Usongu schnappte sich das frisch verlobte Pärchen, das gerade auf den Weg in den Schlosspark war. Ungelenk quetschte er sich zwischen sie und legte seine Arme um ihre Schultern, was besonders bei Eros lustig aussah, da dieser einen Kopf größer als der Ritter war. „Also, ihr lieben, findet ihr nicht auch, dass ihr mir einiges schuldig seid? Einen umgestimmten Schwiegervater, einen König, dem ich eingeflüstert habe, wie nützlich eine Snift-Mensch-Verbindung für das Reich ist, vor allem mit einem angesehenen Snift Unterhändler, und ein rauschendes Hochzeitsfest.“ Sie blieben stehen. „Das habt alles ihr bewirkt?“ Sakura staunte nicht schlecht über all den Einfluss, den der Ritter genommen hatte. Wenn sie jetzt zurück dachte, dann war Usongu tatsächlich immer präsent gewesen, wenn sich etwas für sie zum Guten gewendet hatte. „Jawohl, mein Verdienst. Ich kann also auf Eure Dankbarkeit und Hilfsbereitschaft zählen?“ Eros lachte. Ihm fiel wieder ein, was der Ritter damals gesagt hatte, als er ihn vor Yamato gerettet hatte. Das also war der ‚Eigennutz‘ von dem er gesprochen hatte. Eros ahnte etwas. „Natürlich. Womit können wir denn dienen?“ „Sehr schön“, Usongu rieb sich zufrieden die Hände. „Also passt mal auf, ihr Süßen…“ Er gab jedem der beiden eine Aufgabe, die sie gerne übernahmen. Sakura verschwand sogleich in die Küche. Eros folgte Usongu in den Wald. „Wie heißt sie denn?“ „Wer?“ Keuchte Usongu, der gut trainiert war, aber dennoch Schwierigkeiten hatte, mit dem schnellen Schritt des Snift mitzuhalten. „Oh. Ihr wisst es also doch schon.“ „Erst seit heute. Ich nahm bisher an, es handle sich um Idana oder Ferana.“ Usongu musste stehen bleiben, weil er zu prusten angefangen hatte. „Nein, nein, keine von den Beiden. Wittert ihr etwas?“ Er hatte das Vibrieren von Eros‘ Schnurrhaaren bemerkt. „Ja, sie ist nicht mehr weit weg.“ „Fei-Ling! Das hier ist Eros Raffael, von dem ich dir erzählt habe!“ Rascheln zu ihrer Rechten zeigte an, wo sich die Sniftfrau versteckte. Sie stand gegen den Wind, deshalb hatte Eros sie nicht früher erschnuppert. Aus dem Dickicht einer Haselnusshecke trat die schöne Katzenfrau hervor. Ihre Haut war dunkler als üblich und ihre Augen hatten ein kristallklares Blau. Ihr Katzenschwanz zuckte angespannt durch die Luft. Wie selbstverständlich ging Eros auf sie zu und rieb seine Nase an der ihren. Usongu wollte schon dazwischen gehen, aber Fei-Ling hob abwehrend die Hand. „Es ist lange her, dass ich so begrüßt worden bin, Eros Raffael.“ Ihre dunkle Stimme passte zu der beinahe schwarzen Färbung ihres Fells. Nur im Licht der Sonne sah man den leicht bräunlichen Schimmer darin. „Wollt Ihr nicht Eure Tochter herrufen, Fei-Ling. Ich bin sicher, es gefällt ihr nicht, sich ständig verstecken zu müssen.“ Die Augen der Snift wurden groß und verengten sich dann zu Schlitzen. „Ihr braucht Euch nicht zu fürchten. Außer mir und Usongu ist niemand hier. Er hat mir auch nichts von ihr erzählt.“ „Eure Nase ist ausgesprochen fein, Herr Unterhändler.“ Fei-Ling drehte sich halb nach hinten um, den Sniftmann nicht aus den Augen lassend. „Káilanba! Otre-chaim!“ Aus den Ästen über ihnen schien etwas zu fallen. Aber das kleine Katzenmädchen landete gekonnt auf ihren vier Pfoten. Schnell stand sie auf und versteckte sich Schutz suchend hinter ihrer Mutter. Misstrauisch lugte sie hervor. „Entschuldigt ihr scheues Verhalten. Sie ist erst 4 Sommer alt und hatte bisher wenig mit Fremden zu tun.“ Eros ging in die Knie und dann auf alle Viere. Er fing an zu Schnurren und mit der Nase zu wackeln. Fei-Ling ließ ihn gewähren. Sie war selbst neugierig, ob er es schaffen würde, Káilanbas Vertrauen zu gewinnen. Zaghaft lugte die Kleine hinter dem Rücken der Snift hervor. Eros legte den Kopf schief und sah demonstrativ von dem Mädchen weg. Káilanbas Neugier siegte. Sie schlich auf allen Vieren zu dem Katzenmann herüber, schnupperte an seinen Armen und rieb schließlich ihre Nase an der seinen. Eros lächelte. Das genügte ihm. Als er aufstand, lief das Mädchen sofort zurück zu ihrer Mutter. Ungläubig hatte Usongu das Schauspiel verfolgt. Seit einem halben Jahr versuchte er schon Káilanba dazu zu bringen, sich ihm zu nähern. Und dann kam dieser Eros und schaffte es innerhalb weniger Minuten. Offenbar musste man Snift sein, um das zu verstehen. Der Katzenmann wandte sich ihm zu. „Alles in Ordnung. Sie fremdelt nur ein bisschen, das ist normal in ihrem Alter. Wenn sie erst mal länger unter Menschen lebt, wird sich das legen. Das heißt“, wandte er ein und sprach damit Fei-Ling an. „Sofern Ihr vorhabt, dort zu leben.“ Die unausgesprochene Frage, die darin lag, beantwortete Usongu freimütig. „Hat sie. Als meine Frau.“ Die leichte Röte, die der Snift in die Wangen schoss, war kaum zu sehen auf ihrer dunklen Haut. „Ich gratuliere euch. Aber was ist meine Rolle in dieser ganzen Sache?“ „Die habt Ihr bereits erfüllt, mein Freund. Indem ihr den Weg frei gemacht habt für uns. Eure Beziehung zu der Tochter Yamatos und die damit verbundene Heirat legitimieren zugleich alle Mensch-Snift Beziehungen. Somit kann auch ich endlich offen zu meiner Familie stehen und Fei-Ling bei mir aufnehmen. Ganz offiziell und ohne weiteres Versteckspiel.“ Mit leichtem Schritt bewegte sich die Katzenfrau zu ihrem Mann hin und umarmte ihn. Káilanba blieb einen Moment lang unschlüssig zurück und folgte ihr dann. Immer noch scheu starrte sie ihren Ziehvater an. Der versuchte etwas für ihn völlig neues und tat es Eros gleich. Er ging in die Knie und war somit auf einer Höhe mit Káilanba. Er sah in bernsteinfarbene Augen, die mit kleinen blaugrünen Splittern durchzogen schienen. So mussten die Augen ihres Vaters ausgesehen haben. Plötzlich spürte er ein Kitzeln im Gesicht, als die Kleine ihre Nase an der seinen rieb. Unbändige Freude trieb dem Ritter die Tränen in die Augen. Endlich wurde er von seiner Stieftochter akzeptiert. „Catma, Káilanba ta arbi emno.“ Piepste das Mädchen seiner Mama zu und verschwand daraufhin mit katzenhaften Sprüngen im Dickicht. „Ich muss dringend Sniftisch lernen.“ Bemerkte Usongu, nachdem Fei-Ling ihm übersetzt hatte, dass das Mädchen zum Spielen in den Wald zurück lief. „Das wäre von Vorteil“, bestätigte Eros. „Aber geht sicher, dass die Kleine auch die Menschen verstehen lernt. Sonst wird sie es schwer haben im Schloss. Aber das wird ohnehin der Fall sein. Ich hoffe, das ist Euch klar. Sie ist anders und wird es immer sein. Glaubt mir, ich weiß wovon ich spreche. Als Mischlingskind gehört man nirgends so richtig dazu.“ Er verabschiedete sich, versprach Usongu aber, sich beim König für die beiden stark zu machen. Der Ritter selbst blieb noch eine Weile um Fei-Ling über die jüngsten Ereignisse zu berichten.