Gras- und Erdbrocken stoben durch die Luft, als der Rappe mit donnernden Hufen dahin preschte. Mit wildem Jauchzen trieb die Reiterin mit dem braunen, widerspenstigen Haaren das Pferd zu Höchstleistungen an. Minuten später saß sie auf dem moosigen Waldboden neben einem kleinen Bächlein, aus dem ihr Tier durstig trank.
„Armer Mamo-chan.“ Sie sprang auf und tätschelte den Hals des Rappen. „Tut mir leid, dass ich dich so angetrieben habe. Aber das Wetter ist so schön, da gings mit mir durch.“ Sie lachte und ließ sich ins weiche Moos zurückfallen. Dort döste sie ein, während sie dem Summen der Insekten lauschte.
Leises Rascheln drang aus dem Gebüsch zu ihrer Linken. Ganz vorsichtig und auf allen Vieren schlich sich das Wesen heran. Die Spitzohren aufgestellt, der Schwanz zuckte hin und her. Schnurrbarthaare vibrierten im leichten Wind. Als es bis auf wenige Meter bei ihr war, sprang das Mädchen auf und zückte ein Messer.
„Was soll das werden, wenns fertig ist?“, fragte sie scharf. „Du dachtest wohl, ich schlafe. Dachtest, du hast leichtes Spiel. Eine schnelle Mahlzeit, leichte Beute.“ Ihr Gegenüber fauchte, als sie mit ihrer Waffe einen Vorstoß wagte.
„Seid Ihr verrückt geworden, Fräulein Sakura?“ Erschrocken wich der Snift einige Schritte zurück. In seiner Hast war er aufgestanden, um schneller mehr Platz zwischen sie beide zu bringen. „Ich bin euch lediglich gefolgt, um euch vor den gefährlichen Tieren des Waldes zu schützen.“
„Hmpf“, machte die Diplomatentochter. „Das einzige gefährliche Tier, das hier momentan rumläuft bist du.“ Sie ließ das Messer dennoch in ihrer Kleidung verschwinden. „Lass mich eines klarstellen, Snift. Ich traue dir und deinesgleichen nicht. Ich kann auch die beiden Diener am Hofe nicht leiden, die ihr als ‚Friedensangebot‘ geschickt habt. Ich wette, sie sind nur da, um uns auszuspionieren.“ Keine Sekunde lang wichen ihre Augen von den seinen, die leuchtend gelb aus seinem Gesicht hervorstachen. Forschend versuchte Sakura darin zu ergründen, warum der Katzenmann ihr ganze drei Tage bis hierher gefolgt war. Sie hatte sich eigentlich nur zurückziehen wollen. Dem ganzen Diplomatengeschwafel alter Männer entfliehen, ihre Zeit genießen und in den Tag hinein leben. Ihr Essen sammelte und fischte sie sich selbst. Sie kannte genug Leute in der Gegend, bei denen sie übernachten konnte. Wenn das Wetter mitspielte, schlief sie auch im Wald unter den Sternen. Und jetzt das. Wenn er hier war, hieß das, das man nach ihm suchen würde und dabei würde auffallen, dass sie nicht da ist. Himmel, was für Gerüchte mochten sich daraus am Hof bereits entwickelt und verbreitet haben. Zum Glück kannten die meisten ihre Einstellung zu den Halbmenschen und würden diesen Lügen keinen Glauben schenken. Wütend drehte sich die junge Frau um und stieg auf ihr Reittier auf. „Verschwindet. Ich warne euch. Am besten kehrt Ihr schnellstens an den Hof zurück und klärt etwaig entstandene Missverständnisse.“ Unbewusst war sie ob seiner Stellung in eine höflichere Ansprache gerutscht. „Richtet meinem Vater aus, dass es mir gut geht und ich bald zurückkehren werde. Heyja!“ Ohne eine Antwort abzuwarten, ritt sie davon. Seufzend nahm der Snift die Verfolgung wieder auf.