnen bis wir dann definitiv in unsere Klasse mussten. Der blonde Junge stellte sich als Marco heraus, Jack kannte ich ja schon halbwegs und der letzte war Noah. Der ganze Tag verlief echt gut, ich hatte schon am ersten Tag Freunde gefunden, und Marco bot mir sogar an in ihre Fussballmanschaft zu kommen.