Church erhob sich nun doch wieder. Er hatte sich seine Aufgabe, auf Eva aufzupassen und dafür zu sorgen das niemand auch nur ihre Anwesenheit bemerkte, leichter vorgestellt. Sie wirkte nicht mehr wie das naive kleine Mädchen. Eva war die ganze Reise über unkompliziert und dankbar gewesen. Natürlich konnte er ihren Zorn zu einem gewissen Teil gut nachvollziehen. Kurz musste er grinsen, er hatte sie schließlich selbst immer als das Lamm auf dem Weg zur Schlachtbank gesehen. Problematisch wurde es ab dem Punkt wo man das Lebewesen, welches sterben soll, als solches zu betrachten beginnt. Finn hatte sich in Evas Persönlichkeit verloren, aber auch Church war angetan von so viel Charakter gewesen. Er konnte Finn verstehen, und einen Versuch alleine zu wagen war sicher eine faire Idee. Allerdings schien ihnen jemand einen Strich durch die Rechnung machen zu wollen. Eva wirkte aufgeschreckt, unheimlich zornig und nicht mehr vernünftig denkend. "Was ist passiert?", Chruch schwarze Augen lagen lauernd auf ihr. Eva lies von der Türe ab und starrte auf ihre Handfläche. Sie schien fast apathisch zu sein. Church war sich nun sicher, dass dieser Wandel ihres Verhaltens nicht mit rechten Dingen zu gehen konnte. Er lies seinen Blick kurz aus dem Fenster schweifen, dicke Schneeflocken fielen vom Himmel und begannen langsam den Boden zu bedecken. "Eva, hast du schon einmal Schnee gesehen? In einem so heißen Land wie Argenshire gibt es das wohl eher selten!", versuchte Chruch wieder sie aus diesem Zustand zu holen. Eva schien ihn zu ignorieren, falls sie ihn überhaupt hörte.
"Vielleicht solltest du versuchen mit ihm zu verhandeln!", Sassy legte den Kopf schief "wir haben im Kampf keine Change!" Finn deutete ihr still zu sein: "Lasst mich bitte kurz, ich muss improvisieren, schnell denken und einen neuen Plan machen!" Sassy verdrehte die Augen und spielte genervt mit ihren Ärmeln. Die nervöse Stimmung war fast greifbar, eine fast elektrische Spannung lag in der Luft. Finn rannte auf und ab, er starrte dabei auf den Boden, Liam hielt mit Vernon das Konstrukt aus Ästen und Blättern, welches dem Feind die Sicht versperrte, so hoch das man aufrecht auf der Mauer stehen konnte. Er hatte das Gefühl beinah Zahnräder in Finns Kopf klicken zu hören. "Liam", Finn deutete ihm näher zu kommen. Liam lies Sassy seinen Teil der Konstruktion halten, gesellte sich zu ihm und blickte ihn fragend an. "Ich habe eine Idee!", Finn flüsterte beinah, schaute immer wieder zu Sassy und Vernon um sicher zu gehen, dass sie nicht zuhörten. Liam hörte sich an was der junge Prinz ausgetüftelt hatte, in seinen Augen klang es nach Selbstmord. Aber nicht der schonenden Art und Weise, sondern einem langsamen, qualvollen und blutigem Selbstmord.
"Finn", auch Liam sprach leise damit keiner die Unterhaltung mit bekommen würde "bitte denk noch einmal darüber nach!" Finn winkte ab, fuchtelte mit seinen Händen vor Liams Gesicht herum und deutete ihm leiser zu sprechen. Liam wischte seine Hände genervt bei Seite: "Ich mache es ja!"
"Was habt ihr vor?", fragte Vernon als er Finn von der Mauer klettern sah. Sassys Augen traten schockiert hervor: "Du willst ihn doch wohl nicht alleine da raus lassen?" Liam versuchte die beiden zu beschwichtigen, durch die verbleibenden Krieger auf der Mauer ging bereits ein Raunen. Man schien zu vermuten was Finn vor hatte, und niemand schien davon begeistert zu sein.
"Ich werde das auf keinen Fall dulden!", Sassy drückte Liam das Konstrukt wieder in die Hände "da geht es auch um meine Ehre, er wird da nicht alleine raus gehen!"
Mit diesem Worten sprang sie von der Mauer. Vernon lies nun neben ihm das Konstrukt einfach fallen. Ein leichtes Lächeln zeichnete sich auf seinen Lippen ab, er drehte sich zu Liam: "Ich gehe auch da raus, auch wenn Finn ein absoluter Lappen vor dem Herrn ist. Er ist unser Freund, oder?" Liam überlegte. Im Grunde konnte man keinem von ihnen verbieten den jungen Prinzen vor die Mauer zu begleiten. Schon gar nicht ihm, er musste schließlich dafür Sorgen das sich das Tor der Mauer öffnen würde. Er reichte Vernon entschlossen die Hand: "Lass uns gehen!"
Church war einstweilen auf der Suche nach Antworten, aber es gestaltete sich schwierig. Eva schwieg und schien an ihrem Plan der kompletten Verweigerung fest halten zu wollen. Sie interessierte sich weder für den Schnee, noch für seine Anwesenheit. Church hatte es in seinen Augen lange genug nett versucht. Er war ein Dämon, nett und zuvorkommend wären keine Wörter die er in einer Selbstbeschreibung wählen würde. Finn hatte ihn wahrscheinlich aus gutem Grund als Leibwächter für sie eingeteilt. "Mädchen, bist du jetzt komplett IRRE?", Chruch hielt inne beim fluchen, ihm kam ein Gedanke der vielleicht die Lösung des ganzen Konflikts seien könnte. Er sah sich im Raum um, kein Hinweis auf eine fremde Person, kein Geruch, keine Spur. Nur er, und Eva die vor der Türe kauerte und das ständige dagegen schlagen zu seinem Glück aufgegeben hatte. "Eva", Church versuchte möglichst nett zu klingen, einfühlsam zu wirken "die Worte des Dunklen haben schon einige verrückt werden lassen... Denk an meinen Bruder, denk an Chrunch! Er war auch mal normal!"
"Normal?", der eisige Hauch, welcher in der Stimme lag, lies Church schaudern. Er drehte sich um und versuchte den Besucher nicht gleich wieder an zu starren. Auch Eva hob interessiert den Kopf. "Du bist ein Dämon, Church, du bist nicht normal und du warst es auch nie, genau wie dein irrer Bruder! Von dieser Bezeichnung seit ihr beide meilenweit entfernt!", es wirkte fast so als wäre die Temperatur im Raum um ein paar Grad gesunken, es wurde eisig wie die blauen Augen von Saphira, die immer noch verächtlich auf Church lagen. Church klatschte drei mal langsam in die Hände und legte den Kopf schief: "Bravo Eisprinzessin, genau so kalt wie dein Daddy! Leider scheint ihr euch gerade verpasst zu haben, wie schade! Vielleicht kannst du ja..." Saphira schob ihn achtlos zur Seite und ging zu Eva. "Ich habe den Baum gesehen, im Wald der 1000 Gefahren in Elensar! Wie süß, ihr habt ein Herz hinein geschnitzt und eure Namen darunter geschrieben. Finn und Eva, dachtet ihr wirklich das ihr eines Tages zusammen alt werdet?", sie lies sich vor Eva in die Hocke sinken und strich sich eine Strähne ihres blauen Haares aus dem Gesicht. Eva starrte sie weiter nur geschockt an, sie konnte nicht begreifen warum man die Kinder des Dunklen frei durch die Welt streunen lies obwohl man ihn, auch wenn er nur noch ein Schatten der Vergangenheit war, so fürchtete. Gab es eine Garantie, dass seine Kinder nicht eines Tages doch sein Werk vollenden würden, oder hoffte man einfach das Beste? "Hallo?", Saphira fuchtelte ihr mit der Hand vor den Augen herum und machte dabei ein spöttisches Gesicht. Eva schlug ihre Hand weg und stand auf. Sie starrte ihr nun direkt in die eisblauen Augen. "Niemand wird sich je an mich erinnern, du könntest mich sofort mitnehmen und dem irren Dämon zum Fraß vor werfen. Warum machst du es den nicht einfach?", provozierend schubste sie Saphira ein Stück zurück. Die verlor beinahe den Halt und stolperte, nie hätte sie damit gerechnet, dass jemand es wagen würde so mit ihr zu verfahren. "Dumme Göre", fauchte sie Eva an "ich würde nur zu gerne alles beenden, aber meinem Bruder das Herz brechen? Eher nicht, gerade hat er entdeckt das es noch andere Lebewesen als ihn selbst gibt!" Eva stemmte die Hände in die Hüften und wurde nun richtig zornig, in ihrem Bauch begann es zu kribbeln: "Du kennst ihn ja gar nicht! So wie du sagst ist er bei weitem nicht, du musst unter den Schleier blicken Saphira! Aber das kannst du wohl nicht, dein Hochmut ist bedenklich, genau wie der dieser anderen Teufelskinder!"
Saphiras Augen blitzten, Eva bemerkte wie der Boden um ihre Beine mit einer Eisschicht überzogen wurde. Die unglaubliche Kälte, die von dieser Frau ausging, machte ihr nach wie vor Angst, aber das kribbeln in ihrem Bauch schien sie von innen heraus zu wärmen. Church starrte sie dabei verdutzt an, er zeigte mit dem Finger auf sie: "Eva, deine Haut..." Eva betrachtete ihre Hände, ihre Haut schien sich zu verfärben, wurde gold und glänzte leicht. Die Kälte im Raum schien sich wieder zurück zu ziehen zu ihrem Ursprung. Saphira packte ihren Arm und betrachtete die verfärbte Haut genauer. "Gut, zumindest hat das Wetter deine Kräfte schon einmal heraus gefordert!", ihre Stimme klang auf einmal verändert, sanft und ihre Augen erinnerte Eva jetzt an einen warmen See. Saphira lächelte ihr zu in lies ihren Arm los. Dann drehte sie sich um und boxte Chruch mit extremer Wucht in den Magen. Noch mit der Faust in seinem Bauch hob sie ihn einfach und schüttelte ihn bis etwas klimpernd zu Boden fiel. Eva wusste sofort um was es sich handelte. Sie überlegte durch den Raum zu sprinten um an den Schlüssel zu kommen. Aber bevor sie den Gedanken überhaupt zu Ende bringen konnte schleuderte Saphira Church auf das Bett. Dieser schlug mit ziemlicher Wucht auch und stöhnte. Das Bett knarrte und brach zusammen. Saphira lachte und hob den Schlüssel auf, betrachtete ihn einen Moment angewidert und warf ihn Eva dann zu. "Es ist dein Schicksal, niemand hat das Recht dir vor zu schreiben wie du zu leben hast!", die nun warme Stimme der mächtigen Teufelstochter klang verhallend. Sie schien so schnell verschwunden zu sein wie sie aufgetaucht war. Eva betrachtete den Schlüssel, dann fiel ihr Blick auf Church der in den Trümmern des Bettes lag. Irgendwie war sie sich sicher, dass er wieder werden würde, und ihr nicht alle Zeit der Welt blieb. Also sperrte sie die Türe auf und stürzte hinaus in den Gang.
Der Anblick, der sich Finn und den anderen bot, war grandios. Liam hatte ein Tor geöffnet und sie waren mit weichen Knien vor den irren Dämonenkönig getreten, der sich nun auch umgewandt hatte. Hinter dessen Armee tauchten in dichten Schneegestöber unzählige weiße Pferde mit weißen Reitern auf. Sassy schaute verblüfft auf den hellen Ring der die Soldaten von Argenshire umstellt hatte.
"Das ist ja wie im Herrn der Ringe", entfuhr es Liam, er erntete dafür verstörte Blicke. "Ist es nicht", flüsterte Finn "es ist nur ein Reiter, lass dich vom Schnee nicht täuschen!" Liam konzentrierte sich, da konnte auch der die Illusion erkennen. Er flüsterte Finn zu: "Und wie hilft uns das jetzt? Diese Schneemänner werden kaum kämpfen können!" Finn deutete ihm das Gespräch nun wirklich sein zu lassen: "Wir müssen das für uns nutzen, tarnen und täuschen, und jetzt schau gefälligst so siegessicher wie die anderen!" Finn selbst ging mit gutem Beispiel voraus, lässiger den je stellte er sich vor Chrunch: "Na Kumpel, wie findest du meine kleine Reiterarmee?" Der irre Dämon sprang von seinem Pferd und landete direkt vor Finn. Seine schwarzen Augen blitzten gefährlich. Liam gähnte im Hintergrund und versuchte gelangweilt zu wirken, es gelang ihm besser als er gedacht hatte: "Ach Chrunch, immerhin haben wir dich hier noch ein bisschen Belagerung spielen lassen, als nette Geste, ist das nichts?" Chrunch fletschte seine spitzen Zähne, seine Augen schienen mit noch mehr Wahnsinn erfüllt zu sein. Nun ergriff Sassy das Wort: "Du hast auch schon mal intelligenter drein geschaut mein Freund!" Chrunch Augen weiteten sich, es war schwer bei diesem wirren Geist einen klaren Gedanken fest stellen zu können. Finn fuhr sich betont lässig wie immer durch die Haare: "Ich mache dir einen fairen Vorschlag, eine Gnade meinerseits! Da ich ja offensichtliche der mächtigere von uns beiden bin!" Liam war sich nicht sicher ob die glucksenden und grunzenden laute, die der Dämon von sich gab ein Knurren sein sollten. Finn trieb seine Provokation einstweilen auf die Spitze: "Nur weil ich heute so unglaublich gute Laune habe biete ich dir an, dass deine Armee sich zurück zieht und wir beide kämpfen, the winner takes all, der Gewinner bekommt Argenshire!"