Fertig geduscht und angezogen lief ich mit noch nassen Haaren die Treppe hinunter und traf Cindy, ihre Mutter und Wes am Esstisch in der Küche an. „Morgen. Gut geschlafen?“, Wes, wer auch sonst, grinste mir wieder entgegen. Ich versuchte dieses Mal darauf zu achten, ob das Grinsen echt war oder nicht, konnte aber nichts Genaueres erkennen.
„Ja, danke“, sagte ich deshalb nur schnell, damit er nicht eine Bemerkung darüber machen konnte, dass ich ihn so anstarrte.
„Setz dich doch neben Wes. Brötchen sind in dem Korb da und an Marmelade und Wurst kannst du dich bedienen. Möchtest du Kaffee oder Tee?“, Wes Mutter war entweder heute besonders gut gelaunt oder einfach ein unheimlich freundlicher und positiver Mensch. Sie strahlte immer noch wie ein Honigkuchenpferd.
„Kaffee bitte.“, sagte ich und ließ mich ohne dabei groß nachzudenken neben Wes nieder, wobei ich mich auf seine Hand setzte, die er auf der langen Sitzbank neben sich ausgestreckt gehabt hatte.
„Au!“ schrie er gespielt auf und ich sprang sofort wieder auf, wobei ich selber mit meinem Knie gegen den Tisch knallte und dadurch den Kaffee überschwappen ließ, den seine Mutter mir gerade eingegossen hatte. „Sorry, tut mir leid. Ich habe deine Hand nicht gesehen. Habe ich dir sehr wehgetan?“, fragte ich ehrlich besorgt und versuchte so zu tun, als würde mein Knie gerade nicht höllisch wehtun. Doch er grinste mich nur blöd an und meinte, er hätte sich jetzt bestimmt die Hand gebrochen und wäre bis an sein Lebensende sauer auf mich. Während des Essens witzelten wir die ganze Zeit herum und als wir fertig waren, erhob sich Wes Mutter, die wie ich mittlerweile erfahren hatte Jennifer hieß vom Tisch.
„So Kinder, die beiden, die als letztes gekommen sind müssen abräumen. Also Wes und Emily.“ Als Cindy hörte, dass sie vom Abräumen erlöst war, sprang sie auf und folgte ihrer Mutter aus der Küche. Verlegen saß ich da und wusste nicht, was ich sagen sollte. Nach kurzem Überlegen hob Wes den Kopf und grinste mir frech entgegen.
„Dann wollen wir mal sehen, wie du dich so als Hausfrau machst.“ Mal wieder ohne meine Antwort abzuwarten stand er auf und fing an die Wurst in den Kühlschrank zu räumen.
„Wenigstens kann ich Wurst von Käse unterscheiden!“, rief ich und nahm ihm die Salami aus der Hand, die er gerade in das Fach mit dem Käse legen wollte.
„Oh ja ich mache das hier nicht so oft. Normalerweise drücke ich mich immer irgendwie. Aber heute muss ich dir ja helfen. Alleine würdest du das ja niemals schaffen.“, und er grinste schon wieder.
„Hör auf dich über mich lustig zu machen! Das kann ich am frühen Morgen gar nicht haben!“, murmelte ich pampig vor mich hin, während ich einen Teller nahm, um ihn kurz abzuspülen, bevor ich ihn in die Spülmaschine stellte. Klirrrrr, machte es, als er mich aus den Händen rutschte und in tausend Scherben zersprang.
„Ah Mist, sorry! Das tut mir jetzt voll leid! Ich ersetze den auf jeden Fall! Mir passiert sowas immer. Am besten sollte man mir gar keine zerbrechlichen Dinge in die Hand geben.“, rief ich entsetzt aus. Wes schaute kurz auf den Scherbenhaufen zu meinen Füßen und verließ ohne ein Wort zu sagen die Küche. Da stand ich nun, mit einem schrecklichen schlechten Gewissen und dem Gefühl, es mir mit Wes endgültig verdorben zu haben. Was sollte ich denn jetzt machen. Wahrscheinlich war der Teller irgendein wertvolles Erbstück oder so gewesen. Um den Schaden wenigstens zu beseitigen, bückte ich mich und fing an die Scherben mit den Händen zusammenzukehren.