Kaum eine Stunde später traf der Katzenmann im Schloss ein. Er sah abgekämpft und müde aus. Trotzdem ließ er es sich nicht nehmen, zuerst beim König und dem Rat aus hochrangigen Kriegern, Vertrauten des Königs und dem Kreis der Diplomaten zu erscheinen um sein Verschwinden und seine Wiederkehr zu erklären. Auch Sakura bat er, solle anwesend sein. Eine der beiden Sniftdienerinnen brachte ihm einen Becher mit Wasser, den er gierig leerte.
„Mein König“, begann der Snift. „Und alle hier Versammelten. Ich bitte vielmals um Verzeihung, dass ich so überhastet und ohne Vorwarnung verschwunden bin. Sicher gab es ob meiner Abwesenheit einige unbegründete Gerüchte. Diese aus der Welt zu räumen bin ich jetzt hier.“ „Na das will ich doch hoffen…“ murmelte Sakura mit zusammen gezogenen Augenbrauen. Moment. Was war das? Hatte der Katzenmann ihr gerade tatsächlich einen hasserfüllten Blick zugeworfen? Nein, das musste sie sich eingebildet haben.
„Da ich so kurz nach meiner Anreise schon wieder fort musste, konnte ich mich Euch nicht richtig vorstellen. Mein Name ist Eros Raffael. Ich komme als Unterhändler für das Volk meines Vaters.“ Sakura horchte auf. Seines Vaters? Waren Frauen bei den Snift nichts wert? Ihre Antipathie für dieses Wesen wurde noch tiefer. „Nun gut, Herr Unterhändler, dann verratet uns doch bitte endlich, was euch dazu veranlasst hat, unserer Gastfreundschaft so schnell den Rücken zu kehren.“ Antwortete der König kühl. Die Ohren des Snift zuckten leicht. Da! Schon wieder! Er sah in Sakuras Richtung. Dieses Mal deutete er jedoch auch mit seinem krallenbewehrten Zeigefinger auf sie. „Sie hat mich dazu gezwungen.“ Sagte er fest.
„Ich muss doch sehr bitten!“ Diplomat Yamato war vorgetreten und hatte sich besonders aufrecht hingestellt. Er war kein besonders großer Mann und da Snift von Natur aus größer als Menschen wurden, sah es aus wie eine Szene aus dem Kampf David gegen Goliath. Nur lachte niemand. „Lasst mich erst erklären“, bat Eros. Er wandte sich dem König zu und doch hatte Sakura das Gefühl, er würde direkt mit ihr sprechen. „Als diese Frau, unvernünftig wie das Kind, das sie wohl noch ist, das Schloss alleine Richtung Wald verließ, blieb mir nichts anderes übrig, als ihr zu folgen.“ „Das ist doch die Höhe!“ Sakura trat mit hochrotem Kopf nach vorne, wollte an ihrem Vater vorbei, aber dieser hielt sie auf. Mit zu Schlitzen verengten Augen fragte er: „Wie meint ihr das?“
„Nehmen wir einen Moment lang an, ich wäre ihr nicht gefolgt. Hätte nicht das Rudel Wölfe von ihr abgelenkt, den Bären nicht verjagt, der sie fressen wollte, die Schlange nicht getötet, die sie auf der Lichtung beißen wollte, wo sie unachtsam in der Sonne gedöst hat, während ihr Pferd sich im Bach am Wasser erfrischte. Dann wäre sie jetzt tot.“ Gemurmel kam auf. „Wen aber hättet ihr zuerst verdächtigt? Wer wäre eurer Meinung nach am ehesten schuld gewesen an ihrem Tod? Richtig. Die Snift.“ Das Gemurmel wich betretenem Schweigen. Keiner wagte zu widersprechen. „Euer unvorsichtiges Handeln“, dieses Mal sprach Eros direkt mit Sakura. „Hätte beinahe all meine Bemühungen Frieden zwischen unseren Völkern zu schaffen, von vorne herein zunichte gemacht.“ Die Angesprochene war blass geworden und hielt sich am Arm ihres Vaters fest. „Wenn ihr mich nun bitte entschuldigen wollt, euer Majestät. Ich würde mich gerne etwas ausruhen. Morgen früh stehe ich gerne jeder weiteren Frage Rede und Antwort.“ Mit einer Geste entließ der König den Snift, der sich verbeugte und zurückzog in seine Gemächer. Die Versammlung löste sich auf. Zurück blieben eine verstörte Sakura und ein verwirrter Diplomat namens Yamato, der nicht wusste, ob er dem Katzenmann danken oder ihn verdammen sollte.