Natasha stützt den Kopf gelangweilt in die Hände und starrt den Mann an, der ihr vor ihr auf und ab schreitet. Natürlich ist ihr klar, dass sie einen Fehler gemacht hat, aber deshalb muss er ihr doch nicht unbedingt einen Vortrag halten. Sicher hat er auf seinen Missionen auch schon mal Mist gebaut.
Diesen Gedanken behält sie aber lieber für sich und starrt stattdessen auf einen Kratzer, der sich in den tief in den gläsernen Tisch vor ihr eingefressen hat.
“Hören Sie mir noch zu, Agent Romanoff?“, fragt Fury nun ziemlich gereizt: “Sowas darf Ihnen unter keinen Umständen nochmal passieren.“ “Das weiß ich doch“, erwidert sie nun und schlägt mit der Faust auf den Tisch:“Ich wollte doch auch nicht, dass das passiert. Es war ein Fehler und fertig. Jetzt lässt es sich sowieso nicht mehr ändern.“ “Selbst wenn Sie das nicht wollten, muss ich aus Ihrem Verhalten trotzdem Konsequenzen ziehen“, der Dunkelhäutige verschränkt die Arme vor der Brust und sieht sie streng an. “Sie wollen an mir ein Exempel statuieren, richtig?“, schlussfolgert sie mit, zu Schlitzen verengten, Augen.
An der Art und Weise wie er ihrem Blick ausweicht und mit zwei Fingern am Saum seines Mantels herumspielt, erkennt sie, dass sie goldrichtig liegt: “ Na ja, wir brauchen Sie hier bei S.H.I.E.L.D., weshalb ich es mir nicht leisten kann sie zu suspendieren oder Sie mit dem Training eines Neuen zu betrauen. Deshalb werden Sie zwar eine Mission bekommen, die allerdings ein wenig anderer Natur ist.“
Ihre roten Augenbrauen heben sich augenblicklich skeptisch: “Ein wenig anderer Natur? Wie meinen Sie das?“ “Also ... wie soll ich das sagen? Es geht darum, dass sie sich bei einer Firma einschleichen und dort auf eine ganz besondere Person aufpassen sollen“, beginnt ihr Boss zu erklären: “Er ist in der engeren Auswahl für ein besonderes Projekt unserer Organisation, doch momentan scheint er in einer, uns noch unbekannten, Gefahr zu schweben. Deshalb sollen Sie nicht nur auf ihn aufpassen, sondern auch herausfinden, was ihn bedroht und das bestehende Problem aus dem Weg räumen.“ “Ich soll den Babysitter spielen?“, die Agentin klingt vollkommen entgeistert.
Freiwillig würde sie niemals den Aufpasser für irgendeinen reichen Snob spielen, der ohne seine Assistenten nicht mal einen Tag lang überleben würde. Das wäre einfach unter ihrer Würde, weshalb es für ihren Boss wohl genau die richtige Bestrafung für ihr indiskretes Verhalten ist, obwohl sie, ihrer Meinung nach, nicht mal die alleinige Schuld trägt. Schließlich war es ja ihr Begleiter, der sich überschätze und sich dazu entschloss an der Bombe rum zu hantieren, und nicht Natasha selbst.
Da sie ihn für einen Topagenten gehalten hat, hat sie ihn einfach machen lassen und sich dafür mit ihren Feinden beschäftigt. Woher hätte sie denn wissen sollen, dass er das ganze Gebäude in die Luft jagen würde.
“Ja, genau das“, erwidert und schmeißt ihr eine braune Akte zu. Von dieser schnellen Bewegung überrascht, zuckt sie zurück und lässt die Akte einfach so vor ihr auf den Tisch klatschen. “Warum kann das nicht ein Neuer machen?“, fragt sie weiter, während sie vorsichtig die Akte öffnet. “Weil ich denke, dass Sie genau die Richtige für ihn sind“, ein leichtes Grinsen ist auf den dunklen Lippen ihres Gegenübers zu erkennen.
Als sie die erste Seite der Akte überfliegt, springt ihr das Wort “Playboy“ regelrecht entgegen, und ihr ist klar, was Nick Fury meint. Sie muss wirklich mit sich kämpfen, um nicht mit den Augen zu rollen und den Kotzreiz, der sie überkommt, zu unterdrücken. Das wird mit Sicherheit keine lustige Zeit, obwohl Fury leider recht hat. Sie ist die Erste, an die man bei so einer Mission denkt und daran ist sie selbst schuld. Schließlich wird sie diesem Ruf auch hin und wieder gerecht. Momentan sogar mehr als sonst doch das hat ja wenigstens dieses Mal auch einen Grund. Bruce.