„Mein König? Darf ich Euch die Frau vorstellen, die ich heiraten werde?“ Cámalon war gerade dabei ein paar Briefe zu verfassen, die dringend heute noch das Schloss verlassen mussten, als der Ritter unangemeldet eingetreten war. Aus dem Augenwinkel hatte der König zwar bemerkt, dass Usongu jemanden dabei hatte. Jetzt aber sah er neugierig auf und ließ die Schreibfeder fallen. Vor ihm stand eine wunderschöne, dunkelhäutige Frau. An ihrer Hand führte sie ein Kleinkind, das ihr ähnlich sah, aber völlig andere Augen hatte. Am auffälligsten jedoch waren die Katzenohren, die Schnurrhaare, der Katzenschwanz und der leichte Fellüberzug auf ihrer Haut. Cámalon wurde bewusst, dass ihm der Mund offen stand. Er klappte ihn zu, stand auf und reichte der Snift die Hand. „Freut mich Eure Bekanntschaft zu machen…“ „Fei-Ling.“ Stellte sich die junge Katzenfrau mit der tiefen Stimme vor und nahm die Hand des Königs. Sie lächelte erleichtert. „Das ist meine Tochter aus erster Ehe, Káilanba.“ Das Mädchen hatte sich schon wieder scheu hinter der Mama versteckt. Ganz automatisch ging der König in die Knie und bot der Kleinen ebenso wie zuvor ihrer Mutter die Hand an. „Hallo, kleine Lady. Schön dich kennen zu lernen.“ Wohl weil sie ihre Mutter nachahmte nahm Káilanba ohne zu zögern die Hand des Königs. Usongu entfuhr ein kleiner Schrei. Alle starrten ihn an. Er sah aus wie ein begossener Pudel. „Ach kuckt mich nicht so an. Seit einem halben Jahr versuche ich den kleinen Satansbraten dazu zu bringen, mich überhaupt nur anzusehen. Und jetzt begegnet sie zwei fremden Männern und geht sofort auf sie zu. Bin ich wirklich so Furcht einflößend?“ Der König klopfte dem Ritter lachend auf die Schulter. „Mein lieber Freund, du kannst mit den Gefühlen Erwachsener spielen wie kein anderer. Aber mit dieser Logik kommt man bei Kindern nicht sehr weit. Aber das lernst du noch.“ Dann wurde er ernst. „Sagtest du gerade ein halbes Jahr?“ Schockiert sah er von Usongu zu Fei-Ling und wieder zurück. „Ich meine, mir war bekannt, dass du dich seit geraumer Zeit nachts davon schleichst.“ Usongu zuckte zusammen wie von einer unsichtbaren Peitsche geschlagen. „Aber willst du damit etwa sagen, dass die arme Fei-Ling seit einem halben Jahr alleine mit ihrer Tochter im Wald leben musste? Warum hast du sie nicht längst ins Schloss geholt, Usongu?“ „Ganz einfach, weil man sie nicht akzeptiert und verjagt hätte. Erst mit der offiziellen Verlobung von Eros und Sakura hat sich die Lage für uns geändert, versteht Ihr, Sire?“ Dem König ging ein ganzer Kronleuchter auf. „Deshalb warst du so dafür!“ Er dachte kurz nach und musste dem Schelm Recht geben, der ihn derartig benutzt und wie eine Puppe an den Fäden hatte tanzen lassen. „Aber warum stellst du sie mir gerade jetzt vor? Da steckt doch sicher auch was dahinter.“ Vermutete der König scharfsinnig. „Vor Euch kann ich nichts verbergen, Majestät.“ Unverschämt, wie er nun einmal war, machte er Cámalon spottend den Diener. „Ich möchte meine Hochzeit gerne mit der von Eros und Sakura verbinden. Das würde ihr noch mehr Legitimation und Gewicht verleihen. Und wenn ich mich nicht allzu sehr täusche, wird bald noch ein weiteres Paar bei Euch mit der gleichen Bitte vorsprechen.“ Wie auf ein Zeichen klopfte es an der Türe. „Wie bestellt.“ Grinste der Ritter. Eros, Sakura, Ferdinand und Franziska traten ein. Sie wirkten fröhlich und hörten erst auf sich angeregt miteinander zu unterhalten, als sie vor dem König standen. Sie waren so damit beschäftigt, dem König ihre Bitte vorzutragen, dass sie die Sniftfrau mit dem Kind gar nicht wahrnahmen. Franziska bemerkte sie zuerst. Sie machte keinen Mucks, packte lediglich Ferdinand am Arm. „Was ist denn, Schatz? Holla, wen haben wir denn da?“ Eros drehte sich um und war nicht wirklich überrascht die drei hier zu sehen. „Fei-Ling. Káilanba.“ Sakura dafür umso mehr. „Das also war das Geheimnis im Wald, ja?“ Sie lachte hell. „Na jetzt ergibt so einiges Sinn.“ „Ihr habt davon gewusst, Eros? Und mir nichts gesagt?“ Vorwurfsvoll schaute Cámalon seinen Berater scharf an. „Ich bitte vielmals um Verzeihung, Sire. Ich habe es auch erst gestern erfahren und wurde gebeten Stillschweigen zu bewahren.“ „Aaah! Schon wieder. Seht euch das an!“ Káilanba hatte sich an Eros ran geschmiegt und fing zu Schnurren an. Der kratzte sich peinlich berührt hinter den Katzenohren. Usongu, der scheinbar sehr emotional wurde, wenn es um seine kleine Káilanba ging, verzog sich in eine Ecke und spielte die beleidigte Leberwurst. Er war in die Hocke gegangen, mit dem Gesicht zur Wand und tat so, als würde er sich die Augen ausheulen. Das kleine Sniftmädchen ließ ab von Eros und lief neugierig hinter ihrem Ziehvater her. Sie schnupperte an ihm herum. Bei der ersten Gelegenheit schnappte Usongu sich das kleine Mädchen und hob sie hoch. „Ha! Hab ich dich!“ Verdutzt schaute die kleine Snift mit ihren sonderbaren Augen in das Gesicht des Ritters. Zum Erstaunen aller fing sie an zu kichern. „Er lernt verdammt schnell.“ Bemerkte der König. „Ihr versteckt besser alle eure Kinder, wenn es soweit ist.“ Es dauerte einen Moment, bis die Pärchen realisiert hatten, was er meinte. Aber dann lachten sie alle. Als sie sich beruhigt hatten, schickte der König sie fort mit den Worten. „Also ihr Lieben, ich habe noch zu tun. Und ihr macht euch mal lieber bereit. Oder wollt ihr euch nicht schick machen fürs Heiraten?“ Als die Überraschungsgäste gegangen waren, machte er sich kopfschüttelnd wieder über die Briefe her. „Dieser Usongu ist eine Naturgewalt für sich.“