Phoebe holte sehr tief Luft. Sie war immer noch misstrauisch, so viel Zeit sie mit Nadja auch verbracht hatte.
"Es ist etwas Furchtbares passiert", eröffnete sie ihre Geschichte.
"Was?", fragte Nadja sofort dazwischen.
Phoebe schüttelte den Kopf: "Ich - ich kann nicht darüber reden. Wirklich nicht, Nadja."
"Gut. Es ist also etwas Furchtbares passiert, und dann?"
"Dann wusste ich, dass ich von Zuhause fort musste. Ich hätte es dort nicht ausgehalten. Zuerst habe ich sogar den einfachen Weg wählen wollen."
Sie machte eine Pause, deswegen fragte Nadja: "Ist der einfach Weg, was ich fürchte, dass er ist?"
"Ja. Ich war schon am Bahnhof, der Zug fuhr ein, ich spannte die Muskeln an ..."
"Und dann?"
"Und dann wurde mir klar, dass in dem Fall die Welt gewonnen hätte", Phoebe grinste schief: "Das wollte ich nicht zulassen."
"Also ist es du gegen die Welt?"
"So könnte man es ausdrücken. Ich habe mich entschlossen, wegzulaufen. Vier Jahre lang habe ich mich vorbereitet. Habe die 08/15-Schülerin gemimt, habe natürlich Kampfsport gemacht, habe Überleben gelernt und Schienennetze studiert."
Sie seufzte: "Hat am Ende nicht so viel gebracht."
"Ach was", sagte Nadja: "Du hast dich super geschlagen. Aber wer hat dir bitte beigebracht, wie man Menschen umbringt? Ohne mit der Wimper zu zucken?"
Phoebe zuckte mit der Schulter: "Ich denke, ich bin eine Soziopathin. Ich - fühle die Schuld nicht so stark."
Nadja schüttelte fasziniert den Kopf: "Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich es mir zweimal überlegt, ob ich dein Abteil betrete!"
"Tja", machte Phoebe.
"Ich wäre im Endeffekt wohl trotzdem rein marschiert", fügte Nadja nach einigem Nachdenken hinzu: "Möchte mein neuer Bodyguard ein warmes Essen als Dank?"